pLouvre E 3234, OAD P1(Object ID 4U5GZG4YMBDCJO7GPGAAGXKQRY)


Persistent ID: 4U5GZG4YMBDCJO7GPGAAGXKQRY
Persistent URL: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/4U5GZG4YMBDCJO7GPGAAGXKQRY


Data type: Object


Further designations / translations

  • de Papyrus Anastasi 1040


Object type: Schreibblatt


Materials: Papyrus

Dimensions (H×W(×D)): 32,5 × 5,5 cm


Condition: vollständig

Comment on materiality

  • Der Papyrus ist bis auf gleiche Läsionen zu Beginn vollständig erhalten. Der 5,5 cm breite und 32,5 cm lange Papyrusstreifen ist auf beiden Seiten beschrieben. Auf dem Verso befindet sich mit einem Abstand zum Text zusätzlich noch eine Zeile, die den Namen der Orakelbesitzerin angibt, ähnlich wie bei den Papyri pMMA 10.53 (N.Y.) und pBerlin ÄMP 10462 (B), wobei diese beiden Papyri auf dem Verso nicht anderweitig beschriftet sind. Abweichend von den anderen Texten, die auf beiden Seiten beschriftet sind, hat der Schreiber hier den Seitenumbruch allerdings nicht gut geplant, denn er befindet sich mitten in einem Satz, was sonst bei den OAD nicht vorkommt.
  • Der Text beginnt auf der Seite des Papyrusstreifens, auf dem die vertikalen Fasern oben liegen. Es mag zunächst etwas irritieren, dass die Seite des Textes als „Recto“ bezeichnet wird, bei der die vertikalen Fasern oben liegen. Die Oracular Amuletic Decrees sind generell auf sehr schmalen und zum Teil enorm langen Papyrusstreifen notiert worden. Wie haben die Schreiber diese Streifen hergestellt? Die einfachste Methode ist die, einen schmalen Streifen von einer bereits vorbereiteten Rolle abzuschneiden. Edwards hat bei einer Untersuchung der Klebungen Hinweise auf genau dieses Vorgehen festgestellt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii). So konnte er bei einer Reihe von Texten, Klebungen in regelmäßigen Abständen feststellen, die auf eine vorgefertigte Rolle hindeuten. Allerdings erwähnt er auch, dass es Texte gibt, die unregelmäßige Abstände bei den Klebungen aufweisen bzw. aufzuweisen scheinen (ebd.). Daraus zieht er den Schluss, dass es für die Herstellung der OAD keine festgelegte Methode gab, sondern die Schreiber vielmehr das Material verwendeten, das sie gerade zur Hand hatten; seien es Abschnitte einer Rolle, oder anderweitige Streifen, bzw. eine Kombination aus beidem. Als Beispiel eines zusammengestückelten Papyrus führt er insbesondere Papyrus London BM EA 10320 (L4) an (ebd.). Dieser Papyrus beginnt mit einem Stück auf dem neun Zeilen des Textes erhalten sind, bei dem aber die horizontalen Fasern oben liegen Dieses Stück ist an den Streifen mit vertikalen Fasern angeklebt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 27). Genau diesen Papyrus möchte ich allerdings als wichtigen Hinweis dafür benennen, dass die Schreiber in der Regel einen schmalen Streifen von einer vorbereiteten Rolle abgeschnitten haben. Das kurze Stück mit dem anderen Faserverlauf ist doch zweifelsfrei ein sog. Schutzblatt bzw. „protocollon“ zu Beginn einer Papyrusrolle (vgl. Turner, The Terms Recto and Verso, 28–29), das in diesem Fall entgegen der allgemeinen Praxis ebenfalls beschriftet wurde. Die Klebung zeigt zudem deutlich an, dass es sich um das Recto der betreffenden Rolle handeln muss (An dieser Stelle möchte ich Nadine Quenouille für ihre papyrologische Expertise und Einschätzung sehr herzlich danken). Der Schreiber hat also den Streifen von einer neuen Rolle abgeschnitten und dann zur Beschriftung um 90 Grad gedreht. Es handelt sich also papyrologisch um eine „transversa carta“ (Turner, The Terms Recto and Verso, 29; Bülow-Jacobson, in: Oxford Handbook of Papyrology, 21–22), ähnlich wie es bei spätramessidischen Briefen zu beobachten ist (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii [7] mit Verweis auf Černý, LRL, xvii-xx).


