Magischer Pfeiler im "Sanatorium"(Objekt-ID UREEJIUMD5GZRCHIOD5GSX5KKU)


Persistente ID: UREEJIUMD5GZRCHIOD5GSX5KKU
Persistente URL: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/UREEJIUMD5GZRCHIOD5GSX5KKU


Datentyp: Objekt

Komponenten: Sockel


Material: Sandstein

Maße (H×B(×T)): 135 × 40.5 × 31 cm


Herstellungstechnik: geschnitzt


Zustand: vollständig


  • Fundort

    • Dendara
      Gewissheit: certain
      Ist der ursprüngliche Nutzungsort: Ja
      Kommentar zu diesem Ort: Laut François Daumas wurde der Pfeiler von Emile Baraize in einem Korridor/Gang/Flur (Castel 2020: Corridor E, westlicher Teil) des sogenannten Sanatoriums von Dendara in horizontaler Position so gut wie in situ gefunden (Daumas 1957, 41). Baraize hat dieses Sanatorium möglicherweise im Jahr 1914 oder in der Kampagne von 1919-1920 während der Freilegung des ptolemäischen Mammisis entdeckt (Lacau 1920). Etwa vier Meter westlich des Sanatoriums wurde im August 1916 eine fast quadratische kleine Kapelle des Mentuhotep Nebhepetre bei Sebach-Arbeiten freigelegt (Daressy 1917, 226; Daumas 1969, 17). Das stark beschädigte Gebäude zeichnet sich durch Flure mit einer Flucht von kleinen Zimmern mit jeweils einer Nische in der Rückwand, durch einige Mauern in gebrannten Ziegeln und durch vier Bäder oder Bassins für Flüssigkeiten in einem 1,67 m tiefer liegenden Bereich in der Mitte des Gebäudes aus. Ein Bericht von Baraize oder Photos der ursprünglichen Fundsituation sind bislang unbekannt oder unpubliziert, es kann nicht nachgewiesen werden, ob Baraize den Pfeiler wirklich in Korridor E gefunden oder ihn dort bloß zwischengelagert hat. Auf einem Photo aus dem Jahr 1931 liegt der Block jedenfalls auf einer dicken Ziegelmauer zwischen dem Korridor und den „Bädern“ (Cauville 2004, 30, Fig. 2). Die von Daumas angedachte Positionierung des Pfeilers in einer der rechteckigen Aussparungen im Bodenmörtel des Korridors E (Daumas 1957, 49 und Taf. XIII.B, XIV) kann laut Castel wegen der divergierenden Maße von Pfeiler und Bodenaussparungen nicht stimmen (Castel 2020, 91). Sofern es einen Zusammenhang zwischen dem Pfeiler und den „Bädern“ gegeben hat, kann also nicht ausgeschlossen werden, dass der Pfeiler z.B. auf einem tieferen Niveau bei den Bädern gefunden und aus praktischen Gründen von Baraize hinaufgebracht worden ist.


Aktueller Ort

  • Dendara
    Inventarnummer(n):
    Ist an diesem Ort: Ja
    Kommentar zu diesem Ort:
    Dendara, bis in den 1990er Jahren im „Sanatorium“, heute im Lapidarium (Freilichtmuseum) im nordöstlichen Vorhof des Hathorkomplexes. Seit der Restaurierung des „Sanatoriums“ in den Jahren 1996-1999 (BIFAO 97, 1997, 339, 402; BIFAO 98, 1998, 515-516; BIFAO 100, 2000, 505-506) nicht mehr in oder neben Korridor E des „Sanatoriums“.


Datierung: 2. Jhdt. v.Chr.  –  1. Jhdt. n.Chr.

Kommentar zur Datierung:

  • Der Form der Hieroglyphen sowie der Orthographie der Wörter nach zu urteilen, stammt der Pfeiler aus der griechisch-römischen Zeit. Eine detaillierte paläographische Studie der in Dendara verwendeten Hieroglyphen existiert noch nicht, so dass auf diesem Weg aktuell keine genauere Datierung möglich ist. Nichtdestotrotz erkennt Daumas (1957, 56-57: nb-Korb, k-Korb, Himmelszeichen, nw-Topf und Ei) epigraphische Merkmale, die seiner Meinung nach für die Römerzeit, genauer für die Zeit vor dem Ende des 1. Jhs. n. Chr., sprechen. Auffällig ist die hieratische Form der rückwärts laufenden Beinchen (D55) bei den Substantiven ḫft.jw und smꜣy.w (Z. 1), die sich auch auf dem großen Hathortor (Zeit: Domitian) und im römischen Mammisi (Zeit: Trajan) findet. Cauville (2004, 29) datiert das Gebäude wegen der Höhe des Nutzungshorizonts in die Ptolemäerzeit und denkt konkret an die Zeit Ptolemaios VIII. Euergetes II., während dessen Regierungszeit ebenfalls eine Barkenkapelle beim Heiligen See und der vordere Bereich des Mammisis von Nektanebo errichtet wurden. Für Castel ist der Nutzungshorizont in Dendara nicht überall gleich, so dass dieses nicht als Datierungskriterium ausreicht. Er datiert den Bau des „Sanatoriums“ aus architektonischen Gründen hypothetisch in der Mitte des 1. Jhs. n. Chr., weil er einen Zusammenhang mit der unvollendeten steinernen Umfassungsmauer annimmt, für den er eine Datierung in der Mitte des 1. Jhs. n. Chr. annimmt (Castel 2020, 100). Allerdings ist das Datum „Mitte des 1. Jhs. n. Chr.“ zu korrigieren. Die Fundamentierung der Umfassungsmauer fand gleichzeitig mit der Fundamentierung des Pronaos statt und der komplette hintere Bereich der Umfassungsmauer in Höhe von Pronaos und Naos wurde parallel zum Bau des Pronaos im Rohbau fertiggestellt (Zignani 2010, 149-150). Der Pronaos wurde irgendwann nach 27/26 v. Chr. gebaut und war 34 n. Chr. fertig (Zignani 2010, 37-38), d.h. die architektonische Datierung des „Sanatoriums“ durch Castel müsste irgendwo grob um die Jahrtausendwende einzuordnen sein. Falls der Pfeiler in irgendeiner Weise zur Ausschmückung dieses Gebäudes gehört hat (Castel äußert sich nicht dazu), dürfte er nicht älter sein. Falls der Pfeiler jedoch zu den Bädern oder Becken gehört hat, die Castel einem Vorgängerbau zuweist, kann er nicht jünger sein. Weil das „Sanatorium“ laut Castel in wirklichkeit ein provisorischer Tempel für Hathor war, kann man seine architektonische Datierung insgesamt hinterfragen, denn wozu wäre das Gebäude um die Jahrtausendwende noch genutzt bzw. erst errichtet worden, wenn die Göttin Hathor schon im Jahr 29 v. Chr. Einzug in ihr Sanktuar gehalten hat (Zignani 2010, 37).


