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ngmgm: Dieses Wort kommt in der Passage pRamesseum VII, B, x+13 – x+16 dreimal vor: (1a) Das erste Mal mit Einkonsonantenzeichen geschrieben und mit dem schlagenden Mann klassifiziert; (1b) das zweite Mal erneut mit Einkonsonantenzeichen geschrieben, aber dieses Mal ohne einen Klassifikator; (1c) das dritte Mal schließlich ist es mit zwei gm-Vögeln geschrieben, aber erneut ohne Klassifikator.
Der zeitlich nächste Beleg für dieses Verb stammt aus (2) einer Inschrift der Hatschepsut aus Deir el-Bahari, die einen Feldzug ihres Vaters, Thutmosis’ I., thematisiert (Popko, Geschichtsschreibung der Ahmosiden- und Thutmosidenzeit, 165-171 und 283, Kol. y+7). Dort ist es wie Beleg 1c mit zwei gm-Vögeln geschrieben, die aber zusätzlich jeweils mit einem m phonetisch komplementiert sind. Außerdem ist es mit dem sitzenden Mann mit Hand am Mund klassifiziert. (3) Der letzte Beleg stammt schließlich aus einer Stele Amenhoteps II. aus Karnak (Urk. IV, 1312.8; die größtenteils parallele Memphis-Stele enthält diese Notiz nicht, bietet also keinen zusätzlichen Beleg). Dieser Beleg ist wie Nr. (2) mit gm-Vogel und phonetischem Komplement geschrieben, allerdings nicht ngmgm, sondern abgekürzt ngm-zp-2. Außerdem ist es klassifikatorlos.
Insgesamt gibt es also für dieses seltene Verb zwei verschiedene Schreibungen und drei verschiedene Arten der Klassifikation (Nullklassifikation [∅], sitzender Mann mit Hand am Mund [A2], schlagender Mann [A24]): Zum einen die Schreibung mit Einkonsonantenzeichen (1a: A24; 1b: ∅); zum anderen die Schreibung mit dem gm-Vogel (1c: ∅; 2: ∅; 3: A24). Alle Belege sind intransitiv.
Trotz der verschiedenen Schreibungen ist wohl davon auszugehen, dass es sich um dasselbe Wort handelt (s.u.).
Wb kannte nur den Beleg (3) von der Stele Amenhoteps II. (Wb 2, 349.15), die dementsprechend die Basis für die Bedeutungsfindung bildete: Dem Kontext nach drückt es eine negative Handlung aus, denn es beschreibt etwas, was die Bewohner der Stadt Ikatji tun, r jri̯.t sḫr n(.j) ḫꜣꜥ tꜣ jwꜥ.yt n(.t) ḥm=f | [r-b]⸢nr⸣ m pꜣ dmj r pnꜥ ḥr pꜣ [wr n(.j) Jkṯj] n.tj ḥr mw n(.j) ḥm=f: „um einen Plan zur Vertreibung der Besatzung Seiner Majestät aus der Stadt zu schmieden, und um den [Fürsten von Ikatji], der Seiner Majestät gegenüber loyal ist, ‚umzudrehen‘.“ Wb setzt als Bedeutung für ngmgm „sich verschwören“ an. Diese Übersetzung wird in jüngeren Arbeiten i.d.R. übernommen: sowohl in Wörterbüchern (Hannig, HWb (Marburger Edition), 463, Nr. {16731} [NB: der dort durch eine zweite Nr. {16731} suggerierte zweite Beleg wird dieselbe Stelle meinen, nur dieses Mal im Kontext mit r]; Faulkner, CD, 142: „conspire“) als auch von Bearbeitern dieser Stele (bspw. Urk. IV, Übersetzung zu Heft 17-22, 36: „sich verschwören“; Der Manuelian, Studies in the Reign of Amenophis II, 228: „conspire“; Beylage, Aufbau der königlichen Stelentexte, 111: „Verschwörung anzetteln“; Klug, Königliche Stelen, 263: „sich verschwören“; Lundh, Actor and Event, 118: „conspire“). Ebenso Spalinger, Aspects of Military Documents, 60: „plot a conspiracy“. Spalinger vermerkt außerdem: „ngmgm served the same purpose as kꜣı͗ bštw m ı͗b [‚Aufruhr im Herzen planen‘, L.P.], and was probably interchangeable with it.“ Einzig Derchain-Urtel, in: GM 6, 1973, 40 weicht davon ab und vermutet eine Bedeutung „sich zusammenfinden, sich versammeln“.
