pBM EA 10321, OAD L5(Objekt-ID BGYRIJKWDVBHZHZHACOKAG46EA)


Persistente ID: BGYRIJKWDVBHZHZHACOKAG46EA
Persistente URL: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/BGYRIJKWDVBHZHZHACOKAG46EA


Datentyp: Objekt


Objekttyp: Schreibblatt


Material: Papyrus

Maße (H×B(×T)): 50 × 5,5 cm


Zustand: fragmentarisch

Kommentar zur Materialität

  • Der Text ist nicht vollständig erhalten. An beiden Seiten sind die Ränder mal mehr mal weniger stark beschädigt. Der Textverlust hält sich aber in Grenzen und kann in den meisten Fällen sicher erschlossen werden. Von der ursprünglichen Länge ist ein Teil unbekannter Größe verloren. Der erhaltene Papyrusstreifen ist 50 cm lang und 5,5 cm breit. Es ist schwer zu entscheiden, wie groß der tatsächliche Textverlust ist. Der erhaltene Papyrusstreifen ist 50 cm lang und 5,5 cm breit. Es ist schwer zu entscheiden, wie groß der tatsächliche Textverlust ist. Laut Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 29) beginnt dieser Text anders als die anderen Texte auf der Seite des Papyrus, bei der die Fasern horizontal liegen. Hier findet sich bei dem vorliegenden Papyrus die übliche Einführung des orakelgebenden Gottes und die Vorstellung des Amulettbesitzers. Am unteren Ende ist ein Teil des Textes verloren. Nach Edwards Zuordnung (ebd.) würde somit in der Mitte des Textes ein nicht näher zu bestimmender Teil fehlen und das erhaltene Ende des Amuletts würde sich auf der anderen Seite befinden. Zu erwarten wäre aber, dass das Amulett in einer Schlussformel endet. Dies ist allerdings nicht der Fall. Denn die Seite endet in einem einfachen Versprechen (jw=j (r) šdi̯=f r ḥdp nb.t šnn jr.t nb.t „Ich werde ihn schützen vor jeglichem Anhalten (und) Leid/Schmerz an jedem Auge.“). Da Einführung der Götter und Vorstellung des Amulettbesitzers im Verlauf des Textes wiederholt werden können, dürfte es sich also genau anders herum verhalten: Der Text beginnt genau wie alle anderen auch auf der Seite, auf der die Fasern vertikal liegen (Recto) und somit ist der tatsächliche Beginn des Textes nicht erhalten. Die zweite Seite, also das Verso, beginnt ebenso wie beim Text T2 (pTurin Cat. 1985) (zufällig) mit der Einführung der Götter und der Vorstellung des Amulettbesitzers, die an dieser Stelle wiederholt werden. Das Ende des Textes mit der zu erwartenden Schlussformel ist verloren.
  • Es mag zunächst etwas irritieren, dass die Seite des Textes als „Recto“ bezeichnet wird, bei der die vertikalen Fasern oben liegen. Die Oracular Amuletic Decrees sind generell auf sehr schmalen und zum Teil enorm langen Papyrusstreifen notiert worden. Wie haben die Schreiber diese Streifen hergestellt? Die einfachste Methode ist die, einen schmalen Streifen von einer bereits vorbereiteten Rolle abzuschneiden. Edwards hat bei einer Untersuchung der Klebungen Hinweise auf genau dieses Vorgehen festgestellt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii). So konnte er bei einer Reihe von Texten, Klebungen in regelmäßigen Abständen feststellen, die auf eine vorgefertigte Rolle hindeuten. Allerdings erwähnt er auch, dass es Texte gibt, die unregelmäßige Abstände bei den Klebungen aufweisen bzw. aufzuweisen scheinen (ebd.). Daraus zieht er den Schluss, dass es für die Herstellung der OAD keine festgelegte Methode gab, sondern die Schreiber vielmehr das Material verwendeten, das sie gerade zur Hand hatten; seien es Abschnitte einer Rolle, oder anderweitige Streifen, bzw. eine Kombination aus beidem. Als Beispiel eines zusammengestückelten Papyrus führt er insbesondere Papyrus London BM EA 10320 (L4) an (ebd.). Dieser Papyrus beginnt mit einem Stück auf dem neun Zeilen des Textes erhalten sind, bei dem aber die horizontalen Fasern oben liegen Dieses Stück ist an den Streifen mit vertikalen Fasern angeklebt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 27). Genau diesen Papyrus möchte ich allerdings als wichtigen Hinweis dafür benennen, dass die Schreiber in der Regel einen schmalen Streifen von einer vorbereiteten Rolle abgeschnitten haben. Das kurze Stück mit dem anderen Fasernverlauf ist doch zweifelsfrei ein sog. Schutzblatt bzw. protocollon zu Beginn einer Papyrusrolle (vgl. Turner, The Terms Recto and Verso, 28–29), das in diesem Fall entgegen der allgemeinen Praxis ebenfalls beschriftet wurde. Die Klebung zeigt zudem deutlich an, dass es sich um das Recto der betreffenden Rolle handeln muss (An dieser Stelle möchte ich Nadine Quenouille für ihre papyrologische Expertise und Einschätzung sehr herzlich danken). Der Schreiber hat also den Streifen von einer neuen Rolle abgeschnitten und dann zur Beschriftung um 90 Grad gedreht. Es handelt sich also papyrologisch um ein „transversa carta“ (Turner, The Terms Recto and Verso, 29; Bülow-Jacobson, in: Oxford Handbook of Papyrology, 21–22), ähnlich wie es bei spätramessidischen Briefen zu beobachten ist (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii [7] mit Verweis auf Černý, LRL, xvii-xx).
  • Festzuhalten ist folglich, dass auch der hier vorliegende Text auf dem Verso beginnt und auf dem Recto fortgesetzt wird, und zwar, nachdem der Schreiber den Papyrusstreifen über die Längsseite gedreht hat, sodass der Textbeginn auf der Rückseite auf dem Textbeginn der Vorderseite zu liegen kommt. Zur Herstellung eines solchen Amulettpapyrus musste eine Papyrusrolle oder ein Teil einer Rolle der Länge nach in schmalen Streifen geschnitten werden.


