(Lemma-ID 88470)

Hieroglyphische Schreibung: 𓈖𓈙𓅯


Persistente ID: 88470
Persistente URL: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/88470


Lemma-Liste: Hieroglyphisch/Hieratisch

Wortklasse: Verb (2-rad.)


Übersetzung

de
erschaudern, erzittern
en
to shudder
fr
frissonner; trembler

Bezeugung im TLA-Textkorpus


Belegzeitraum im TLA-Textkorpus: von 1292 v.Chr. bis 301 v.Chr.

Schreibungen im TLA-Textkorpus:

 Weisen Sie uns gerne auf Irrtümer hin


𓈖𓈙𓅯𓏥 | 1× V\inf ( 1 )
𓈖𓈙𓏲𓅯 | 1× V\advz ( 1 )

Bibliographie

  • Wb 2, 338.4
  • Lesko, Dictionary II, 34


Digitale Verweise

Alt-TLA 88470
Digitalisiertes Zettelarchiv 88470

Kommentare

: mehrere(?) Verben:
(1) Wb 2, 337.12-338.3 kennt ein Verb : „verdrängen, vertreiben, verstoßen“ u.ä., das entweder mit den laufenden Beinchen allein, mit Fisch und laufenden Beinchen oder mit Vogel und laufenden Beinchen klassifiziert ist. Einen ptolemäerzeitlichen Beleg kennt Ranke, in: JAOS 65 (4), 1945, 242-243 mit Anm. 39. Schneider, in: LingAeg 5, 1997, 199-200 will es mit hebräisch nḥj/w: „nach einer Seite gehen, leiten“, ugaritisch nḥ(w): „sich wohin begeben“ und arabisch naḥā: „seinen Weg richten, sich wenden nach; beiseite schieben, entfernen, beseitigen“ verbinden. Meyrat, Papyrus magiques du Ramesseum, 46 stellt auch den Beleg aus pRamesseum VIII, 8,3 hierzu („elle a été chassée de mes membre au moyen de lotus“); auf S. 74 vermutet er in diesem Satz eine Anspielung auf „un exorcisme“, möglicherweise eines Fieberdämons.
(2) Außerdem kennt Wb 2, 337.11 noch ein gleichradikaliges Verb, das mit drei Körnern klassifiziert ist und das Kehren von Korn zur Worflerin bezeichnet. Altenmüller, in: SAK 14, 1987, 22 diskutiert dieses Wort inklusive den bis dahin vorgeschlagenen Übersetzungen. In den bildlichen Darstellungen, denen diese Handlung beigeschrieben ist, wird ihm zufolge „das für das Worfeln bestimmte Korn aus dem an der Seite geöffneten Kornbehälter kraftvoll und mit Nachdruck herausgeschaufelt“; aus diesem Grund schließt er sich Montet, Scènes, 228 an, der „puiser l’orge“ übersetzt und dieses Verb mit Nr. (1) verbindet.
(3) Ein weiteres zu diskutierendes Wort findet sich in pd’Orbiney, 14,1. Dort macht Bata nš m ḥꜥ.w=f nb: „ an all seinen Gliedern“, während sein Bruder Anubis ihn wiederbelebt. Das Wort ist mit der landenden Ente klassifiziert. Wb 2, 338.4 nimmt es als eigenes Lemma mit der Bedeutung „erschauern, erzittern“ auf, erwägt aber (auf DZA 25.304.050), es mit : „verdrängen“ (hier Nr. 1) zu verbinden, weil auch dafür die Schreibung mit (Beinchen +) landendem Vogel belegt ist (nur ein Beleg in der 19. Dynastie: DZA 25.303.910). Ein weiterer Beleg für dieses Verb (3) kommt in pLeiden I 348, Vso. 3,1, in einer Beschwörung einer Brandwunde vor, in der das Gesicht des Horus nicht machen soll. Borghouts, pLeiden I 348, 34 übersetzt „let your face not tremble“ und verweist auf S. 186, Anm. 459 konkret auf pd’Orbiney. Außerdem nennt er noch zwei weitere Belege (oMichaelides 4, Rto. 6; s. Goedicke/Wente, Ostraka Michaelides, Taf. 53 und pBoulaq 3, x+6,21, Töpfer, Balsamierungsritual, Taf. 12-13), von denen aber das zweite zu streichen ist, weil dort : „Ausfluss“ steht, s. Töpfer, a.a.O., 124 und 150, Anm. em. Auch wenn er es nicht explizit sagt, scheint er dieses Verb ebenfalls mit Nr. (1) zu verbinden; denn in oMichaelides 4 scheint, soweit es sich aufgrund der Zerstörungen sagen lässt, eine Bedeutung „vertreiben, wegstoßen“ besser zu passen als „erschauern“; und sowohl dieser Beleg als auch der von pLeiden sind mit landender Ente und Beinchen klassifiziert, also so, wie einmal auch Nr. (1). Die Interpretation der Stelle in pLeiden I 348 ist insofern schwierig, als dort in einem Vetitiv verwendet wird: m=k js m nšw ḥr=k zꜣ=j Ḥr.w zꜣ=j: „Siehe doch, mache nicht dein Gesicht, mein Sohn Horus, mein Sohn!