Der Kontext von Beleg (2) ist leider zerstört, aber es ist ebenfalls eine Handlung der Feinde (der Klassifikator ist noch erhalten) beschrieben: m jn.wt=sn ḥr mdw.t [---]: „in ihren Tälern mit Worten (o.ä.) [---]“. Von einer Gleichsetzung mit dem ngmgm von Nr. (3) gehen implizit Redford, History and Chronology, 59 („plot“), Ratié, La Reine Hatchepsout, 221 („comploter“) und Popko, a.a.O., 169 („sich verschwören“) sowie explizit Lundh, a.a.O., Anm. 244 aus.
Auch für die Belege des pRamesseum VII – zeitlich die frühesten, aber bearbeitungsgeschichtlich die zuletzt berücksichtigten – geht bspw. Vernus von einer Gleichsetzung und zunächst auch von einer ähnlichen Bedeutung aus, die ein Bewegungsmoment beinhalten (vgl. das dt. „Aufruhr“). So übersetzt er die gesamte Passage zunächst (Vernus, in: LingAeg 17, 2009, 307-308) mit: „Si Geb a avalé, c’est de maniere qu’il ne soit-pas pris-de-remuements dans son ventre, de manière que son ennemi ne soit pas pris-de-remuements. Acceptez le ventre de Nout pour que mon ennemi ne soit pas pris-de-culbutes. II ne sera pas pris-de-culbutes, parce que je me suis donné quelque chose (/quelque chose m’a été donné). Si je vous ai avalé, c’est de manière que mon ennemi ne soit pas pris-de-remuements.“ Das Verb ngmgm leitet er von einer Wurzel gm(1) ab (explizit S. 307), deren Bedeutung er mit „triturer, malaxer“ (vgl. ebd., sowie S. 311 für das reduplizierte gmgm) bzw. „kneading, grinding up, fidgeting“ (vgl. sein Abstract S. 291) angibt. Auf diese Studie bezieht sich Meyrat, Papyrus magiques du Ramesseum, 8 und 20 mit den einzigen Unterschieden, dass er in Kol. B, x+14 die Lücke als zu lang für die Präposition m allein ansieht und sie daher offen lässt, und dass er am Beginn von B, x+15 nicht den Götternamen Nut ergänzt, sondern basierend auf Gardiner, Ramesseum Papyri, Taf. 23A, ẖ.t=j. An der Nuance des Verbs ändert das aber in seiner Übersetzung nichts: „Si Geb a avalé, c’est de maniere qu’il ne soit pas pris-de-remuements […] son ventre, de manière que ses ennemis ne soient pas pris-de-remuements. Acceptez [mon] ventre pour que mes ennemis ne soient pas pris de culbutes. II ne sera pas pris de culbutes, parce que quelque chose m’a donné. Si je vous ai avalés, c’est de manière que mes ennemis ne soient pas pris de remuements.“ Allerdings deutet Vernus, a.a.O., 309, Anm. 103 schon die Möglichkeit an, ngmgm auch mit einer Wurzel gm(2): „se repérer, se retrouver“ zu verbinden. Für diese Option plädiert er dann in Vernus, in: Fs Frandsen, 424-425 und 430 aufgrund des Belegs (3), den er in seiner früheren Studien nicht berücksichtigt hat. Dort findet er eine Bedeutung „se retrouver, s’entre-organiser“ angebrachter, also wie schon Derchain-Urtel, und übersetzt Nr. (3) mit: „[les rebelles] se mettaient à se retrouver/s'entre-organiser dans leurs vallees, a parler …“. Tatsächlich scheint diese Übersetzung besser zu passen; im Deutschen würde auch ein „zusammenfinden“ sowohl in Beleg (3) als auch (2) passen und würde sowohl eine Klassifizierung mit dem sitzenden Mann mit Hand am Mund (als Verb der sinnlichen Wahrnehmung) als auch eine mit dem schlagenden Mann (als Aktionsverb) nachvollziehbar erscheinen lassen: In Beleg (2) „verschwören“ sich die Bewohner nicht, um einen Plan zu schmieden, sondern sie „finden sich zusammen“, um einen Plan zu schmieden, und in Beleg (3) „verschwören“ sich die Feinde nicht in ihren Tälern, sondern sie „finden sich“ dort „zusammen“.
