pBM EA 9961 Verso, Isis und die sieben Skorpione(Text ID VHZYB3L5XRFCFNGE66BJOB734E)


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Data type: Text

Comment on language:
Die Sprache ist (traditionelles) Mittelägyptisch und enthält noch weniger neuägyptische Einflüsse als die Parallelhandschrift der Metternichstele. Neuägyptischer Einfluss findet sich beim Imperativ mj.t mit ausgeschriebener Femininmarkierung (Z. 4, 31, 32, 36, 38).
Auffällig ist die zweimalige Verwendung des Pseudopartizips 1. Pers. Sg. beim Bewegungsverb pri̯ im Hauptsatz (Z. 1 und 8). Demonstrativpronomina werden nicht verwendet, bis auf tꜣ in der Anrede an das Gift der Skorpione und rʾ pn (Z. 51) in der Anweisung für die Spruchverwendung. Mittelägyptische Konstruktionen sind Subjekt + sḏm=f (Z. 25, 27); participial statement mit jn + sḏm=f (Z. 49-50); jw sḏm.n=f (Z. 19); Verb pḥ „erreichen“ mit direktem Objekt ist klassisch (Z. 16); kongruierende Partikel jr=ṯ (Z. 4 und 5). Ungewöhnlich ist das abhängige Pronomen nw=j (Z. 16).
Orthographisch jüngere Schreibungen sind ntr(.t) für nṯr.t (Z. 4, 38, 44); dsr für ḏsr (Z. 11); zꜣwy für swy (Z. 16-17); ꜥq.tw für den Stativ ꜥq.tj (Z. 24); die Negation n für klassisches nn (Z. 26, 27, 29, 37, 42); Suffixpronomen =st für =s (Z. 20, 26, 27) (in Z. 26 ist vielleicht das abh. Pron. neutrum st gemeint); Hieroglyphe A20 als Phonogramm in jt „Gerste“ (Z. 49, 51). Das Wort jḥy.tj „Kehle“ (Z. 36) ist ein hybride jüngere Schreibung von ḥty.t (laut DZA 27.429.750 ab der 30. Dyn./Metternichstele; auch schon in der Lehre des Amenemope auf pBM EA 10474 aus der Zeit Psammetichus’ I. und im Grab des Padihorresnet TT 196). Die Partikel jsṯ wird jst (Z. 2) geschrieben (später Metternichstele: js). Der Name „Isis“ ist systematisch mit 2 x t statt mit t und Ei geschrieben


Dating: 25. Dynastie  –  Spätzeit

Comment on dating:

  • Die Datierung ist schwierig, weil weder die Paläographie von kursivhieroglyphischen Texten im Allgemeinen noch der Zeichenstil schon ausreichend untersucht worden sind. Mehrere indirekte Argumente sprechen für eine Datierung in die Spätzeit und vor der Ptolemäerzeit. (1) Kunsthistorisches Argument: Das Kopieren von Bildvorlagen des Alten Reiches (die Papyrusszenen) ist für die Spätzeit ab der 25. Dynastie belegt (Vandenbeusch 2018, 192). (2) Paläographisches Argument: Vandenbeusch (2018, 191) verweist auf die Form der Schwalbe (G36, in Z. 14), die auf den Stelen des Taharqa belegt ist und vielleicht für eine paläographische Datierung in die Napatanische Zeit sprechen könnte (vgl. 2018, 192: Paläographie der Vögel [Schwalbe und Spatz] „with their characteristic long tails“ spricht für die Zeit um die 25. Dynastie). (3) Argument der Textüberlieferung: Der Text „Isis und die sieben Skorpione“ gehört zu den magischen Sprüchen, die sich auf Heilstatuen und Horusstelen von der Ramessidenzeit bis in die ptolemäische Zeit finden. Die älteste Handschrift von „Isis und die sieben Skorpionen“ stammt aus der Ramessidenzeit (Ostrakon Gardiner 333), die zehn übrigen aus der Spätzeit oder (frühen) Ptolemäerzeit. (4) Orthographisches Argument: Im Vergleich zu der datierten Handschrift von „Isis und die sieben Skorpionen“ auf der Metternichstele (Zeit Nektanebos’ II.), zeigt die Orthographie der Wörter auf Papyrus Hay Ähnlichkeiten mit verwandten magischen Sprüchen, die auf einer Heilkultkapelle im Mutbezirk von Karnak aus der Zeit von Psammetichus I. stehen (Vandenbeusch 2018, 191). Tatsächlich sind die Schreibungen ausführlicher als auf der Metternichstele und wird niemals die Hieroglyphe Aa56 für das Phonogramm m verwendet. Bezüglich der Orthographie ist vor allem die Schreibung jḥty für klassisches ḥty.t „Kehle“ wichtig, die nach momentanem Forschungsstand erst ab der 26. Dynastie belegt ist (in einer Mischschreibung jḥy.tj zwischen ḥty.t und späterem jḥty). Hyperkorrekte Schreibungen wie ntr (für nṯr.t), dsr (für ḏsr) und sdg mit dem Klassifikator A30 (statt des Mannes, der sich hinter einer Schutzwand versteckt) sowie die Verwendung des Schlangenklassifikators I12 (statt des jüngeren I64) passen besser zu „archaisierenden“ Tendenzen der 25.-26. Dynastie als zu der späten 30. Dynastie oder der Ptolemäerzeit.
  • Die Website des British Museum spricht von „Late Period“, d.h. die Zeit der 26.-30. Dynastie. Trismegistos nennt „Dynasty 25 – 2nd Persian rule: BC 721 – 332“. Vandenbeusch tendiert zu einer Datierung in der Mitte oder der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends mit eine Präferenz für die 25.-26. Dynastie (Stil, Paläographie, archaisierende Tendenzen) (Vandenbeusch 2018, 192). Die Verwendung des Stativs 1. Pers. Sg. ist kein Argument, um eine deutlich frühere Datierung für die Abfassung des Textes anzunehmen (anders Vandenbeusch 2018, 191 und 192: „at a relatively early date“, etwa als noch Altägyptisch genutzt wurde oder zumindest vor der Ramessidenzeit), denn die Form ist im Spätmittelägyptischen gut belegt (Jansen-Winkeln 1996, 362-363, § 585-589).


