pTurin Cat. 1984, OAD T2(Object ID 4YUJGMQJONHJNAKYOVDEO3G46A)
Persistent ID:
4YUJGMQJONHJNAKYOVDEO3G46A
Persistent URL:
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/4YUJGMQJONHJNAKYOVDEO3G46A
Data type: Object
Object type: Schreibblatt
Materials: Papyrus
Dimensions (H×W(×D)): 104,5 × 6,5 cm
Condition: vollständig
Comment on materiality
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Der Text, der aufgerollt in einem Lederbehälter gefunden wurde, ist vollständig erhalten. Er wurde für die gleiche Besitzerin aufgesetzt, für die auch pBM EA 10083 (L1) hergestellt wurde. Der Papyrusstreifen hat eine Länge von 104,5 cm und eine Breite von 6,5 cm und ist auf beiden Seiten beschrieben. Der Text beginnt auf der Seite, auf der die Fasern vertikal verlaufen (Recto, transversa carta). Es mag zunächst etwas irritieren, dass die Seite des Textes als „Recto“ bezeichnet wird, bei der die vertikalen Fasern oben liegen. Die Oracular Amuletic Decrees sind generell auf sehr schmalen und zum Teil enorm langen Papyrusstreifen notiert worden. Wie haben die Schreiber diese Streifen hergestellt? Die einfachste Methode ist die, einen schmalen Streifen von einer bereits vorbereiteten Rolle abzuschneiden. Edwards hat bei einer Untersuchung der Klebungen Hinweise auf genau dieses Vorgehen festgestellt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii). So konnte er bei einer Reihe von Texten, Klebungen in regelmäßigen Abständen feststellen, die auf eine vorgefertigte Rolle hindeuten. Allerdings erwähnt er auch, dass es Texte gibt, die unregelmäßige Abstände bei den Klebungen aufweisen bzw. aufzuweisen scheinen (ebd.). Daraus zieht er den Schluss, dass es für die Herstellung der OAD keine festgelegte Methode gab, sondern die Schreiber vielmehr das Material verwendeten, das sie gerade zur Hand hatten; seien es Abschnitte einer Rolle, oder anderweitige Streifen, bzw. eine Kombination aus beidem. Als Beispiel eines zusammengestückelten Papyrus führt er insbesondere Papyrus London BM EA 10320 (L4) an (ebd.). Dieser Papyrus beginnt mit einem Stück auf dem neun Zeilen des Textes erhalten sind, bei dem aber die horizontalen Fasern oben liegen Dieses Stück ist an den Streifen mit vertikalen Fasern angeklebt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 27). Genau diesen Papyrus möchte ich allerdings als wichtigen Hinweis dafür benennen, dass die Schreiber in der Regel einen schmalen Streifen von einer vorbereiteten Rolle abgeschnitten haben. Das kurze Stück mit dem anderen Fasernverlauf ist doch zweifelsfrei ein sog. Schutzblatt bzw. „protocollon“ zu Beginn einer Papyrusrolle (vgl. Turner, The Terms Recto and Verso, 28–29), das in diesem Fall entgegen der allgemeinen Praxis ebenfalls beschriftet wurde. Die Klebung zeigt zudem deutlich an, dass es sich um das Recto der betreffenden Rolle handeln muss (An dieser Stelle möchte ich Nadine Quenouille für ihre papyrologische Expertise und Einschätzung sehr herzlich danken). Der Schreiber hat also den Streifen von einer neuen Rolle abgeschnitten und dann zur Beschriftung um 90 Grad gedreht. Es handelt sich also papyrologisch um ein „transversa carta“ (Turner, The Terms Recto and Verso, 29; Bülow-Jacobson, in: Oxford Handbook of Papyrology, 21–22), ähnlich wie es bei spätramessidischen Briefen zu beobachten ist (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii [7] mit Verweis auf Černý, LRL, xvii-xx).
