Satz ID ICIBh8dcFcnAA0OrtkKGgmZ0o6A
ca. 2Q A, x+2 unleserliche Reste von einem Zeichen ⸢⸮sb?⸣sb ca. 3 Q
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⸢⸮sb?⸣sb: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 23 [1]) vermutet hier den Anfang eines Versprechens. Er erkennt in den Resten am rechten Rand einen schlagenden Mann (A24), den er zu šdi̯ „retten/bewahren“ (Wb 4, 563.2–9) ergänzt. Dementsprechend versteht er die folgenden Zeichen als Suffixpronomen =st und Präposition r, wobei er einräumt, dass die Lesung nicht sicher sei. Danach folgt leidlich gut erkennbar sb, eine schwer zu identifizierende Gruppe, die auch Edwards nicht transkribiert sowie eventuell noch ein Füllstrich o.ä. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 23 [2]) vermutet eine korrupte Schreibung von sbḥ „Lepra“ (Černý, CED 148; Meeks, AL 77.3506; Lesko, Dictionary III, 33) mit Verweis auf pBM EA 10083 (L1), Rto. x+10. Der Rest der Zeile ist verloren, wobei noch minimale nicht erkennbare Tintenspuren auf dem Bruch erkennbar sind. Da die nächste Zeile mit šdi̯ beginnt, lässt sich aber sicher sagen, dass der Anfang des nächsten Versprechens noch in dieser Zeile geschrieben sein muss. Das spricht meiner Meinung nach gegen eine Lesung von sbḥ „Lepra“, das sonst nie allein sondern generell in Verbindung mit kꜣmn „Augenleiden/(erworbene) Blindheit“ (Grässler, Auge, 262) sowie dem „Wirken des Udjat-Auges“ genannt ist. Für die beiden folgenden Begriffe bietet die Zeile allerdings keinen Platz.
Die Lesung von Edwards kann ich ohnehin nur bedingt nachvollziehen. Die Spuren zu Beginn der Zeile sind nach meiner Ansicht so indifferent, dass die Lesung von A24 sowohl möglich als auch unmöglich erscheint, zumal der Rand nicht ganz erhalten zu sein scheint. Noch am besten zu erkennen ist zweifelsohne das s (S29) vor der Gruppe sb. Die Spuren zwischen s und sb kann ich nur schwer mit einer Lesung von t (X1) über r (D21) in Einklang bringen. Ohne jede Sicherheit würde ich eher ein b (D58) erkennen wollen, was zu einer Lesung ⸢⸮sb?⸣sb „versperren/verjagen“ (Wb 3, 434.3–4; Wilson, Ptol. Lexikon, 821–822) führen würde. Das Wort ist sonst nicht in den OAD belegt, könnte inhaltlich aber schon mit einer möglichen Gefährdung der Orakelbesitzerin in Verbindung gebracht werden. Die schwierige Gruppe am Ende des Wortes würde ich in diesem Zusammenhang mit aller gegebenen Unsicherheit als Doppelstrich (Z4) über dem schlagenden Arm interpretieren (D40). Durch den fehlenden Kontext sowie den unzureichenden Erhaltungszustand bleibt diese Lesung jedoch spekulativ. -
Anmerkung: Der Papyrus ist nur auf einer Seite beschrieben. Es scheint sich, wie bei den meisten anderen Papyri in diesem Corpus um die Seite zu handeln, bei der die vertikalen Fasern oben liegen (Recto, transversa carta).
Es mag zunächst etwas irritieren, dass die Seite des Textes als „Recto“ bezeichnet wird, bei der die vertikalen Fasern oben liegen. Die Oracular Amuletic Decrees sind generell auf sehr schmalen und zum Teil enorm langen Papyrusstreifen notiert worden. Wie haben die Schreiber diese Streifen hergestellt? Die einfachste Methode ist die, einen schmalen Streifen von einer bereits vorbereiteten Rolle abzuschneiden. Edwards hat bei einer Untersuchung der Klebungen Hinweise auf genau dieses Vorgehen festgestellt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii). So konnte er bei einer Reihe von Texten, Klebungen in regelmäßigen Abständen feststellen, die auf eine vorgefertigte Rolle hindeuten. Allerdings erwähnt er auch, dass es Texte gibt, die unregelmäßige Abstände bei den Klebungen aufweisen bzw. aufzuweisen scheinen (ebd.). Daraus zieht er den Schluss, dass es für die Herstellung der OAD keine festgelegte Methode gab, sondern die Schreiber vielmehr das Material verwendeten, das sie gerade zur Hand hatten; seien es Abschnitte einer Rolle, oder anderweitige Streifen, bzw. eine Kombination aus beidem. Als Beispiel eines zusammengestückelten Papyrus führt er insbesondere Papyrus London BM EA 10320 (L4) an (ebd.). Dieser Papyrus beginnt mit einem Stück auf dem neun Zeilen des Textes erhalten sind, bei dem aber die horizontalen Fasern oben liegen Dieses Stück ist an den Streifen mit vertikalen Fasern angeklebt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 27). Genau diesen Papyrus möchte ich allerdings als wichtigen Hinweis dafür benennen, dass die Schreiber in der Regel einen schmalen Streifen von einer vorbereiteten Rolle abgeschnitten haben. Das kurze Stück mit dem anderen Fasernverlauf ist doch zweifelsfrei ein sog. Schutzblatt bzw. „protocollon“ zu Beginn einer Papyrusrolle (vgl. Turner, The Terms Recto and Verso, 28–29), das in diesem Fall entgegen der allgemeinen Praxis ebenfalls beschriftet wurde. Die Klebung zeigt zudem deutlich an, dass es sich um das Recto der betreffenden Rolle handeln muss (An dieser Stelle möchte ich Nadine Quenouille für ihre papyrologische Expertise und Einschätzung sehr herzlich danken). Der Schreiber hat also den Streifen von einer neuen Rolle abgeschnitten und dann zur Beschriftung um 90 Grad gedreht. Es handelt sich also papyrologisch um ein „transversa carta“ (Turner, The Terms Recto and Verso, 29; Bülow-Jacobson, in: Oxford Handbook of Papyrology, 21–22), ähnlich wie es bei spätramessidischen Briefen zu beobachten ist (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii [7] mit Verweis auf Černý, LRL, xvii-xx).
Persistente ID:
ICIBh8dcFcnAA0OrtkKGgmZ0o6A
Persistente URL:
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ICIBh8dcFcnAA0OrtkKGgmZ0o6A
Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Anke Blöbaum, unter Mitarbeit von Svenja Damm, Daniel A. Werning, Satz ID ICIBh8dcFcnAA0OrtkKGgmZ0o6A <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ICIBh8dcFcnAA0OrtkKGgmZ0o6A>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ICIBh8dcFcnAA0OrtkKGgmZ0o6A, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)
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