  • Finding place

    • Theben
      Certainty: probable
      Is the original place of use: Yes
      Comment on this place: Die genaue Herkunft des Papyrus ist nicht bekannt. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiii) nimmt generell für diese Gruppe von Texten eine Herkunft aus Theben an. Diese Annahme wird zumeist durch die im Text genannten Götter gestützt. Dies gilt auch für diesen Papyrus, in dem als orakelgebende Götter Mut, Chons und Amun genannt sind.


Current location

  • Musée du Louvre
    Inventory no(s).: E 3234
    Is at this location: Yes
    Comment on this place:
    Der Papyrus stammt aus der Sammlung Anastasi und wurde 1857 in das Inventarbuch des Louvre aufgenommen (Lettelier, in: André-Leicknam/Ziegler [Hrsg.], Naissance de l'écriture 160, [104]). Große Teile der Sammlung Anastasi wurden zwischen dem 23. und 27. Juni 1857 bei einer öffentlichen Auktion vom Louvre angekauft. In dem für den Verkauf erstellten Katalog ist das Objekt als Nr. 1040 zu identifizieren (Lenormant, François, Catalogue d’une collection d’antiquités égyptiennes, 86). Die dortige Beschreibung „Petit manuscrit encore attaché, à suscription hiératique“ zeigt an, dass das Amulett noch eingerollt und verschnürt gewesen und dann im Museum entrollt und verglast worden ist. Dies wurde zwischen 1957 und 1872 vorgenommen, da Devéria (Catalogue des manuscrits égyptiens, 178 [VIII. 9]) den Text als entrollt und verglast beschreibt.

Comment on dating:

  • Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiii–xiv) geht von einer Datierung des gesamten Korpus der Amulettpapyri mit Orakeldekreten in die 22./23. Dynastie aus. Ein einziger Text (L7: pBM EA 10730) liefert einen Hinweis auf die Datierung, denn er ist für einen Prinzen und zukünftigen General in der Armee eines Königs Osorkon geschrieben, bei dem es sich nach Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiv) und Ritner (The Libyan Anarchy, 74) vermutlich um Osorkon I. handeln dürfte, während Jacquet-Gordon (in: GS Sauneron I, 175, Anm. 5; Ead., in: BiOr 20, 1963, 32) und ihr folgend Verhoeven (Buchschrift, 13) von Osorkon II. ausgehen. Diese Datierung basiert auf Textparallelen im Text auf einer Statue aus Tanis (Kairo CG 1040 + CG 881 + Philadelphia E 16159: s. Jacquet-Gordon, in: JEA 46, 1960, 23), die ursprünglich für Sethos I. angefertigt und für Osorkon II. wiederverwendet und neu beschriftet wurde (Sourouzian, in: FS Gaballa, 97–105). Der Text L7 wäre also in die 22. Dynastie, oder für den Fall, dass es sich ungeachtet der Parallelen doch um einen späteren Osorkon handeln würde, spätestens in die 23. Dynastie zu datieren. Nach Koenig (in: CRIPEL 9, 1987, 31) ist aufgrund der Paläographie sowie spezifischer Schreibungen mindestens für einen Teil der Texte, den hier bearbeiteten nicht mit eingeschlossen, eine Datierung in die 21. Dynastie anzunehmen.


Description

  • Amulettpapyri wie der hier vorliegende Text wurden aufgerollt in einem kleinen Behälter, der aus Leder, Holz oder Metall gearbeitet sein konnte (vgl. Ray, in: JEA 58, 1972, 151–153; Bourriau/Ray, in: JEA 61, 1975, 257–258), um den Hals getragen und diente somit als Apotropaion (vgl. hierzu Roß, Schutz von Kindern, 40–44). Die Amulette wurden vermutlich in erster Linie für Kinder hergestellt (vgl. Roß, Schutz von Kindern, 26–36; Adderly, Personal Religion, 193; Edwards, HPBM 4, xvi), wobei es Hinweise darauf gibt, dass es sich um Säuglinge oder sehr junge Kinder gehandelt haben könnte (Roß, ebd.). Wilfong (in: JEA 99, 2013, 295–300) geht davon aus, dass die Länge des beschrifteten Papyrusstreifens mit der Größe des Kindes korreliert werden kann. Mittlerweile ist auch ein Orakeldekret für eine schwangere Frau belegt (pIFAO H40: Koenig, in: BIFAO 118, 2018, 233–239), doch ist der Text leider nur fragmentarisch erhalten, so dass keine Rückschlüsse auf die ursprüngliche Länge des Dokumentes erzielt werden können.


