ḏnḥ(Lemma-ID 184390)
Hieroglyphische Schreibung: 𓆓𓈖𓎛𓂾
Persistente ID:
184390
Persistente URL:
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/184390
Lemma-Liste: Hieroglyphisch/Hieratisch
Wortklasse: Substantiv (mask.)
Übersetzung
Bezeugung im TLA-Textkorpus
2
Belegzeitraum im TLA-Textkorpus:
von
1076 v.Chr.
bis
30 v.Chr.
Schreibungen im TLA-Textkorpus:
Bibliographie
-
Wb 5, 578.11
-
FCD 322
-
Lesko, Dictionary IV, 161
-
Walker, Anatom. Term., 279
- AEO II, 244*
Digitale Verweise
Kommentare
Bitte zitieren als:
(Vollzitation)"ḏnḥ" (Lemma-ID 184390) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/184390>, ediert von Altägyptisches Wörterbuch, unter Mitarbeit von Simon D. Schweitzer, Annik Wüthrich, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/184390, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)
ḏnḥ: Der Begriff ḏnḥ bedeutet in erster Linie „Flügel“ (Wb 5, 577.6–578.7). Übertragen auf den menschlichen Körperbau käme also eine Bezeichnung der Schulter oder des Oberarms am ehesten in Frage, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 69 [12]). Und entsprechend findet man diese Bezeichnung in einem Text der Oracular Amuletic Decrees (pTurin Cat. 1984 (T2), Vso. 16–19) im Rahmen von Körperschutzversprechen, die in der Regel einzelne Körperteile von oben nach unten, also vom Scheitel bis zu Sohle auflisten, zwischen qꜥḥ.t „Schulter“ (Wb 5, 19.15) und ḫpš „(Unter)arm“ (Wb 3, 268.10–269.19).
Aufgrund eines Belegs, der den Begriff mit D 56, dem Bein, klassifiziert, wurde der so bezeichnete Körperteil allerdings als Teil des Beines angesehen, s. Walker, Anatom. Term., 279. Wie Edwards (ebd.) richtig bemerkte, ist aber die Bedeutung „Bein“ nur bei Tieren im Sinne von „Vorderbein“ nachgewiesen. Dies fasste bereits Gardiner (AEO, 244* [595]) zusammen, der auch auf einen entsprechenden Beleg im Demotischen (pVindob 3873, s. Vos, Apis Embalming Ritual, 414 [650]) verweist, der den Begriff als anatomisches Gegenstück zu mn.t „Oberschenkel, Hinterschenkel“ (Wb2, 68.8–15; MedWb 370–371; Walker, Anatom. Term., 269) aufführt, was die Identifizierung sichert. In einer Gliedervergottung (pRhind I, 3,3–5) wird ḏnḥ ebenfalls mit mn.t zusammen aufgeführt. Aber im Onomastikon des Amenemope (pGolenischeff 7,11–12; Gardiner, AEO, 244*; Walker, Anatom. Term., 341 [595]: hier ohne Übersetzung) steht ḏnḥ zwischen sd „Schwanz“ (Wb 4, 363.4–364.2) und dem unbekannten Körperteil pr-ḏꜣj.t (Wb 1, 518.10), was für unsere Identifizierung kein weiteres Argument liefert. Der Begriff findet eine Fortsetzung im kopt. ϫⲛⲁϩ (Crum, Dict. 777a; KHWb 238; Černý, CED, 317; Vycichl, Dict. étym., 329a), wobei es hier eine Bedeutungsverschiebung gegeben haben muss, da er nun den Unterarm bezeichnet. Die Bezeichnung wird in der Regel mit dem Knochenharpunenkopf (F 19) und/oder dem Fleischstück (F 54) klassifiziert.
Der eine Beleg, der mit dem Bein (D 56) klassifiziert ist, stellt somit eine Ausnahme dar. Er findet sich im Kontext einer Liste von Körperteilen im Zauberpapyrus für Mutter und Kind (pBerlin 3027, V,1). Jeder Eintrag in der Liste besteht aus zwei Bestandteilen. Im ersten Satz wird ein Körperteil genannt, das gesund bleiben soll, im folgenden Satz wird vor einer Krankheit o.ä., die diesen Körperbereich befallen kann, gewarnt. Der Kontext der für uns wichtigen Stelle lautet folgendermaßen: „Befalle nicht seine Wade sst, hüte dich vor Krampf ? ḏnḥ“, s. Yamazaki, Mutter und Kind, 20 u. 23 [uu]. An dieser Stelle ist also mit ḏnḥ kein Körperteil bezeichnet, sondern ein krankhafter Zustand im unteren Bein. Yamazaki geht von einem Tremor oder Krampf aus, da sie den Begriff mit dem „Schlagen von Flügeln“ (ebd. 23 [uu]) verbindet. Die Klassifikation mit D 56 bezieht sich also auf den Körperbereich, in der das ḏnḥ-Phänomen auftritt, und steht daher einer Identifizierung des Körperteils im Bereich des Oberarms und der Schulter nicht entgegen.
In den Oracular Amuletic Decrees ist diese spezielle Bezeichnung des oberen Arms bzw. der Schulter nur in einem Text (pTurin Cat. 1984 (T2), Vso. 17) belegt, dessen Versprechen zur Gesunderhaltung des Körpers viel ausführlicher gestaltet sind als in allen anderen Textzeugen der OAD.
A. Blöbaum 07.10.2022
Autor:in des Kommentars: Strukturen und Transformationen