Bibliography

  • – M. Vandenbeusch, Evidence of an Ancient Archive? The Papyrus British Museum EA 9961, in: JEA 104/2, 2018, 177-194 [P,H,U,Ü,K]
  • – A. Klasens, A Magical Statue Base (Socle Behague) in the Museum of Antiquities at Leiden, in: OMRO NS 33, 1952, 9-20, 52-53, 64-78 (Spell I: Z. a 1-5, b 1-2) [H mit Textsynopse, Ü, K]
  • https://www.britishmuseum.org/collection/object/Y_EA9961-1 [P,K,B] (zuletzt geprüft 24.03.2023)
  • https://www.britishmuseum.org/collection/object/Y_EA9961-2 [P,K,B] (zuletzt geprüft 24.03.2023)
  • – S. Birch, Varia, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 8, 1870, 66-69 (hier: 66-67, Nr. 4) [K]
  • – W. Golenischeff, Die Metternichstele, Leipzig 1877, 8-10 (erwähnt in den Fußnoten) [K]
  • #Weitere Textbearbeitungen, vor allem auf der Grundlage der Metternichstele:
  • – W. Golenischeff, Die Metternichstele, Leipzig 1877, 8-10 und Taf. III-IV [H,Ü]
  • – H. Brugsch, in: ZÄS 17, 1879, 1-6, 9-11 [H,Ü]
  • – G. Möller, 1900: DZA 50.041.290 – DZA 50.041.350 (Zettel 35-51) [H,Ü]
  • – A. Moret, Horus sauveur, in: Revue de l’histoire des religions 72, 1915, 260-264 [Ü,K, Zeichnungen von Golenischeff]
  • – G. Roeder, Urkunden zur Religion des alten Ägypten (Religiöse Stimmen der Völker), Jena 1915 (= 1923), 87-89 [Ü]
  • – F. Lexa, La magie dans l’Égypte antique de l’Ancien Empire jusqu’à l’Époque copte. Bd. II: Les textes magiques, Paris 1925, 71-73 (Nr. 15) [Ü]
  • – E. Drioton, Le théâtre égyptien, Le Caire 1942, 82-88 [Ü,K]
  • – A. Klasens, A Magical Statue Base (Socle Behague) in the Museum of Antiquities at Leiden, in: OMRO NS 33, 1952, 9-20, 52-53, 64-78 (Spell I: Z. a 1-5, b 1-2) [H mit Textsynopse, Ü, K]
  • – C.E. Sander-Hansen, Die Texte der Metternichstele (Analecta Aegyptiaca VII), København 1956, 35-43 [H,Ü,K]
  • – E. Brunner-Traut, Altägyptische Märchen, 1. Aufl., Düsseldorf-Köln 1963, 107-109 (Nr. 14) und 275-276 = 9. Aufl., München 1990, 141-143 (Nr. 14) und 310-312 [Ü,K]
  • – J.F. Borghouts, Ancient Egyptian Magical Texts, NISABA 9, Leiden 1978, 59-62 (Nr. 90) [Ü]
  • – H. Sternberg-el-Hotabi, Die Metternichstele, in: O. Kaiser (Hrsg.), Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. II. Religiöse Texte (Rituale und Beschwörungen, II), Gütersloh 1988, 376-378 [Ü]
  • – J. Allen, The Art of Medicine in Ancient Egypt, New York / New Haven / London 2006, 60-62 [P,Ü]
  • – M. Panov, Die Statue des Horchebe, 30-39 (Statue Moskau; mit Parallelbearbeitung einiger Horusstelen) [H,Ü der Statue Moskau]


File protocol

  • – Peter Dils, Ersteingabe, 30. März 2023

Hieroglyphs encoded without arrangement (pure sequence): No


Author(s): Peter Dils; with contributions by: Lutz Popko, Daniel A. Werning
Data file created: 06/26/2017, latest revision: 10/14/2024

Please cite as:

(Full citation)
Peter Dils, with contributions by Lutz Popko, Daniel A. Werning, "Verso, Isis und die sieben Skorpione" (Text ID VHZYB3L5XRFCFNGE66BJOB734E) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/text/VHZYB3L5XRFCFNGE66BJOB734E>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Corpus issue 19, Web app version 2.2.0, 11/5/2024, ed. by Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning on behalf of the Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften and Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils on behalf of the Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (accessed: xx.xx.20xx)
(Short citation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/text/VHZYB3L5XRFCFNGE66BJOB734E, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (accessed: xx.xx.20xx)