“ Diese Konstruktion spricht zunächst dafür, dass transitiv ist und ḥr=k als direktes Objekt hat. Allerdings ist das Verb des pd’Orbiney, in dem Borghouts dasselbe wie dasjenige des pLeiden sieht, zweifellos intransitiv. Dieser Unterschied in der Valenz des Verbs könnte aufgelöst werden, indem man in pLeiden eine Konstruktion wie in GEG, § 340 und § 343 Obs. annimmt: „Sei/Mache nicht in Bezug auf dein Gesicht, mein Sohn Horus, mein Sohn!“ Es sei ferner darauf hingewiesen, dass das m vor sehr schmal in die Zeile gequetscht wurde und daher ein Nachtrag ist. Zunächst stand demzufolge ein affirmatives m=k js nšw ḥr=k zꜣ=j ..., in dem das „Gesicht“ problemlos das grammatische Subjekt eines intransitiven Verbs sein kann: „Siehe doch, dein Gesicht möge sein/machen ...!“ Der Schreiber könnte dann sekundär durch Hinzufügung des m als Imperativ des Negativverbs jmi̯ die Aussage ins Gegenteil verkehrt haben, ohne zu beachten, dass der Satz dadurch grammatisch falsch wird, weil das explizit geschriebene „Gesicht“ in einem Vetitiv nicht (mehr) das grammatische Subjekt sein kann. Man könnte sich freilich aus der Affäre ziehen, indem man behauptet, dass der Schreiber eigentlich ein optativisches jmi̯ nš ḥr=k im Sinn gehabt hat, bei dem das nominale Subjekt regulär hinter dem Negativkomplement steht (GEG, § 343), dass er aber das Verb jmi̯ aus reinen Platzgründen auf ein m reduzierte.
(4) Schließlich gibt es noch ein Wort : „ausströmen, ausfließen“ (MedWb 1, 483, vgl. die Substantive : „Speichel o.ä.“, Wb 2, 337.8; nš.w als Krankheitserscheinung Wb 338.11; das Substantiv nš.w Wb 338.12; nš.wt: „Schleim (der Nase)“, Wb 2, 338.13; und den nš.w-Topf, Wb 2, 338.14-15 und s. Osing, Nominalbildung, 169 sowie 674-675, Anm. 745). Dieses Verb und davon abgeleitete Substantive können auch nẖ geschrieben sein, s. MedWb 1, 477 und Wb 2., 318.14-16; eine mögliche Graphie nḫj nennt Derchain, in: RdÉ 9, 1952, 34. Dieses Verb ist mit dem spuckenden Mund klassifiziert und im pEdwin Smith, Fall 41, Glosse E mit pri̯: „herauskommen“ erklärt. Derchains nḫj ist mit dem Phallus klassifiziert (genauer gesagt: es ist klassifikatorlos und wird von m-bꜣḥ gefolgt, was Derchain als Fehler für einen Phallus-Klassifikator versteht) und steht anstelle eines wtṯ: „zeugen“ einer älteren Textparallele. Breasted, pEdwin Smith, Vol. 1, 390 sieht in diesem eine Ableitung bzw. ein intransitives Äquivalent von Nr. (1) mit der Bedeutung „to issue“.
Trotz des anderen Klassifikators ist zu erwägen, in dem von pRamesseum VIII ebenfalls eine solche intransitive Bedeutung zu sehen. Die Aussage des Satzes wäre damit parallel zum vorherigen Satz zu sehen, in dem die Liebe über die Brust quillt (ṯtf). Gleiches gilt für Nr. (3), den Beleg aus dem Brüdermärchen des pd’Orbiney: Die von Wb 2, 338.4 gegebene Bedeutung „erschauern, zittern“ ergibt sich jedenfalls nur aus dieser Stelle. Aber statt an all seinen Gliedern zu zittern, könnte Bata dort auch schwitzen: Es ist nämlich davon die Rede, dass Anubis eine Schale mit Wasser füllt und das Herz des Bata hineinlegt; nachts saugt sich das Herz dann mit Wasser voll, woraufhin Bata eben macht, die Schale mit Wasser und seinem Herzen leert und es dadurch wieder in sich aufnimmt. Wenn man als „ausschwitzen“ o.ä. versteht, würde das die Verbindung von Bata und seinem zu dem Zeitpunkt noch physisch von ihm getrennten Herzen betonen: Sein Herz saugt sich voll und dieses Wasser strömt durch Bata hindurch und sogar aus ihm wieder heraus. Auch in pLeiden I 348 scheint eine Übersetzung als „ausströmen“ nicht undenkbar: Das Verb kommt in einer Beschwörung einer Verbrennung (wbd.t) vor; Horus soll nicht machen in seinem Gesicht. Statt zu zittern könnte hier Horus auch Flüssigkeiten von sich geben, in diesem Fall könnte man an Gewebswasser von Brandblasen denken.

L. Popko, 08. Juni 2022.

Autor:in des Kommentars: Strukturen und Transformationen


Editor:innen: Altägyptisches Wörterbuch; unter Mitarbeit von: Annik Wüthrich
Datensatz erstellt: vor Juni 2015 (1992–2015), letzte Revision: 17.09.2024

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(Vollzitation)
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(Kurzzitation)
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