rjwm(Lemma ID 882659)


Persistent ID: 882659
Persistent URL: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/882659


Lemma list: Hieroglyphic/hieratic

Word class: (not defined)


Translation

de
[unklar]
fr
[pas clair]

Attestation in the TLA text corpus


Attestation time frame in the TLA text corpus: from 1515 BCE to 1494 BCE

Spellings in the TLA text corpus:

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Bibliography

  • Wb 2, 400.14


External references

Erman & Grapow, Wb. 400

Comments

rjwm: Ein nur in den Rezeptparallelen Eb 123 = Eb 251b vorkommendes, antikes Ghostword(?). Im Wb 2, 400.14 als separates Wort „Verbum? (…) Substantiv?“ eingetragen. Auf DZA 25.813.910 wird ein Zusammenhang mit koptisch ⲗⲱⲱⲙⲉ („verfaulen“) erwogen. Auch MedWb 1, 523 favorisiert eine Lesung als ein einziges Wort, dessen Bedeutung aber nicht genauer als „krankhafte Erscheinung“ bzw. allenfalls noch (im Vergleich zu den zusammen damit genannten, ebenfalls unklaren Wörtern jṯṯ.t und ḥwꜣ.w) als „krankhafte Bewegung“ eingegrenzt werden kann. Auch Grundriß der Medizin IV/1, 12 und Westendorf, Handbuch Medizin, 567 gehen von einem einzigen Wort aus.
Sethe, Erläuterungen, 81 schlug dagegen vor, das Wort aufzuteilen und in dem Fleischstück und den Pluralstrichen eine verderbt geschriebene Krankheitserscheinung sowie in dem Wort davor ein Verb mit der Bedeutung „weichen“ o.ä. zu sehen. So scheint es auch Ebbell, Papyrus Ebers, 41 zu sehen, wenn er schreibt „then rjwmw the skin (?)“ und damit in dem Fleischstück vielleicht eine Abkürzung für jwf: „Fleisch > Haut“ (?) versteht. Sethes Aufteilung folgend, denkt Sander-Hansen, in: Fs Grapow, 287 bei rjwm an einen Hörfehler für rwj mn.t: „dann schwindet die Krankheit“. Dem folgt wohl Bardinet, Papyrus médicaux, 267: „La partie malade disparaîtra“. Lalanne/Métra, Texte médical du Papyrus Ebers, 63 teilen ebenfalls in zwei Wörter auf und lesen insgesamt: ꜥḥꜥ(~n) rjwm ꜥ.t: „Alors la partie (malade) du corps (de l’homme) se montrera“, was aber nicht funktioniert, da sie ꜥḥꜥ als Hilfsverb deuten (eben als ꜥḥꜥ~n, d.h. ꜥḥꜥ.n) und ihnen daher das Hauptverb (die Entsprechung ihres „se montrera“) fehlt. Auch fehlt eine Erklärung für die merkwürdige Schreibung von ꜥ.t.
Sander-Hansens Idee, dass an der Stelle ursprünglich ein rwj gestanden hat (so vielleicht auch schon die Überlegung von Sethe), hat einiges für sich. Zu Schreibungen von rwj mit Arm mit Handfläche nach unten und laufenden Beinchen vgl. immerhin Wb 2, 406 (allerdings erst ab der 19. Dynastie belegt, vgl. DZA 25.857.730 und DZA 25.857.740); und zumindest im Alten Reich konnte das Verb mit Metathese der beiden letzten Radikale auch rjw geschrieben werden. Allerdings ist seine Erklärung als „Hörfehler“ insofern problematisch, als man davon ausgehen sollte, dass bei einem solchen Prozess das verhörte Wort in ein sinnvolles geändert wurde (vgl. auch Schenkel, in: GM 29, 1978, spez. 122), was hier nicht der Fall zu sein scheint.
Da keiner der bisherigen Bearbeiter eine völlig plausible Interpretation für den ursprünglichen Wortlaut der Stelle liefert, scheint es besser, sich darauf zu beschränken, wie der Schreiber der Vorlage die Stelle verstanden hat. Dieser Schreiber hat nun am Ende Fleischstück und Pluralstriche gesetzt und demzufolge das damit Gekennzeichnete als Körperteilbezeichnung aufgefasst. Vom anderen Ende her betrachtet, lässt sich hierbei eine Konstruktion #subjektloses ꜥḥꜥ + Präposition r + Substantiv# syntaktisch nur schwer erklären, so dass man davon ausgehen kann, dass der Schreiber tatsächlich das r zum Folgenden gezogen und rjwm als ein einziges Wort, genauer eben: eine Körperteilbezeichnung, aufgefasst hat – egal, ob dies in der Vorlage so gemeint war (was implizieren würde, dass hier eine ansonsten unbekannte Bezeichnung vorläge) oder nicht. Dieser Fehler wirft ein interessantes Licht auf die Textgeschichte: Da derselbe Satz zweimal vorkommt, nämlich in Rezept Eb 123 und in Eb 251b, und beide Rezepte in verschiedenen Textabschnitten stehen, ist der Fehler – sofern es einer ist – schon in der gemeinsamen Vorlage dieser beiden Rezeptgruppen (Text β) entstanden. Verschiedene Indizien, wie bspw. die Wiederholung ganzer Rezeptpassagen, zeigen, dass der Schreiber des pEbers nicht selbst die einzelnen Rezepte aus verschiedenen Quellen herauskopierte und in thematisch gebundene Rezeptgruppen ordnete, sondern dass er seinerseits schon existierende, kürzere Sammelhandschriften und thematisch gebundene Monographien kopierte. Das heißt, er übernahm größere Textabschnitte und fügte diese zu der gemeinsamen Handschrift des pEbers zusammen. Das wiederum bedeutet, dass sowohl die Vorlage, die Rezept Eb 123 enthielt, also auch die Vorlage, die Rezept Eb 251 enthielt, bereits fehlerhaft waren. Der oder die Schreiber beider Vorlagen muss/müssen also ihrerseits den Fehler bereits so vorgefunden haben. Die Textgeschichte dieses einen Rezeptes lässt sich daher stark vereinfachend so darstellen: Ein ursprünglich korrekter Text α wurde so fehlinterpretiert, dass aus ꜥḥꜥ ...(?) das heute vorliegende ꜥḥꜥ rjwm.w wurde (Text β). Auf diesen gehen die Vorlagen von Eb 123 (Text γ) und Eb 251 (Text δ) zurück, und diese wurden am Ende auf pEbers wieder vereint (wobei zwischen den Schritten β >>> γ+δ sowie γ+δ >>> pEbers natürlich noch weitere Zwischenschritte der Textüberlieferung liegen können).