- Das Orakelamulett wurde für die Besitzerin, der ebenfalls der Papyrus L1 (BM EA 10083) gehörte, ausgestellt; sehr wahrscheinlich handelt es sich auch um den gleichen Schreiber, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 63.
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Finding place
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Theben
Certainty: probable
Is the original place of use: Yes
Comment on this place: Die genaue Herkunft des Papyrus ist nicht bekannt. Leider wurde die Herkunft der Antiken von Drovetti nicht dokumentiert, doch konzentrierte sich sein Wirken in erster Linie auf den thebanischen Raum, so dass vor allem bei dem Papyrus-Konvolut der Drovetti-Sammlung eine Herkunft aus Theben nicht unwahrscheinlich ist.
Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiii) geht von einer Herkunft aus Theben aus, die er vor allem an den im Text genannten Göttern festmacht. Die Götter, die das Orakel geben, sind Iunit, die inmitten des Südlichen Heliopolis ist, Month, der im Sanktuar ist, sowie Chons, der inmitten des Südlichen Heliopolis ist, deren Kultstellen alle in Karnak zu lokalisieren sind. Der Papyrus wurde für die gleiche Besitzerin wie pBM EA 10083 (L1) angefertigt (s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xvii). Deren Name, Buiruharchons „Sie haben Chons nicht geplündert“ (Thirion, in: RdE 33, 1981, 83–84), ist vor allem im thebanischen Raum belegt, s. Thirion, in: RdE 33, 1981, 84.
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Current location
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Museo Egizio
Inventory no(s).: Cat. 1984
Is at this location: Yes
Comment on this place:
Der Papyrus war Teil der Sammlung Drovetti (Edwards, HPBM 4, Bd.1, 51), die der aus dem Piemont stammende Diplomat während seiner Zeit als Generalkonsul für Frankreich ab 1803 in Ägypten zusammengetragen hatte. Die Sammlung wurde nach Verhandlungen in den Jahren 1822–1824 im Januar 1824 im Auftrag des Großherzogs der Toskana (Ferdinand III.) und unter Bewilligung von König Carlo Felice (d.h. Carlo Felice Giuseppe Maria, 1821 bis 1831 König von Sardinien) für das Museo Egizio angekauft (zu den Erwerbsumständen s. Ministero della pubblica istruzione 1880, XII–XIII und Botti, Collezione Drovetti, 131–132).
Dating: 21. Dynastie – 22.–23. Dynastie
Comment on dating:
- Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiii–xiv) geht von einer Datierung des gesamten Korpus der Amulettpapyri mit Orakeldekreten in die 22./23. Dynastie aus. Ein einziger Text (L7: pBM EA 10730) liefert einen Hinweis auf die Datierung, denn er ist für einen Prinzen und zukünftigen General in der Armee eines Königs Osorkon geschrieben, bei dem es sich nach Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiv) und Ritner (Libyan Anarchy, 74) vermutlich um Osorkon I. handeln dürfte, während Jacquet-Gordon (in: Gs Sauneron I, 175, n. 5; Ead., in: BiOr 20, 1963, 32) und ihr folgend Verhoeven (Buchschrift, 13) von Osorkon II. ausgehen. Diese Datierung basiert auf Textparallelen im Text auf einer Statue aus Tanis (Kairo CG 1040 + CG 881 + Philadelphia E 16159: s. Jacquet-Gordon, in: JEA 46, 1959, 23), die ursprünglich für Sethos I. angefertigt und für Osorkon II. wiederverwendet und neu beschriftet wurde (s. Sourouzian, in: FS Gaballa, 97–105). Der Text L7 wäre also in die 22. Dynastie, oder für den Fall, dass es sich ungeachtet der Parallelen doch um einen späteren Osorkon handeln würde, spätestens in die 23. Dynastie zu datieren. Nach Koenig (in: CRIPEL 9, 1987, 31) ist aufgrund der Paläographie sowie spezifischer Schreibungen mindestens für einen Teil der Texte, den hier bearbeiteten mit eingeschlossen, eine Datierung in die 21. Dynastie anzunehmen. Auch der Name der Besitzerin, Buiruharchons „Sie haben Chons nicht geplündert“ (Thirion, in: RdE 33, 1981, 83–84) liefert einen Hinweis zur zeitlichen Einordnung. Namen von diesem Typ sind inhaltlich und sprachlich ab der 21. Dynastie belegt (JWIS I, 277; Guentch-Ogloueff, in: BIFAO 40, 1940, 124 und 133; Jansen-Winkeln, Äg. Biogr. der 22. und 23. Dyn., 192; Thirion, in: RdE 33, 1981, 83–84), was als Terminus post quem zur paläographischen Datierung passt.
