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ꜥpnn.t: Meist mit einer Schlange; in Eb 427, 727 und (in der Schreibung [p]ꜥnn.t) in Ram III B 8 mit einem Tierfell klassifiziert. In Eb 576 werden sieben Stück davon verwendet. In Eb 474 = H 157 wechselt es mit ꜥnꜥr.t, das mit einer Schlange klassifiziert ist und von dem gesagt wird, dass es im Wasser lebt.
Es gibt folgende Bedeutungsvorschläge:
(1) „Schlange“. Dieser Vorschlag wurde schon von Stern, in: Ebers, Papyros Ebers, Bd. 2, 9 vorgebracht, der einen Zusammenhang mit koptisch ⲟⲃⲓⲟⲛ erwägt. Ebers, Kapitel über die Augenkrankheiten, 169, Anm. 180 weist diese Vermutung zurück, weil koptisch ⲟⲃⲓⲟⲛ wohl auf griechisch ὄφις zurückgehen dürfte. Chassinat, Papyrus médical copte, 214-215 schließt sich Ebers’ Argument an. Dennoch hält er es für möglich, dass man ein ꜥpnn.t-Tier mit Schlangenklassifikator von dem ꜥpnn.t-Tier mit Tierfellklassifikator trennen sollte und in ersterem eine Schlange vermuten könnte. Es besteht jedoch kein zwingender Grund, von zwei verschiedenen Tieren auszugehen. Die ägyptische Taxonomie baut ihre Kategorien nach der Prototypensemantik auf, nicht wie die moderne westeuropäische Taxonomie nach der Merkmalssemantik. Die unterschiedliche Schreibung könnte darauf verweisen, dass das ꜥpnn.t-Tier in den „fuzzy boundaries“ zwischen den Tierkategorien [HIDE AND TAIL] und [SWORM] zu suchen ist, vgl. explizit Goldwasser, Wor(l)d Classification in Ancient Egypt, 58, Anm. 3 und zu dem Portmanteauwort „sworm“ < „snake“ + „worm“ Goldwasser, in: Gs Polotsky, 19. Die Bedeutung „Schlange“ findet sich ferner ohne Kommentar bei Luiselli, P. Boulaq 17, 22.
(2) Eine Art von Würmern; quasi als Verkleinerung des Vorschlages „Schlange“. Erstmals vorgebracht von Joachim, Papyros Ebers, 126 und 160 für die Belege im pEbers, in denen das Tier mit der Schlange klassifiziert wurde. Er scheint zu differenzieren zwischen den Schreibungen mit Schlange und denen mit Tierfell, bei denen er nur unbestimmt „āpnent-Thier“ schreibt und in Fußnoten jeweils auf Ebers’ Vorschlag „Maulwurf“ (hier Nr. 4) verweist (s. S. 100 und 159). In seinem Wortindex führt er auf S. 209 allerdings nur eine kombinierte Tierbezeichnung „āpnent-Wurm (Maulwurf)“ auf. Die Identifizierung mit Wurm wird von Wreszinski, Londoner Med. Papyrus und Pap. Hearst, übernommen. Im Wb 1, 180.6-7 wird auf Bedeutung 1 und 2 referiert: „Art Wurm oder Schlange“. Erneut reduziert auf die Übersetzung „Wurm“ findet sich das Tier bei Schott, in: ZÄS 65, 1930, 41 und Bommas, in: ZÄS 131, 2004, 102 bezüglich eines ꜥpwn.w (mit Schlangenklassifikator) geschriebenen Tieres auf pBM EA 10081, 36,9.
(3) „Eidechse“. Dieser Vorschlag stammt von Brugsch, in: ZÄS 20, 1882, 70, der ꜥpnn.t für den Vorläufer des koptischen ⲁϥⲗⲉⲗⲓ: „Eidechse“ hält. Sein Vorschlag ist nicht weiter verfolgt worden, und tatsächlich dürfte das koptische Wort auf älteres ḥfnn.t zurückgehen, vgl. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 406, s.v. ϩⲁϥⲗⲉ(ⲉ)ⲗⲉ.
(4) „Maulwurf“. Ein vorsichtiger Vorschlag von Ebers, Kapitel über die Augenkrankheiten, 301, Anm. 180, der auf dem wechselnden Klassifikator basiert. Der Maulwurf sei ein Tier, „der wie ein Wurm in der Erde lebt und diese durchwühlt“.
(5) „Fischotter“. In Eb 427 wird der ꜥmm-Körperteil des ꜥpnn.t-Tieres (mit Tierfell klassifiziert) verwendet. Chassinat, Papyrus médical copte, 214-215 vermutet hierin ein Rezept gegen Trichiasis: Auch in dem von ihm bearbeiteten koptischen Papyrus fände sich nämlich ein Rezept gegen Trichiasis, und weil ꜥmm das Gehirn bezeichne, könne man das ꜥmm n ꜥpnn.t von Eb 427 mit dem koptischen ⲁⲛⲅⲉⲫⲁⲗⲟⲥ ⲛ̅ⲟⲩϩⲟⲣ ⲙⲟⲟⲩ, dem „Gehirn des Fischotters“ verbinden. So dann auch Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne, 72, immerhin mit Fragezeichen. Jedoch ist die Deutung von ꜥmm als „Gehirn“ nicht völlig sicher und auch die Festlegung auf den Fischotter wirkt etwas apodiktisch und anscheinend dadurch motiviert, das mittelägyptische und das koptische Rezept in Übereinstimmung zu bringen. Den Vorschlag „Fischotter“ übernimmt Stegbauer in ihrer Bearbeitung des Schlangenzaubers auf pBM EA 9997 + 10309 im TLA [15. Aktualisierung, 31.10.2014] und in Stegbauer, Magie als Waffe gegen Schlangen, 228 und 233-234 mit der Begründung, dass der Fischotter dem Mungo ähnlich sehe und sich u.a. von Schlangen ernähren würde, weswegen die Verwendung vom Fleisch dieses Tieres gegen Schlangenbisse, wie im Brooklyner Schlangenpapyrus empfohlen, magisch sinnvoll sei.