Literatur:
– T. Bardinet, Les papyrus médicaux de l’Égypte pharaonique, Penser le médecine (Paris 1995).
– H. von Deines, H. Grapow, W. Westendorf, Übersetzung der medizinischen Texte, Grundriß der Medizin der alten Ägypter IV.1 (Berlin 1958).
– H. von Deines, W. Westendorf, Wörterbuch der medizinischen Texte. Erste Hälfte (ꜣ-r), Grundriß der Medizin der alten Ägypter VII.1 (Berlin 1961).
– B. Ebbell, The Papyrus Ebers. The Greatest Egyptian Medical Document (Copenhagen, London 1937).
– B. Lalanne, G. Métra, Le texte médical du Papyrus Ebers. Transcription hiéroglyphique, translittération, traduction, glossaire et index, Langues et cultures anciennes 28 (Bruxelles 2017).
– C.E. Sander-Hansen, Kleinigkeiten aus der Medizin, in: O. Firchow (Hrsg.), Ägyptologische Studien, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichungen 29 (Berlin 1955), 287-288.
– W. Schenkel, Kritisches zur Textkritik: die sogenannten Hörfehler, in: Göttinger Miszellen 29, 1978, 119-126.
– K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927).
– W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I.36 (Leiden 1999).

L. Popko, 29. August 2023.

Commentary author: Strukturen und Transformationen


Editor(s): Simon D. Schweitzer; with contributions by: Annik Wüthrich, Altägyptisches Wörterbuch
Data file created: 03/16/2021, latest revision: 09/27/2024

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(Full citation)
"rjwm" (Lemma ID 882659) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/882659>, edited by Simon D. Schweitzer, with contributions by Annik Wüthrich, Altägyptisches Wörterbuch, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Corpus issue 19, Web app version 2.2.0, 11/5/2024, ed. by Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning on behalf of the Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften and Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils on behalf of the Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (accessed: xx.xx.20xx)
(Short citation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/882659, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (accessed: xx.xx.20xx)