Ms.w-Bdš.t(Lemma-ID 850485)
Persistente ID:
850485
Persistente URL:
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/850485
Lemma-Liste: Hieroglyphisch/Hieratisch
Wortklasse: Götter-/Göttinnenname
Übersetzung
Kinder der Ermatteten (meist Schlangen)
children of the Weary-one
Bezeugung im TLA-Textkorpus
28
Belegzeitraum im TLA-Textkorpus:
von
1939 v.Chr.
bis
30 v.Chr.
Schreibungen im TLA-Textkorpus:
Bibliographie
-
Wb 1, 488.3
-
FCD 86
-
Wilson, Ptol. Lexikon, 339 f.
-
LGG III, 422 f.
- Meeks, Mythes, 199 ff.
Kommentare
Datensatz erstellt:
vor Juni 2015 (1992–2015),
letzte Revision:
27.09.2024
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(Vollzitation)"Ms.w-Bdš.t" (Lemma-ID 850485) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/850485>, ediert von Altägyptisches Wörterbuch, unter Mitarbeit von Simon D. Schweitzer, Sophie Diepold, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/850485, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)
Die „Kinder der Ermatteten“ ist eine Bezeichnung einer Vierheit von Schlangen, die als Feinde des Sonnengottes erscheinen s. Wb I, 488.3 und LGG III, 422c-423b. In ramessidischer Zeit scheint es sich hierbei um eine Bezeichnung von vier Erscheinungsformen des Apophis zu handeln, die am Anfang der Schöpfung den Sonnengott bedrohen und dem am Ende die vier Horuskinder gegenüberstehen, s. Leitz, Tagewählerei, 99-101. Im späten Papyrus zu den Deltamythen, pBrooklyn 47.218.84, § 10 (Zeile 4.5-6) entstehen sie dagegen aus den vier Fingern des Sonnengottes: wn.jn ḏbꜥ.w n nṯr pn ḫpr r=sn m ms.w Bdš.t m Sḫ.t-snḥm.y n.t(j)t rs.j n Ḥtp.t: „Die Finger dieses Gottes [gemeint ist Re, L.P.] waren nun zu den Kindern der Ermatteten geworden, im Heuschreckenfeld, das südlich von Hetepet liegt.“ (Meeks, Mythes, 10). Schon Meeks (a.a.O., 200) vermutet in pRamesseum XV eine frühe Anspielung auf denselben Mythos, zumal in der folgenden Kolumne auch Apophis genannt wird. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, dort ebenfalls das Verb ḫpr zu ergänzen, um auch syntaktisch eine ähnliche Konstruktion zu erhalten.
In Wb 1, 488.2-4 wird ein Bezug zu der selten genannten Göttin Bdš.t hergestellt, als deren Kinder die genannte Göttergruppe eben bezeichnet würde; s. auch Sethe, Pyr. Übers., III, 52, Kommentar zu PT 343, Pyr. § 558a. Ihrem Namen und der Klassifizierung mit einem Falken auf Standarte, dem ein Messer im Kopf steckt, nach zu schließen handelt es sich um eine negative Entität. Über deren Natur ist jedoch nichts bekannt. In PT 343 soll sie in einem Feuerbecken enden; und nach den Ritualhandlungen des spätzeitlichen pBrooklyn 47.218.50 wird sie vom König aus Heliopolis vertrieben.
Denkbar wäre auch die Option dass bei bdš.t ein Abstraktum vorliegt: „Müdigkeit, Ohnmacht, Ermattung“ o.ä., vgl. Van der Molen, Dictionary of Coffin Texts, 126.
Angesichts der ab dem späten Neuen Reich auftretenden Vermischung der Schreibungen von bdš mit bšṯ (vgl. Wb 1, 479 und 487) schlägt Quack (mdl. Mitteilung) ferner noch eine Übersetzung als „Kinder der Rebellion“ vor. Eine solche Bedeutung würde ebenfalls gut als Bezeichnung für Feinde des Sonnengottes passen. Allerdings ist eine klare Schreibung Ms.w-bdš.t mit eindeutigem Klassifikator, der auf die Wortfamilie „müde, ermattet sein“ hinweist, schon im pRamesseum XVI aus der 2. Zwischenzeit bezeugt.
Neben dieser mythologischen Anspielung dient ms.w-Bdš.t anscheinend auch als Bezeichnung einer realweltlichen Kategorie von Schlangen. Laut dem Brooklyner Schlangenpapyrus, § 20 (Zeile 1,22) gehören die sdb-Schlangen zur Kategorie der ms.w-Bdš.t (Sauneron, Ophiologie, 14; vgl. auch § 48a, a.a.O., 74); und laut § 80b ist die bṯ.t-Schlange „ohne Ohren“ eine ḥnp.t-Schlange oder ein „Kind“ (d.h. eine Art?) der ms.w-Bdš.t-Schlangen (a.a.O., 108-109). Hinter der sdb-Schlange vermutet er (a.a.O., 151-152) Echis coloratus und in der bṯ.t-Schlange (a.a.O., 163) eine Vipernart. Auch hinter ms.w-Bdš.t vermutet er daher eine Viper (a.a.O.). Dagegen hält Leitz, Schlangennamen, 40-42 die sdb-Schlange für eine Sandrennnatter, genauer Psammophis schokari und/oder Psammophis sibilans, deren Charakteristika viel besser zu denen der sdb-Schlange passen würden als Saunerons Echis coloratus. Die Sandrennnatter gehört zu den Trugnattern, ebenso Telescopus-Arten, die Leitz, a.a.O., 42-45 als wahrscheinliche Identifizierung der beiden im Schlangenpapyrus erwähnten ḥnp.t-Arten ansieht; demzufolge vermutet er a.a.O., 146 auch in den Namen bṯ.t und ms.w-Bdš.t Trugnattern.
L. Popko, 08.06.2022
Autor:in des Kommentars: Strukturen und Transformationen