Es gibt jedoch noch ein Zusatzproblem: Vernus weist darauf hin, dass dieses Verb ngmgm intransitiv sei. In den Belegen 1a-c steht das Verb jedoch nach dem Negativverb tm: (1a) tm ngmgm=f, (1b) tm ngmgm ḫft.j.w=f, (1c) tm ngmgm.w ḫft.j.w=j. Hierbei nimmt es die Form des Negativkomplements an, die sich konkret in (1c) an der Endung w (mit Wachtelküken) zeigt. In dieser Konstruktion ist aber die Regel, dass das Subjekt dem tm folgt, wenn es pronominal ist, dagegen aber dem Negativkomplement, wenn es nominal ist: also tm=f sḏm.w gegenüber tm sḏm.w NN, s. GEG, § 343. Der Beleg (1a) müsste demzufolge tm=f ngmgm lauten und nicht, wie es dasteht, tm ngmgm=f. Verschiedene Lösungen dieses Problems ließen sich anbieten:
(a) Am einfachsten macht man es sich, wenn man diese Stelle zu einem Fehler erklärt und zu tm〈=f〉 ngmgm{=f} emendiert, oder zu tm ngmgm 〈ḫft.jw〉=f. Der zweite Vorschlag ließe sich damit begründen, dass auch an den drei übrigen Stellen ḫft.jw=f das Subjekt dieser Konstruktion ist.
(b) Das f nach ngmgm ist gar kein Suffixpronomen, sondern der erste Konsonant eines nominalen Subjekts, dessen Rest durch die anschließende Lücke verloren ist. Vgl. dazu Meyrats Vermutung, dass in der Lücke mehr als nur die Präposition m gestanden haben könnte.
(c) Nahe mit Option (a) verwandt, aber nicht identisch, wäre die Option, diese Stelle zu einer Ausnahme zu erklären.
(d) Solche scheinbaren Ausnahmen tm sḏm(.w)=f gibt es auch in anderen Texten. Schenkel, in: LingAeg 7, 2000, 5-6 diskutiert drei von ihnen, die er aber eher als Vollverb tm: „aufhören“ + anschließendes Subjektsnomen deutet: Seine drei Beispiele sind alle mit snḏ nach tm konstruiert, das natürlich sowohl als Verb als auch als Substantiv existiert. Wollte man diese Lösung auf pRamesseum VII übertragen, müsste man ngmgm=f als Subjektssatz interpretieren: „Sein Sich-zusammen-Finden hört auf“ o.ä. (NB: Eine Ausnahme bei der gegenteiligen Konstruktion, also einem falsch platzierten nominalen Subjekt, bietet bspw. PT 480, Pyr. § 998a, wo in der Version Pepis I. regelwidriges tm KN wnn m-ḫnt=ṯn steht und in der Version Pepis II. das regelkonforme [tm] wnn KN m-ḫnt=ṯn (s. im TLA).)
(e) Ähnlich zu Lösung (d) und vielleicht damit zusammenzubringen: Im Neuägyptischen folgt auf tm der Infinitiv, und laut GEG, § 344 kann das auch schon früher gelegentlich vorkommen. Das eröffnet die Möglichkeit, ngmgm=f zu einem Infinitiv im Status pronominalis zu deklarieren. Das Suffixpronomen würde dann das Agens, also das semantische Subjekt des Infinitivs, bezeichnen, vgl. Schenkel, Einführung 2012, 269.
(f) Nur eine Weiterführung von Lösung (e): Entgegen dem ersten Anschein und Vernus’ expliziter Notiz könnte ngmgm vielleicht auch transitiv sein. In dem Fall wäre ngmgm=f ein Infinitiv im Status pronominalis, wie in (e), aber das Suffixpronomen würde das Objekt und nicht das Subjekt benennen. Diese Lösung widerspricht allerdings der Untersuchung von Derchain-Urtel, in: GM 6, 1973, 39-54, wonach das n-Präfix eine mediale Bedeutung des präfigierten Verbs ausdrückt und damit ein direktes Objekt ausschließt.