Description
- Amulettpapyri wie der hier vorliegende Text wurden aufgerollt in einem kleinen Behälter, der aus Leder, Holz oder Metall gearbeitet sein konnte (vgl. Ray, in: JEA 58, 1972, 151–153; Bourriau/Ray, in: JEA 61, 1975, 257–258), um den Hals getragen und diente somit als Apotropaion (vgl. hierzu Roß, Schutz von Kindern, 40–44). Die Amulette wurden vermutlich in erster Linie für Kinder hergestellt (vgl. Roß, Schutz von Kindern, 26–36; Adderly, Personal Religion, 193; Edwards, HPBM 4, xvi), wobei es Hinweise darauf gibt, dass es sich um Säuglinge oder sehr junge Kinder gehandelt haben könnte (Roß, ebd.). Wilfong (in: JEA 99, 2013, 295–300) geht davon aus, dass die Länge des beschrifteten Papyrusstreifens mit der Größe des Kindes korreliert werden kann. Mittlerweile ist auch ein Orakeldekret für eine schwangere Frau belegt (pIFAO H40: Koenig, in: BIFAO 118, 2018, 233–239), doch ist der Text leider nur fragmentarisch erhalten, so dass keine Rückschlüsse auf die ursprüngliche Länge des Dokumentes erzielt werden können.
Owner: Privatperson
Bibliography
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– I. E. S. Edwards. Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series: Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom I. Text. London 1960, 63–73. [*Ü, *K]
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– I. E. S. Edwards. Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series: Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom II. Plates. London 1960, pl. XXII–XXVI. [*T, *P]
-
– A. Fabretti et. al. Regio Museo di Torino. Antichità egizie. Vol. 1: Catalogo generale dei musei di antichità e degli oggetti d’arte raccolti nelle gallerie e biblioteche del Regno 1.1. Torino 1882, 259. [Erwähnung]
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– T. G. Wilfong. The Oracular Amuletic Decrees: A Question of Length. In: JEA 99 (2013), 295–300. [K]
-
– A. Grams. Der Gefahrenkatalog in den Oracular Amuletic Decrees. In: SAK 46, 2017, 55–100. [K]
- – A. Roß. Der Schutz von Kindern im alten Ägypten. Die religiösen und soziokulturellen Aspekte der Oracular Amuletic Decrees. Göttinger Miszellen Beihefte 17. Göttingen 2019. [K]
File protocol
- Ersteingabe: Anke Blöbaum, 15. April 2021
Please cite as:
(Full citation)Anke Blöbaum, with contributions by Lutz Popko, "pTurin Cat. 1984" (Object ID 4YUJGMQJONHJNAKYOVDEO3G46A) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/4YUJGMQJONHJNAKYOVDEO3G46A>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Corpus issue 19, Web app version 2.2.0, 11/5/2024, ed. by Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning on behalf of the Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften and Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils on behalf of the Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (accessed: xx.xx.20xx)(Short citation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/4YUJGMQJONHJNAKYOVDEO3G46A, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (accessed: xx.xx.20xx)
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