Owner: Privatperson


Comment on cultural context

  • Die orakelgebenden Götter, Mut, Chons und Amun versprechen der Besitzerin des Amuletts, Mutuates, die auch Neschons-Scheriihi genannt wird, und deren Mutter Tapeschebastet und deren Vater Iipet ist, Schutz vor Gefahren, aber vor allem eine gute Entwicklung ihrer Person sowie die Aufnahme in das Musikantinnenhaus des Amun. Dieser Text weist eine gänzlich andere Zielsetzung als die anderen OAD auf, die in Teilen mit der in L 5 vergleichbar ist, wo auch die berufliche Perspektive des Orakelbesitzers thematisiert wird.


Bibliography

  • – I. E. S. Edwards. Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series: Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom I. Text. London 1960, 77–79. [*Ü, *K]
  • – I. E. S. Edwards. Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series: Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom II. Plates. London 1960, pl. XXIX–XXX. [*T, *P]
  • – B. Letellier. Décret oraculaire en faveur de Moutouates, in: B. André-Leicknam/ Chr. Ziegler [Hrsg.]. Naissance de l’écriture: cunéiformes et hiéroglyphes, Ausstellungskatalog (Paris, Galeries nationales du Grand Palais, 7 mai–9 août 1982). Paris 1982, 160 [104]. [P, K]
  • – L. Lien [Hrsg.]. Éternelle Égypte: 4000 ans de civilisation, cat. exp. (Taipei, 21 novembre 2003 – 7 novembre 2004). Taipei 2004, 210–211, 291–292. [P, K].
  • – F. Lenormant. Catalogue d’une collection d’antiquités égyptiennes. Collection rassemblée par M. D’Anastasi, consul général de Suède à Alexandrie, (Vente, Paris, 76 rue de Clichy, 1857, 23-27 juin, Felix Schayé). Paris 1857, 86 [n° 1040]. [Erwähnung]
  • – T. Deveria. Catalogue des manuscrits égyptiens au Musée égyptien du Louvre. Paris 1872, 178 [VIII, 9]. [Erwähnung]
  • – M. Bellion. Égypte ancienne: catalogue des manuscrits hiéroglyphiques et hiératiques et des dessins, sur papyrus, cuir ou tissu, publies ou signalés. Paris 1987, 212. [Erwähnung]
  • – T. G. Wilfong. The Oracular Amuletic Decrees: A Question of Length. In: JEA 99, 2013, 295–300. [K]
  • – A. Grams. Der Gefahrenkatalog in den Oracular Amuletic Decrees. In: SAK 46, 2017, 55–100. [K]
  • – A. Roß. Der Schutz von Kindern im alten Ägypten. Die religiösen und soziokulturellen Aspekte der Oracular Amuletic Decrees. GM Beihefte 17, Göttingen 2019. [K]


File protocol

  • Ersteingabe: Anke Blöbaum, 15. September 2023


Author(s): Anke Blöbaum
Data file created: 09/15/2023, latest revision: 09/18/2024
Editorial state: Verified

Please cite as:

(Full citation)
Anke Blöbaum, "pLouvre E 3234" (Object ID 4U5GZG4YMBDCJO7GPGAAGXKQRY) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/4U5GZG4YMBDCJO7GPGAAGXKQRY>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Corpus issue 18, Web app version 2.1.5, 7/26/2023, ed. by Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning on behalf of the Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften and Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils on behalf of the Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (accessed: xx.xx.20xx)
(Short citation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/4U5GZG4YMBDCJO7GPGAAGXKQRY, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (accessed: xx.xx.20xx)