pBM EA 10251, OAD L2(Objekt-ID R7MSXFQVEJAPTG6DJWKDZCIRE4)


Persistente ID: R7MSXFQVEJAPTG6DJWKDZCIRE4
Persistente URL: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/R7MSXFQVEJAPTG6DJWKDZCIRE4


Datentyp: Objekt


Objekttyp: Schreibblatt


Material: Papyrus

Maße (H×B(×T)): 92 × 7,5 cm


Herstellungstechnik: Binse


Zustand: fragmentarisch

Kommentar zur Materialität

  • Der Text ist nicht vollständig erhalten. Sowohl vom Anfang als auch vom Ende des Papyrusstreifens sind Stücke von unbekannter Länge verloren. Verlust von Text ist sowohl auf dem Recto als auch auf dem Verso zu Beginn des Textes sicher, eventuell sind auch noch Teile des Textes am Ende des Recto verloren. Darüber hinaus gibt es zwei Brüche (zwischen den Zeilen Rto. x+16–17 sowie den Zeilen Rto. x+22–23), wobei nicht ganz klar ist, ob der Text direkt anschließt, bzw. eine Passage verloren sein könnte. Der erhaltene Papyrusstreifen hat eine Länge von 92 cm und eine Breite von 7,5 cm. Der Text beginnt auf der Seite des Papyrus auf dem die vertikalen Fasern oben liegen (Recto, transversa carta).
  • Es mag zunächst etwas irritieren, dass die Seite des Textes als „Recto“ bezeichnet wird, bei der die vertikalen Fasern oben liegen. Die Oracular Amuletic Decrees sind generell auf sehr schmalen und zum Teil enorm langen Papyrusstreifen notiert worden. Wie haben die Schreiber diese Streifen hergestellt? Die einfachste Methode ist die, einen schmalen Streifen von einer bereits vorbereiteten Rolle abzuschneiden. Edwards hat bei einer Untersuchung der Klebungen Hinweise auf genau dieses Vorgehen festgestellt (Edwards 1960a, xii). So konnte er bei einer Reihe von Texten, Klebungen in regelmäßigen Abständen feststellen, die auf eine vorgefertigte Rolle hindeuten. Allerdings erwähnt er auch, dass es Texte gibt, die unregelmäßige Abstände bei den Klebungen aufweisen bzw. aufzuweisen scheinen (ebd.). Daraus zieht er den Schluss, dass es für die Herstellung der OAD keine festgelegte Methode gab, sondern die Schreiber vielmehr das Material verwendeten, das sie gerade zur Hand hatten; seien es Abschnitte einer Rolle, oder anderweitige Streifen, bzw. eine Kombination aus beidem. Als Beispiel eines zusammengestückelten Papyrus führt er insbesondere Papyrus London BM EA 10320 (L4) an (ebd.). Dieser Papyrus beginnt mit einem Stück auf dem neun Zeilen des Textes erhalten sind, bei dem aber die horizontalen Fasern oben liegen Dieses Stück ist an den Streifen mit vertikalen Fasern angeklebt (Edwards 1960a, 27). Genau diesen Papyrus möchte ich allerdings als wichtigen Hinweis dafür benennen, dass die Schreiber in der Regel einen schmalen Streifen von einer vorbereiteten Rolle abgeschnitten haben. Das kurze Stück mit dem anderen Fasernverlauf ist doch zweifelsfrei ein sog. Schutzblatt bzw. „protocollon“ zu Beginn einer Papyrusrolle (vgl. Turner 1978, 28–29), das in diesem Fall entgegen der allgemeinen Praxis ebenfalls beschriftet wurde. Die Klebung zeigt zudem deutlich an, dass es sich um das Recto der betreffenden Rolle handeln muss (An dieser Stelle möchte ich Nadine Quenouille für ihre papyrologische Expertise und Einschätzung sehr herzlich danken). Der Schreiber hat also den Streifen von einer neuen Rolle abgeschnitten und dann zur Beschriftung um 90 Grad gedreht. Es handelt sich also papyrologisch um ein „transversa carta“ (Turner 1978, 29; Bülow-Jacobson 2009, 21–22), ähnlich wie es bei spätramessidischen Briefen zu beobachten ist (Edwards 1960a, xii [7] mit Verweis auf Černý 1939, xvii-xx).


  • Fundort

    • Theben
      Gewissheit: probable
      Ist der ursprüngliche Nutzungsort: Ja
      Kommentar zu diesem Ort: Die genaue Herkunft des Papyrus ist nicht bekannt. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiii) geht bei den Oracular Amuletic Decrees generell von einer Herkunft aus Theben aus, die er vor allem an den in den Texten genannten Göttern festmacht. Der orakelgebende Gott in diesem Text ist dementsprechend Chons von Theben. Zudem stammt der Papyrus aus der Sammlung von James Burton, der zumindest die von ihm gesammelten Handschriften offenbar vornehmlich in Theben erworben hat; zumindest sind im Auktionsverzeichnis alle Handschriften (falls nicht eindeutig mit einer Herkunftsangabe versehen) als „(principally) found in the tombs at Thebes“ (Burton, Catalogue, 10, 23, 32) überschrieben.