  • Fundort

    • Theben
      Gewissheit: probable
      Ist der ursprüngliche Nutzungsort: Ja
      Kommentar zu diesem Ort: Die genaue Herkunft des Papyrus ist nicht bekannt. Edwards (1960, xiii) geht von einer Herkunft aus Theben aus, die er vor allem an den im Text genannten Gott festmacht. Der Gott, der das Orakel gibt, ist Month-Re-Harachte, der Herr von Theben, für den als Kultort das „Südliche Heliopolis“, in diesem Fall, also Karnak genannt ist.
      Die beiden Namen des Besitzers des Amuletts, Paditaweretischeru „Den die Große von Ascheru gegeben hat“ und Djedmonthiuefanch „Month sagt, dass er leben soll“ (Jansen-Winkeln 2006, 219) sind aufgrund der Götternamen ebenfalls mit dem thebanischen Raum zu verbinden.


Aktueller Ort

  • British Museum
    Inventarnummer(n): EA 10321
    Ist an diesem Ort: Ja
    Kommentar zu diesem Ort:
    Der Papyrus wurde von dem Antikenhändler Giovanni Anastasi, vermutlich während seiner Zeit als Schwedisch-Norwegischer Consul, in Ägypten angekauft. Insgesamt 1129 Objekte der Sammlung Anastasi wurden zwischen dem 23. und 27. Juni 1857 bei einer öffentlichen Auktion in Paris versteigert. In der Gruppe der Objekte, die vom British Museum erworben wurden, befand sich der hier vorgestellte Papyrus sowie ein weiterer Orakelpapyrus (pBM EA 10308 = OAD L3). Im Auktionskatalog können die beiden Papyri aufgrund der zu allgemein gehaltenen Beschreibungen nicht eindeutig identifiziert werden. Möglicherweise handelt es sich um die Stücke no. 1061 und no. 1062, die als „Petit manuscrit hiératique de basse époque“ bzw. als „Fragment d’un petit manuscrit hiératique de basse époque“ bezeichnet sind (Lenormant, Catalogue, 92).