Für eine der drei letzten Optionen spricht der Umstand, dass ngmgm in Beleg (1c) eine explizit (mit Wachtelküken) geschriebene w-Endung zeigt, in (1a) dagegen nicht. Das könnte ein Indikator dafür sein, dass in beiden Belegen verschiedene Verbformen vorliegen. Andererseits ist auch Beleg (1b) ohne w-Endung geschrieben (d.h. wie (1a)), hat aber ein nominales Subjekt und dieselbe Wortstellung wie (1c). Es ist vordergründig nicht ersichtlich, warum ngmgm in (1b) und (1c) unterschiedliche Verbformen annehmen sollte, obwohl sein syntaktisches Umfeld identisch ist.
[šzp] ẖ(.t)=f: Die Ergänzung bleibt spekulativ. Gardiner, Ramesseum Papyri, Taf. 23A schlägt als Ergänzung der Lücke fragend die Präposition m vor: [m] ẖ(.t)=f. Meyrat, Papyrus magiques du Ramesseum, 20 hält die Lücke dagegen für zu lang, um allein ein m zu enthalten. Er hat aber keinen Gegenvorschlag und lässt die Lücke offen. Contra Meyrat ist etwa in Kol. B, x+18 das m (ebenfalls vor einem ẖ(.t)) so groß, dass es die Lücke in B, x+14 fast komplett ausfüllen würde, so dass Gardiners Vorschlag weiterhin möglich bleibt. Dennoch wird hier nicht Gardiner gefolgt, sondern eine weitere Option vorgeschlagen: die Ergänzung von šzp. Dadurch ergäbe sich nämlich ein Parallelismus zum Satz im Wechsel von Kol. B, x+14-15. Das dort ohne Klassifikatoren geschriebene šzp wäre kurz genug, um in die Lücke zu passen. Auch die noch erhaltenen Zeichenreste könnten zu šzp passen. Das einzige Unpassende ist die diagonale Linie, die von der rechten Hälfte des ẖ nach rechts oben weggeht und bis zur Kolumnentrennlinie läuft. Diese lässt sich nicht mit einem šzp zusammenbringen. Da sie aber auch nicht zu Gardiners m gehören kann, hat er selbst diesem Strich also vielleicht keine Bedeutung beigemessen, so dass man sich fragen könnte, ob es sich überhaupt um einen Zeichenrest handelt und nicht vielleicht um eine Verfärbung des Papyrus oder einen überzähligen Strich, der bspw. bei der Einzeichnung der Kolumnentrennlinien entstanden ist.
Anders als am Ende der Kolumne passt unter das hier rekonstruierte šzp kein Suffixpronomen. Erklärt man die Stellen für parallel, hat das zur Folge, dass dieses šzp nur imperativisch gedeutet werden kann. Denn nur in dem Fall sind beide Formen syntaktisch identisch erklärbar: Das šzp tn am Ende der Kolumne wäre ein pluralischer Imperativ mit verstärkendem enklitischen Personalpronomen, und das [šzp] ∅ am Beginn wäre entweder ein singularischer Imperativ oder ebenfalls ein pluralischer Imperativ, nur ohne Verstärkung. Hier wird Letzteres präferiert.