Aktueller Ort

  • British Museum
    Inventarnummer(n): 10730
    Ist an diesem Ort: Ja
    Kommentar zu diesem Ort:
    Der Papyrus wurde im Jahr 1836 bei der Versteigerung von James Burton’s Sammlung zusammen mit zahlreichen anderen Antiken für das British Museum ankauft. Burton hatte von 1822 bis 1833 verschiedene Reisen in Ägypten unternommen, um altägyptische Denkmäler und Bauten zu dokumentieren, zudem hat er sich im thebanischen Raum auch archäologisch betätigt (Cooke, The Forgotten Egyptologist, 90–91; Bierbrier, who was who (5. Ed.), 81–82). Im Auktionsverzeichnis kann allerdings der Papyrus anhand der Beschreibungen und/oder Maßangaben nicht eindeutig identifziert werden. Da jedoch alle Handschriften (falls nicht eindeutig mit einer Herkunftsangabe versehen) als „(principally) found in the tombs at Thebes“ (Burton, Catalogue, 10, 23, 32) beschrieben werden, kann von einer Herkunft des Papyrus aus Theben ausgegangen werden.


Datierung: 21. Dynastie  –  22.–23. Dynastie

Kommentar zur Datierung:

  • Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiii–xiv) geht von einer Datierung des gesamten Korpus der Amulettpapyri mit Orakeldekreten in die 22./23. Dynastie aus. Ein einziger Text, nämlich L7: pBM EA 10730, liefert einen Hinweis auf die Datierung, denn er ist für einen Prinzen und zukünftigen General in der Armee eines Königs Osorkon geschrieben, bei dem es sich nach Edwards (1960, xiv) und Ritner (2009, 74) vermutlich um Osorkon I. handeln dürfte, während Jacquet-Gordon (in: BiOr 20, 1963, 32; in: FS Sauneron, 175, Anm. 5) und ihr folgend Verhoeven (Buchschrift, 13) von Osorkon II. ausgehen. Diese Datierung basiert auf Textparallelen im Text auf einer Statue aus Tanis (Kairo CG 1040 + CG 881 + Philadelphia E 16159: s. Jacquet-Gordon, in: JEA 46, 1960, 23), die ursprünglich für Sethos I. angefertigt und für Osorkon II. wiederverwendet und neu beschriftet wurde (Sourouzian, in: FS Gaballa, 97–105). Der hier vorgestellte Text L7 wäre also in die 22. Dynastie, oder für den Fall, dass es sich ungeachtet der Parallelen doch um einen späteren Osorkon handeln würde, spätestens in die 23. Dynastie zu datieren. Nach Koenig (in: CRIPEL 81, 1987, 31) ist aufgrund der Paläographie sowie spezifischer Schreibungen mindestens für einen Teil der Texte, den hier bearbeiteten eingeschlossen, eine Datierung in die 21. Dynastie anzunehmen.


Beschreibung

  • Amulettpapyri wie der hier vorliegende Text wurden aufgerollt in einem kleinen Behälter, der aus Leder, Holz oder Metall gearbeitet sein konnte (vgl. Ray, in: JEA 58, 1972, 151–153; Bourriau/Ray, in: JEA 61, 1975, 257–258), um den Hals getragen und diente somit als Apotropaion (vgl. hierzu Roß, Schutz von Kindern, 40–44). Die Amulette wurden vermutlich in erster Linie für Kinder hergestellt (vgl. Roß, Schutz von Kindern, 26–36; Adderly, Personal Religion, 193; Edwards, HPBM 4, xvi), wobei es Hinweise darauf gibt, dass es sich um Säuglinge oder sehr junge Kinder gehandelt haben könnte (Roß, ebd.). Wilfong (in: JEA 99, 2013, 295–300) geht davon aus, dass die Länge des beschrifteten Papyrusstreifens mit der Größe des Kindes korreliert werden kann. Mittlerweile ist auch ein Orakeldekret für eine schwangere Frau belegt (pIFAO H40: Koenig, in: BIFAO 118, 2018, 233–239), doch ist der Text leider nur fragmentarisch erhalten, so dass keine Rückschlüsse auf die ursprüngliche Länge des Dokumentes erzielt werden können.


Besitzer: Privatperson


Bibliographie

  • – I. E. S. Edwards. Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series: Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom I. Text. London 1960, 13–22. [*Ü, *K]
  • – I. E. S. Edwards. Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series: Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom II. Plates. London 1960, pl. IV–VI. [*T, *P]
  • – T. G. Wilfong. The Oracular Amuletic Decrees: A Question of Length. In: JEA 99 (2013), 295–300.
  • – A. Grams. Der Gefahrenkatalog in den Oracular Amuletic Decrees. In: SAK 46, 2017, 55–100. [K]
  • – A. Roß. Der Schutz von Kindern im alten Ägypten. Die religiösen und soziokulturellen Aspekte der Oracular Amuletic Decrees. GM Beihefte 17, Göttingen 2019. [K]


Digitale Verweise

Trismegistos 381254

Datensatz-Protokoll

  • Ersteingabe: Anke Blöbaum, 27. Juli 2022


Autor:innen: Anke Blöbaum
Datensatz erstellt: 28.07.2022, letzte Revision: 12.10.2023

Bitte zitieren als:

(Vollzitation)
Anke Blöbaum, "pBM EA 10251" (Objekt-ID R7MSXFQVEJAPTG6DJWKDZCIRE4) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/R7MSXFQVEJAPTG6DJWKDZCIRE4>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)
(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/R7MSXFQVEJAPTG6DJWKDZCIRE4, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)