Datierung: 21. Dynastie  –  22.–23. Dynastie

Kommentar zur Datierung:

  • Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiii–xiv) geht von einer Datierung des gesamten Korpus der Amulettpapyri mit Orakeldekreten in die 22./23. Dynastie aus. Ein einziger Text
  • (L7: pBM EA 10730) liefert einen Hinweis auf die Datierung, denn er ist für einen Prinzen und zukünftigen General in der Armee eines Königs Osorkon geschrieben, bei dem es sich nach Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiv) und Ritner (Libyan Anarchy, 74) vermutlich um Osorkon I. handeln dürfte, während Jacquet-Gordon (in: Gs Sauneron I, 175, n. 5; Ead., in: BiOr 20, 1963, 32) und ihr folgend Verhoeven (Buchschrift, 13) von Osorkon II. ausgehen. Diese Datierung basiert auf Textparallelen im Text auf einer Statue aus Tanis (Kairo CG 1040 + CG 881 + Philadelphia E 16159: s. Jacquet-Gordon, in: JEA 46, 1959, 23), die ursprünglich für Sethos I. angefertigt und für Osorkon II. wiederverwendet und neu beschriftet wurde (s. Sourouzian, in: FS Gaballa, 97–105). Der Text L7 wäre also in die 22. Dynastie, oder für den Fall, dass es sich ungeachtet der Parallelen doch um einen späteren Osorkon handeln würde, spätestens in die 23. Dynastie zu datieren. Nach Koenig (in: CRIPEL 9, 1987, 31) ist aufgrund der Paläographie sowie spezifischer Schreibungen mindestens für einen Teil der Texte, den hier bearbeiteten mit eingeschlossen, eine Datierung in die 21. Dynastie anzunehmen.


Beschreibung

  • Amulettpapyri wie der hier vorliegende Text wurden aufgerollt in einem kleinen Behälter, der aus Leder, Holz oder Metall gearbeitet sein konnte (vgl. Ray, in: JEA 58, 1972, 151–153; Bourriau/Ray, in: JEA 61, 1975, 257–258), um den Hals getragen und diente somit als Apotropaion (vgl. hierzu Roß, Schutz von Kindern, 40–44). Die Amulette wurden vermutlich in erster Linie für Kinder hergestellt (vgl. Roß, Schutz von Kindern, 26–36; Adderly, Personal Religion, 193; Edwards, HPBM 4, xvi), wobei es Hinweise darauf gibt, dass es sich um Säuglinge oder sehr junge Kinder gehandelt haben könnte (Roß, ebd.). Wilfong (in: JEA 99, 2013, 295–300) geht davon aus, dass die Länge des beschrifteten Papyrusstreifens mit der Größe des Kindes korreliert werden kann. Mittlerweile ist auch ein Orakeldekret für eine schwangere Frau belegt (pIFAO H40: Koenig, in: BIFAO 118, 2018, 233–239), doch ist der Text leider nur fragmentarisch erhalten, so dass keine Rückschlüsse auf die ursprüngliche Länge des Dokumentes erzielt werden können.


Besitzer: Privatperson


Bibliographie

  • – I. E. S. Edwards. Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series: Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom I. Text. London 1960, 51–61. [*Ü, *K]
  • – I. E. S. Edwards. Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series: Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom II. Plates. London 1960, pl. XVIII–XXI. [*T, *F]
  • – E. Bresciani. Letteratura e poesia dell’antico Egitto. Cultura e società attraverso i testi. Neuauflage Turin 1999, 554–555 [Ü].
  • – G. Pinch. Magic in Ancient Egypt. London 2006, 37 Fig. 16a [P].
  • – J. H. Taylor. Ancient Egyptian Book of the Dead: Journey throught the Afterlife. British Museum. London 2010, no. 9 [P].
  • – T. G. Wilfong. The Oracular Amuletic Decrees: A Question of Length. In: JEA 99 (2013), 295–300.
  • – A. Grams. Der Gefahrenkatalog in den Oracular Amuletic Decrees. In: SAK 46, 2017, 55–100. [K]
  • – A. Roß. Der Schutz von Kindern im alten Ägypten. Die religiösen und soziokulturellen Aspekte der Oracular Amuletic Decrees. GM Beihefte 17, Göttingen 2019. [K]


Digitale Verweise

British Museum Y_EA10321
Trismegistos 381183

Datensatz-Protokoll

  • Ersteingabe: Anke Blöbaum, 17. Februar 2022


Autor:innen: Anke Blöbaum; unter Mitarbeit von: Lutz Popko
Datensatz erstellt: 17.02.2022, letzte Revision: 12.10.2023

Bitte zitieren als:

(Vollzitation)
Anke Blöbaum, unter Mitarbeit von Lutz Popko, "pBM EA 10321" (Objekt-ID BGYRIJKWDVBHZHZHACOKAG46EA) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/BGYRIJKWDVBHZHZHACOKAG46EA>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)
(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/BGYRIJKWDVBHZHZHACOKAG46EA, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)