nḫrḫr: Einmal mit schlagendem Mann klassifiziert und einmal ohne Klassifikator. Wb kennt nur ein klassifikatorloses nḫrḫr (Wb 2, 313.1) als seltene Handlung, die vom Gesicht einer Person (ḥr) gesagt wird. Laut dem Kontext des einzigen Beleges, den das Wb kennt (PT 369, Pyr. § 644d), verhindert Horus, dass dies mit dem Gesicht des verstorbenen Königs passiert. Wb vermutet „traurig sein o.ä.“. Diese Übersetzung passt zunächst auch in den wenigen anderen, seitdem neu hinzugekommenen Belegen (PT 67 [s. im TLA], und CT VII, 61c). In letzterer Stelle ist nḫrḫr ebenfalls Negativkomplement und zeigt, wie in pRamesseum VII, eine w-Endung (notiert auch von Schenkel, in: LingAeg 7, 2000, 61). Speziell in PT 369 wird zuvor gesagt, dass Horus die Augen des Königs erschaffen hat. Daher nimmt Sethe, Pyr. Übers., III, 190-191, Anm. zu § 644d an, dass nḫrḫr eher „ohne Sehkraft sein“ heißt. (NB: seine Alternativübersetzung „blöde sein“ bezieht sich nicht auf die heutige eingeengte Bedeutung dieses Wortes, sondern wird die heute außer Gebrauch geratene Bedeutung „körperlich schwach“ o.ä. meinen, s. Grimm/Grimm, Deutsches Wörterbuch, s.v. „blöde“, spez. Abschnitt 4-5.) Den Vorschlag „traurig sein“ des Wb lehnt Sethe dagegen explizit ab. Er überlegt ferner, ob das Wort mit nḫr, einem schlechten Zustand (Wb 2, 312.15), zusammenhängt sowie vielleicht auch mit dem unsicheren nḫr, mit dem er sich in Sethe, Dramatische Texte, 156 und 158-159 „abgequält habe“ (und sich letztlich dort für eine andere Lösung entscheidet). Nur der Vollständigkeit halber sei genannt, dass auch Hannig noch ein Verb nḫrḫr kennt (Nr. {16296}), dem er ebenfalls die Bedeutung „ohne Sehkraft sein“ gibt. Sein Beleg ist CT VII, 228j, wo der Satz beginnt mit: Schilfblatt und sitzendem Mann, nḫrḫr und sitzendem Gott. FECT III, 112 trennt diese Stelle dagegen anders auf und geht von dem defektiven Verbum dicendi jn/j.n aus, gefolgt von einer Götterbezeichnung Ḫrḫr: „‚(...)‘, says Ḫrḫr“. Ebenso Barguet, Textes des sarcophages, 416: „‚(...)‘, dit Ḫrḫr“. Dieser Interpretation folgt auch LGG V, 951a, wo dieser Sargtextbeleg als (einziger) Beleg für eine Gottheit Ḫrḫr: „Der Zerstörende (?)“ (< ḫrḫr: „zerstören“, Wb 3, 330.7) aufgenommen ist. Hannig, a.a.O. referiert zwar auf Fecht und Barguet, schlägt aber durch seine Transkription nḫrḫr eine andere Worttrennung vor: nicht j.n Ḫrḫr, sondern j Nḫrḫr: „O Nḫrḫr“ o.ä. Das heißt, sein verbaler Ansatz als Verb ist nur rekonstruiert, denn der sitzende Gott zeigt, dass auch bei Hannigs Worttrennung sein nḫrḫr eine (scil. von einem entsprechenden Verb abgeleitete) Gottesbezeichnung ist. Dies erklärt auch, warum sein Beleg ohne Klassifikator aufgenommen wurde. Die Übersetzung „ohne Sehkraft sein“ geht direkt auf Sethes Pyramidentexte zurück, wodurch klar wird, dass dieses Lemma {16296}, sofern man überhaupt an dessen Existenz glaubt, eigentlich identisch mit Wb 2, 313.1 wäre und kein davon zu trennendes Wort.
Doch warum sollten die Feinde in pRamesseum VII gerade nicht „traurig“ (Wb) oder „ohne Sehkraft“ (Sethe) sein? In diesem magischen Kontext erwartet man eigentlich das genaue Gegenteil: es wäre geradezu wünschenswert, seine Feinde „traurig“ oder „ohne Sehkraft“ zu sehen. Hannig, HWb (Marburger Edition), 451 führt, vielleicht deswegen, das hiesige Verb als eigene Nr. {50409} auf (vgl. Hannig, Wörterbuch II, 1324) und schlägt als Bedeutung „angreifen“ vor. Eine solche Bedeutung würde in pRamesseum VII tatsächlich sehr gut passen, ist aber eben nur geraten. Vernus, in: LingAeg 17, 2009, 293 und 301 übersetzt das Verb mit „se-prendre-de-culbutes, de basculements“, abgeleitet von der Wurzel ḫr: „fallen“; und in CT VII, 61c vermutet er a.a.O., 301, Anm. 52 die Bedeutung „se prendre d’inclinaisons“.
