hbhb(Lemma-ID 98210)

Hieroglyphische Schreibung: 𓉔𓃀𓉔𓃀𓍁𓀜


Persistente ID: 98210
Persistente URL: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/98210


Lemma-Liste: Hieroglyphisch/Hieratisch

Wortklasse: Verb (4-rad.)


Übersetzung

de
(Schmerzen) vertreiben; (Feinde) zurücktreiben
en
to pervade (med.); to remove (enemies)
fr
enlever (la douleur); repousser (les ennemis)

Bezeugung im TLA-Textkorpus


Belegzeitraum im TLA-Textkorpus: von 1515 v.Chr. bis 30 v.Chr.

Schreibungen im TLA-Textkorpus:

 Weisen Sie uns gerne auf Irrtümer hin


𓉔𓃀𓉔𓃀𓊮 | 1× V\res-2sg.m ( 1 )
𓉔𓃀𓉔𓃀𓍁𓀜 | 1× V\inf ( 1 )
𓉔Ff100𓃀Ff100𓃀𓏲𓏴𓂡 | 1× V\tam.pass ( 1 )
𓉔Ff100𓃀𓉔Ff100𓃀𓏴𓂡 | 1× V\tam.pass ( 1 )
𓉔𓃀𓉔𓃀A13A | 1× V\ptcp.pass.m.sg ( 1 )

Bibliographie

  • Wb 2, 488.1-2
  • MedWb 564
  • Wilson, Ptol. Lexikon, 603


Digitale Verweise

Alt-TLA 98210
Digitalisiertes Zettelarchiv 98210
Erman & Grapow, Wb. 488
Vocabulaire de l’Égyptien Ancien 4697

