bjdj(Lemma-ID 54750)
Hieroglyphische Schreibung: 𓃀𓇋𓂧𓏭𓁹
Persistente ID:
54750
Persistente URL:
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/54750
Lemma-Liste: Hieroglyphisch/Hieratisch
Wortklasse: Substantiv (mask.)
Übersetzung
[eine Augenkrankheit]
[an affliction of the eye]
[une maladie oculaire]
Bibliographie
-
Wb 1, 445.18
- MedWb 244
Digitale Verweise
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(Vollzitation)"bjdj" (Lemma-ID 54750) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/54750>, ediert von Altägyptisches Wörterbuch, unter Mitarbeit von Annik Wüthrich, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 18, Web-App-Version 2.1.5, 26.7.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/54750, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)
bjdj: Ein Augenleiden. In den medizinischen Texten bislang nur in Eb 368 und Eb 385 genannt. An letzterer Stelle steht es innerhalb einer Auflistung von augenbezogenen Phänomenen zwischen ḥꜣr.w und šp.t. Laut Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne, 82 mit Anm. 1 ist es nicht identifiziert. Auch MedWb 1, 244, Bardinet, Papyrus médicaux, 306 und 309 sowie Westendorf, Handbuch Medizin, 615 und 618 enthalten sich eines Deutungsvorschlags. Grundriß der Medizin IV/1, 44-45 und Grundriß der Medizin V, 77 nennen es nur eine „Augenkrankheit“ resp. „Krankheit“; die Sortierung der Rezepte der augenbezogenen Phänomene in Grundriß der Medizin V erfolgt zudem rein alphabetisch nach den einzelnen Phänomenen (s. S. 71) und erlaubt keine Rückschlüsse auf irgendeine Interpretation von Seiten der Autoren.
Es gibt noch einige wenige ptolemäer- und römerzeitliche Belege: In einem Sachmet-Hymnus, der in mehreren ptolemäischen Tempeln steht, ist Sachmet bezeichnet als mꜣꜣ(.t) jr.t-nb.t tm ḫpr b(j)d(j); vgl. Germond, Sekhmet, 30. A.a.O. 31 übersetzt Germond das fragliche Wort ganz unspezifisch mit „Blindheit“ und das gesamte Epitheton mit: „(celle) qui fait voir tout oeil sans qu’advienne la cécité“. Als Übersetzungsvariante gibt er a.a.O. 90, Anm. 18: „que ne peut voir aucun oeil sans devenir aveugle“. Germond verweist ebenfalls nur auf Lefebvre, Grundriß der Medizin IV und V sowie auf Eb 385, wo bjdj zwischen šp.t (Germond: „cécité“) und ḥꜣr.w (Germond: „l’amblyopie“) steht. Wilson, Ptol. Lexikon, 339 übersetzt das Epitheton, Germond folgend, mit: „who makes every eye see, without whom [...] comes blindness“ bzw. „who cannot see any eye without becoming blind“. Insgesamt scheint dort eine Variante des Epithetons mꜣꜣ.t jr.t-nb.t dg.t jm=s: „die jedes Auge (d.h. jedermann) ansieht, das auf sie blickt“ vorzuliegen (s. LGG III, 205a-b). Das zeigt sich insbesondere an einem der Belege aus Denderah, genauer Dendara VII, 107.15, wo zwischen jr.t-nb.t und tm ḫpr bjdj ein Rest von dg=s steht. Damit bedeutet das Epitheton nur: „diejenige, die jedes Auge (d.h. jedermann) sieht, das nicht bjdj hat“ o.ä.
Auf pFlorenz PSI inv. I 72, Zl. x+4,25 ist zudem davon die Rede, dass Regenwolken vertrieben werden und dann Licht (ḥḏḏ.wt) anstelle von bjdj sei. Osing/Rosati, Papiri, 163 übersetzen bjdj=f dort mit „offuscamento dei suoi occhi“, verweisen aber nur auf Wb und MedWb, ohne weitere Argumente anzubringen.
Pommerening, in: Guidotti/Rosati, XI[th] International Congress of Egyptologists, 523-524 geht davon aus, dass bjdj eine bakteriell verursachte Konjunktivitis, vielleicht das erste Stadium eines Trachoms, sein könnte. In Eb 368 werden mehrere Drogen verarbeitet: Bleiglanz, Wasser, Spießentenfett und Milch einer Frau, die ein männliches Kind geboren hat. Auch wenn Bleiglanz eine antibakterielle Wirkung hat, ist auffällig, dass die gesamte Verarbeitung der Drogen 17 Tage dauert und der Bleiglanz nicht sofort angebracht wird. In dem Bleiglanz vermutet Pommerening daher nach dem Prinzip Similia similibus curantur eher eine Imitation der kranken Pupille; und das Wasser wie auch die Tatsache, dass das Medikament neun Tage lang getrocknet werden soll, deutet sie als Hinweis auf eine Verbindung von bjdj mit krankhafter Feuchtigkeit, die geheilt werden muss. Auch das Spießentenfett könnte ihr zufolge eher eine pathologische Erscheinung symbolisieren, und sie denkt konkret an „blurred vision“.
Literatur:
– T. Bardinet, Les papyrus médicaux de l’Égypte pharaonique, Penser le médecine (Paris 1995).
– É. Chassinat, F. Daumas, Le temple de Dendara. VII (Le Caire 1972).
– H. von Deines, H. Grapow, W. Westendorf, Übersetzung der medizinischen Texte, Grundriß der Medizin der alten Ägypter IV.1 (Berlin 1958).
– H. von Deines, W. Westendorf, Wörterbuch der medizinischen Texte. Erste Hälfte (ꜣ-r), Grundriß der Medizin der alten Ägypter VII.1 (Berlin 1961).
– P. Germond, Sekhmet et la protection du monde, Aegyptiaca Helvetica 9 (Genève 1981) Germond, Sekhmet.
– H. Grapow, Die medizinischen Texte in hieroglyphischer Umschreibung autographiert, Grundriß der Medizin der alten Ägypter V (Berlin 1958).
– G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956).
– C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Bd. III. p-nbw, Orientalia Lovaniensia Analecta 112 (Leuven 2002).
– J. Osing, G. Rosati, Papiri geroglifici e ieratici da Tebtynis (Firenze 1998).
– T. Pommerening, Medical Re-Enactments. Ancient Egyptian Prescriptions from an Emic Viewpoint, in: M. C. Guidotti – G. Rosati (Hrsg.), Proceedings of the XI[th] International Congress of Egyptologists, Florence Egyptian Museum, Florence, 23-30 August 2015, Archeopress Egyptology 19 (Oxford 2017), 519-526.
– W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I.36 (Leiden 1999).
– P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997).
L. Popko, 28. August 2023.
Autor:in des Kommentars: Strukturen und Transformationen; Datensatz erstellt: 28.08.2023, letzte Revision: 28.08.2023