Derchain-Urtel, in: GM 6, 1973, 39-54 versucht eine Verbklasse mit dem Bildungsmuster nABAB zu etablieren, das eine Ableitung von einem Stamm AB ist und ähnlich einem medialen Genus Verbi eine Handlung ausdrückt, bei der deren Subjekt „die gleiche Handlung an sich selber, in seinem eigenen Interesse, in einer Bewegung auf sich selbst bezogen, ausführt“ (S. 43). Diese Handlung könne u.a. passive, reflexive, tolerative und reziproke Bedeutungen haben (S. 45). Ähnlich auch Vernus, in: LingAeg 17, 2009, 308: „L’action est manifestement présentée hors causation extérieure. Le participant unique est même temps l’espace où elle se déroule. Dans le case de nḫrḫr, le participant dans sa globalité est affecté. (...) L’action es présentée comme constituée de multiples phases homologues répétées, ou, au minimum, comme impliquant intrinsèquement un processus complexe.“ Auf dieser Basis wird hier vorgeschlagen, das Verb nḫrḫr von ḫr: „fallen, fällen“ (Wb 3, 319-321.5) abzuleiten, und als Behelfsübersetzung wird „sich in Unruhe versetzen“ vorgeschlagen. Das dürfte einer reflexiven und/oder reziproken Ableitung von „fallen, fällen“ nahekommen, und es ist als eine Handlung denkbar, die man sicher gern verhindert wissen will – sei es das eigene Gesicht betreffend wie auch die Feinde.
nn nḫrḫr.w=f ḥr rḏi̯.t n=j (j)ḫ.t: Nach den hier vorgeschlagenen Rekonstruktionen liegt in den Kolumnen B, x+13-16 eine Passage mit dem Satzmuster ABBA vor: Die (zuvor angerufenen?) Götter werden aufgefordert, den Leib des Gottes Geb (schützend) aufzunehmen, um ihn vor beginnenden schädlichen Handlungen seiner Feinde zu schützen (AB), und sie werden aufgefordert, den Leib des Patienten(?) (gleichermaßen) schützend aufzunehmen (B), wozu der Patient sie – vielleicht in Form essbarer Amulette oder von Heilwasser, das über entsprechende Darstellungen lief – in sich aufnimmt (A). Der Satz nn nḫrḫr.w=f ḥr rḏi̯.t n=j (j)ḫ.t ist der einzige, der dieses Muster sprengt und daraus das Muster ABBCA macht. Allerdings ist er auch in Vernus’ und Meyrats Übersetzung nicht sehr überzeugend.
ꜥm.n=j ṯn: Die Übersetzung als Koinzidenzfall ist nur ein Vorschlag, der darauf basiert, dass dem tm hier dieselbe finale/konsekutive Nuance gegeben wurde wie in den vorigen Sätzen, weshalb es naheliegt anzunehmen, dass auch die Verbform des übergeordneten Hauptsatzes, eben das ꜥm, eine auf die Zukunft gerichtete Aussage enthält, wie in den vorherigen Sätzen. Dieser Annahme steht die parallele Aussage ꜥm.n Gb tm ngmgm=f von B, x+13-14 entgegen, die nicht als Koinzidenzfall übersetzt werden kann; aber dieser Satz bietet auch noch andere Interpretationsschwierigkeiten und ist vielleicht korrupt.
Möglicherweise bietet sich aus der hier gewählten Übersetzung die Konsequenz, dass diese Passage den Anwendungsanweisungen, ergo: der Nachschrift, anderer magischer Sprüche entspricht und sich dieser Spruch damit seinem Ende nähert. Daher wird hier ein Spruchwechsel in der Lücke zwischen den Fragmenten B und C postuliert. Dieser Wechsel ist aber rein tentativ zu verstehen und soll nur als Anregung für eine weitere Diskussion um eine Strukturierung des Textes von pRamesseum VII dienen.
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Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Lutz Popko, unter Mitarbeit von Kay Christine Klinger, Daniel A. Werning, Token ID ICABaReL1g4Y50gyqZjNKmnL6l8 <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/ICABaReL1g4Y50gyqZjNKmnL6l8>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/ICABaReL1g4Y50gyqZjNKmnL6l8, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)
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