Beschreibung

  • Pfeiler von 40,5 x 31 cm (Breite x Tiefe) und 1,35 m Höhe, dessen breiteste Seite sich nach oben hin leicht verjüngt (Daumas 1957, 41). Eine breite Seite ist undekoriert und stützte früher einmal gegen eine Wand. Die gegenüberliegende breite Seite enthält 5 Textkolumnen, von links nach rechts geschrieben. Die beiden Schmalseiten waren für jeweils 3 Textkolumnen eines gemeinsamen Textes vorgesehen, aber am Ende musste bei der zweiten Schmalseite (links von der Hauptseite) noch eine Kolumne außerhalb des vorgesehenen Feldes eingequetscht werden, um den Text vollständig kopieren zu können. Die Positionierung und Orientierung der Texte sowie die undekorierte Fläche führen zu dem Schluss, dass die breite Seite mit den 5 Textkolumnen die „Vorderseite“ des Pfeilers ist. Auf der Oberseite des Pfeilers findet sich ein massiver Steinzapfen von 18 x 14 cm (ob so Breite x Tiefe gemäß Daumas 1957, Taf. XIII.B) von 4 cm Höhe (Daumas 1957, 41), der laut Daumas einmal eine Statue (?) oben auf dem Pfeiler in Position gehalten haben dürfte. Die Vertiefungen im Bodenmörtel des Korridors E haben die Maße ca. 38 x 27/30 cm (Tiefe x Breite) und ruhen mit der schmaleren Seite gegen die Rückwand (Castel 2020, 91). Sie gehören zu geringfügig kleineren Pfeilern oder Sockeln als unser Sockel, haben allerdings die kurze Seite zur Wand gerichtet, wie man es eigentlich auch für einen Statuensockel erwartet. Zum Vergleich: die Heilstatue des Djedhor in Kairo (JE 46341) hat eine Grundfläche von ca. 44 x 26 cm (Tiefe x Breite) (mit Sockel: 94 x 56 cm) und würde nicht auf die Pfeileroberseite von 40,5 x 31 cm (Breite x Tiefe) passen. Ob der Pfeilersockel dann eher für eine kleine Horusstele gedacht gewesen sein könnte? Zum Vergleich: der Sockel der Metternichstele ist 33,5 cm breit und 14,4 cm tief; der Sockel der Horusstele Kairo CG 9402, der einen Wasserauffangbehälter integriert hat, ist 64 cm breit und 55 cm tief.


Besitzer: Gott


Bibliographie

  • – F. Daumas, Le sanatorium de Dendara, in: BIFAO 56, 1957, 35-57 und Taf. I-XIV (hier 42-47 und Taf. II) [P,H,Ü,K]
  • – F. Daumas, Dendara et le temple d’Hathor: Notice sommaire (RAPH 29), Le Caire 1969, 80-81 [Ü von 1-8]
  • – J.F. Quack, La magie au temple, in: Y. Koenig (Hrsg.), La magie en Égypte: à la recherche d’une définition. Actes du colloque organisé par le musée du Louvre les 29 et 30 septembre 2000, Paris 2002, 41-68 (hier: 52-54) [Ü]
  • – G. Castel, Le „sanatorium“ de Dendara: Nouvelle interprétation à la lumière d’une étude architecturale, in: BIFAO 120, 2020, 87-128 (https://www.ifao.egnet.net/bifao/120/4/) [K]
  • – S. Cauville, Dendera (Guide archéologique de l’Institut Français du Caire) (Bibliothèque générale 12), Le Caire 1995, 90 [K]
  • – S. Cauville, Dendara: du sanatorium au tinctorium, in: BSFE 161, 2004, 28-40 [K]
  • – P. Zignani, Le temple d’Hathor à Dendara. Relevés et étude architecturale (Bibliothèque d’étude 146), Le Caire 2010 [K]


Datensatz-Protokoll

  • – P. Dils, Ersteingabe, 18. März 2022


Autor:innen: Peter Dils; unter Mitarbeit von: Lutz Popko
Datensatz erstellt: 18.03.2022, letzte Revision: 31.07.2024

Bitte zitieren als:

(Vollzitation)
Peter Dils, unter Mitarbeit von Lutz Popko, "Magischer Pfeiler im "Sanatorium"" (Objekt-ID UREEJIUMD5GZRCHIOD5GSX5KKU) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/UREEJIUMD5GZRCHIOD5GSX5KKU>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)
(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/UREEJIUMD5GZRCHIOD5GSX5KKU, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)