(6) „Nacktschnecke“ („slug“). Dawson, in: JEA 18 (3/4), 1932, 150-151 hält ꜥmm nicht für eine Bezeichnung des Gehirns, sondern für Otolithen und andere kalkartige oder kieselartige Objekte. Das ꜥpnn.t-Tier sei eine Nacktschnecke, weil es ein kriechendes Tier bezeichnen müsse, eben eine kalkartige Absonderung, in dem Fall ein rudimentäres Gehäuse in ihrem Mantel, besitze, und weil nach Eb 576 sieben Stück davon verarbeitet werden und es demnach ein relativ kleines Tier sein muss. Auch in diesem Fall hängt die Identifizierung von ꜥpnn.t wesentlich an derjenigen von ꜥmm. Aus diesem Grund ist es methodisch problematisch, wenn Westendorf, Handbuch Medizin, 624 einerseits ꜥmm, anders als Dawson, als „Gekröse/Gehirn?“ versteht, andererseits bei ꜥpnn.t mit Verweis auf Dawson an „Schnecke?“ denkt. Die Argumente von Dawson sind von Iversen, in: JEA 33, 1947, 47-51 entkräftet worden, der u.a. das ꜥmm n pgg.t aufführt und darauf verweist, dass pgg.t contra Dawson keine Schnecke bezeichnet, sondern eine Kröte oder einen Frosch, ergo: ein Tier, das keine kieselartigen Objekte im Körper habe.
(7) „Wassermolch“. Barns, Five Ramesseum Papyri, 20 verweist auf Dawsons Vorschlag „slug“, diskutiert in der zugehörigen Anmerkung 20 aber auch Chassinats Vorschlag, den er jedoch ablehnt, und macht abschließend den unbegründeten Vorschlag „perhaps ‚newt‘“. Das findet sich auch mit Vorbehalt im DrogWb, 84 und bei Vernus/Yoyotte, Bestiaire, 277. Möglicherweise basiert auch Bardinets „salamandre d’eau“ (Bardinet, Papyrus médicaux, 313) hierauf. Leitz, Magical and Medical Papyri, 7, Anm. 37 wendet dagegen ein, dass es in Ägypten keine Molche gegeben habe.
(8) „Blutegel“. Nach Diskussion früherer Vorschläge und der expliziten Ablehnung der Vorschläge (2) (ohne konkreten Verweis auf Joachim), (5), (6) und (7) kommt Meeks, in: Fs Grenier, 533-535 zu dem Ergebnis, dass es sich bei ꜥpnn.t vielleicht um eine Blutegel-Art handeln könnte. Als Argument diente ihm hierbei, dass es groß genug sei, um es zur Verwendung in magischen und medizinischen Kontexten zu zerteilen, dass es andererseits klein genug sei, um (in Eb 576) zusammen mit Fliegen und Käfern verwendet zu werden. Im magischen pBM EA 9997 + 10309, Zeile 2,15-16 wird es in einem Kontext genannt, in dem Isis den Schlangen Arme und Beine nimmt, so dass Meeks daraus schließt, dass das ꜥpnn.t-Tier eben keine Beine habe (wobei der Kontext dieser Stelle weniger klar ist, als Meeks suggeriert). Im pBoulaq 17 wird es zwischen Fischen + Vögeln und Insekten + Würmern genannt, im späten pBM EA 10081, 36,9 (s. oben unter Nr. (3)) dagegen vor den Kriechtieren, den [ḥrj.w]-ẖt=sn. Daraus schließt Meeks, ebd., 534 auf einen „place charnière“ zwischen diesen Tiergruppen. Außerdem verweist er auf die Rezeptparallele Eb 474 = H 157: Während im pEbers das ꜥpnn.t-Tier verarbeitet wird, soll im pHearst das ꜥnꜥr.t-Tier verwendet werden. Dieses, noch ebenfalls unidentifizierte, Tier wird mit der Schlange klassifiziert. Ferner wird im chirurgischen pEdwin Smith, Fall 12, ein Blutgerinnsel in der Nase ꜥnꜥr.t genannt und mit dem ꜥnꜥr.t-Tier verglichen, „das im Wasser ist“ (ꜥnꜥr.t wnn.t m-m mw, Zeile 6,3). Das Tertium comparationis zwischen dem Blutgerinnsel und dem Tier ist unsicher, neben der Farbe („peut-être“ mit Meeks, ebd., 535) könnte man auch an die Form denken. All das lässt ihn in Betracht ziehen, in ꜥnꜥr.t und ꜥpnn.t zwei Arten von Blutegeln zu sehen.
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Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Lutz Popko, unter Mitarbeit von Peter Dils, Altägyptisches Wörterbuch, Daniel A. Werning, Token ID IBYCcamSgHhIQUa6hVhVgDbXamA <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/IBYCcamSgHhIQUa6hVhVgDbXamA>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
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