Kommentare

hbhb: Ein redupliziertes Verb, von der Wurzel hbu̯: „durchziehen“ hergeleitet, vgl. etwa Otto, in: ZÄS 79, 1954, 43. In den medizinischen Texten kommt es im Veterinärmedizinischen Papyrus Kahun, KV 67 (in zerstörtem Kontext), in Eb 856a und im Schlangenpapyrus, Brk §§ 71b und 74a vor. Während Wb 2, 488.1-2 die ersten beiden Belege (der Schlangenpapyrus war zu der Zeit noch unbekannt) unter einem Verb hbhb „Schmerzen vertreiben; den Angreifer zurückweisen“ ablegt (und Eb 856a auf DZA 26.346.710 dementsprechend mit „Vertreiben“ übersetzt) und es von einem gleichradikaligen Verb hbhb: „einen Ort durchziehen, betreten“ (Wb 2, 487.21-25) trennt, sieht MedWb 2, 564 in dem hbhb von KV 67 und Eb 856a dasselbe Wort mit der Bedeutung „durchziehen“ (wobei es dem Beleg im Veterinärpapyrus eine transitive Bedeutung zugesteht; für eine Diskussion dieser Stelle s. Dils: Veterinär-Papyrus. In: Science in Ancient Egypt. URL: https://sae.saw-leipzig.de/de/dokumente/veterinaer-papyrus?version=13, letzter Fall, Anm. 11). Die Übersetzungen von Eb 856a folgen gewöhnlich dem MedWb und gehen davon aus, dass darin vom „Umherziehen“ (u.ä.) der wḫd.w-Stoffe im menschlichen Körper die Rede ist.
Diese Bedeutung ist aber keinesfalls sicher: Zwar scheint das Verb hbhb mit laufenden Beinchen seinen Belegen nach tatsächlich „durchziehen“ (etwa von Sümpfen, Tälern oder Fremdländern) zu bedeuten. Allerdings kann es auch eine eher destruktive Bedeutung haben und ein Töten oder Vernichten meinen: In der Lehre des Amenemope wird der Angesprochene angewiesen, die „Furche eines anderen“ nicht hbhb zu machen (vom Wb dem Verb „durchziehen“ zugeordnet, Wb 2, 487.25, obwohl es eigentlich besser zu dem anderen hbhb gepasst hätte). Im ptolemäerzeitlichen Ritual zum Schutz der Neschmet-Barke steht es parallel zu den Verben hp: „beseitigen“ und dr: „beseitigen, vernichten“, s. https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd98tEXnz4UCDtCNkaKC3FE8, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 29.8.2023). In Kom Ombo ist von Haroeris gesagt, dass er hbhb mache mit denen, die ihn angreifen (DZA 26.346.740). Vielleicht kann man auch die Stelle im zweisprachigen Papyrus Rhind hierzu stellen, die bei aller Unklarheit der Stelle doch anscheinend hieratisches hbhb zumindest inhaltlich parallel setzt mit demotischem jr gne: „Unheil antun“ o.ä. (DZA 26.346.760, vgl. Spiegelberg bei Möller, Papyrus Rhind, 76, Anm. 27). Zu dieser Bedeutung passt auch der Klassifikator: In Eb 856a ist das Wort mit Pflug und schlagendem Mann geschrieben, bei Amenemope mit Kreuz und schlagendem Mann, im Papyrus Rhind mit Messer und schlagendem Arm und im Schlangenpapyrus sowie in Kom Ombo mit Kreuz und schlagendem Arm. (In KV 67 ist es dagegen nur mit dem Pflug klassifiziert.)
Bezüglich Eb 856a verweist MedWb zur Untermauerung der Bedeutung „durchziehen“ auf die Parallele in Bln 163a, wo das Verb ht statt hbhb steht (MedWb 2, 574 = Wb 2, 479.12). Auch dieses Verb ist mit den laufenden Beinchen klassifiziert, wie das intransitive hbhb, und hier gibt MedWb die intransitive Bedeutung „umherziehen“. Diese gewinnt MedWb – sicher neben dem Klassifikator – aus dem Vergleich zwischen dem ht wḫd.w in Bln 153 und 163 sowie dem ḫdi̯ ḫnti̯ wḫd.w in Bln 161. Doch dieser Vergleich ist nicht ganz korrekt: Die Passage in Bln 161 gehört zur Beschreibung der Krankheitserscheinungen des Patienten, in Bln 153 und 163 gehören die Phrasen dagegen zu den Überschriften, und es geht darin um zp.w n.w hbhb wḫd.w: „Mittel zum hbhb wḫd.w“. Bei der Konstruktion zp.w n.w + Infinitiv steht in den medizinischen Texten üblicherweise ein Verb, das das Beseitigen einer Krankheit ausdrückt (Belege in MedWb 2, 737, s.v. sp IV.a.1) und nicht, wie es bei einem intransitiven ht der Fall wäre, ein Verb, das das Verhalten einer Krankheit beschreibt. Besonders aufschlussreich ist vor diesem Hintergrund Bln 153 mit der in sich parallelen Formulierung zp.w n.w smꜣ wḫd.w zp.w n.w ht n.w wḫd.w (in diesem Fall mit indirektem Genitiv statt direktem nach ht): Hier scheinen smꜣ: „töten“ und ht parallel gebraucht, scheinen also dieselbe inhaltliche Aussage zu treffen. Daher könnte auch ht eben eine destruktive Bedeutung haben und würde damit eine ebensolche Deutung von hbhb in Eb 856 stützen. In dieselbe Richtung deuten die beiden Belege im Schlangenpapyrus, wo das Verb in der Behandlungsanweisung steht: hbhb jm (§ 71a) bzw. hbhb dm.wt jm (§ 74a). An der zweiten Stelle ist erneut die Krankheitserscheinung im weiteren Sinne, in diesem Fall die Bisswunde, das semantische Objekt und nicht das semantische Subjekt. Dasselbe wird in der ersten Stelle der Fall sein, auch wenn sie nicht derart eindeutig ist.
Der Inhalt von Eb 856 hilft nur wenig bei der Entscheidung, ob in der Überschrift vom Umherziehen oder vom Vertreiben der Krankheitsauslöser die Rede ist, denn beides würde passen.
Die genaue Nuance eines solchen hbhb lässt sich nicht genau festmachen. Der späte Beleg im Buch vom Schutz der Neschmet-Barke (s. oben) wird parallel mit hp und dr gebraucht, was auf eine Bedeutung wie „beseitigen“ oder „vernichten“ hindeutet. Das ht von Bln 153 wird parallel zu smꜣ: „töten“ verwendet, und man fragt sich, ob es vielleicht sogar im Sinne einer Steigerung zu verstehen ist. Der in https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBcChFgz1S3Rx0Z0q54pYx0IEfQ, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 29.8.2023) in Eb 856a gemachte Vorschlag „ausmerzen“ ist zugegebenermaßen rein spekulativ.
Eine andere Nuance scheint dagegen in KV 67 vorzuliegen, wo das semantische Objekt keine Krankheit oder Verletzung, sondern die betroffene Körperstelle ist: ꜥ.wt nb.t: „alle Glieder“ (des betroffenen Rindes) (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBcDNf7wttCZ7EZcuAWgpdsMQ4w, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 29.8.2023)). Da dieser Beleg auch ohne schlagenden Arm geschrieben ist, fragt sich, ob überhaupt dasselbe Verb vorliegt, oder ob nicht in diesem Fall tatsächlich die Bedeutung „einen Ort durchziehen, betreten“ vorliegt. Falls doch dasselbe Verb gemeint ist, könnte die Kombination dieser beiden Gebrauchsweisen auf eine Grundbedeutung „durchdringen“ o.ä. hinweisen, als etwas aktivere Handlung als ein einfaches „durchziehen“ von Tälern, die auch Auswirkungen auf den durchzogenen Ort haben kann. Die Natur des direkten Objektes könnte dann den Unterschied ausmachen, ob das „Durchdringen“ eine positive Wirkung hat (nämlich das heilende Durchdringen von krankhaften Körperstellen mit Heilmitteln) oder eine negative Wirkung (eine gleichzeitige Zerstörung des Durchdrungenen).

Literatur:
– H. von Deines, W. Westendorf, Wörterbuch der medizinischen Texte. Zweite Hälfte (h-ḏ), Grundriß der Medizin der alten Ägypter VII.2 (Berlin 1962).
– G. Möller, Die beiden Totenpapyrus Rhind des Museum zu Edinburg, Demotische Studien 6 (Leipzig 1913).
– E. Otto, Die Verba Iae inf. und die ihnen verwandten im Ägyptischen, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 79, 1954, 41-52.

L. Popko, 29. August 2023.

Autor:in des Kommentars: Strukturen und Transformationen


Editor:innen: Altägyptisches Wörterbuch; unter Mitarbeit von: Annik Wüthrich
Datensatz erstellt: vor Juni 2015 (1992–2015), letzte Revision: 27.09.2024

Bitte zitieren als:

(Vollzitation)
"hbhb" (Lemma-ID 98210) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/98210>, ediert von Altägyptisches Wörterbuch, unter Mitarbeit von Annik Wüthrich, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)
(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/98210, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)