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ḥsb.t: Ein ḥsb.t genanntes Messer wird in den Fangnetzsprüchen innerhalb der Sargtexte sowie in Tb 153 genannt (s. Van der Molen, Dictionary of Coffin Texts, 356 und Wb 3, 168.5). Es wird regelmäßig als Messer einer Gottheit ausgewiesen (in den von van der Molen genannten Belegstellen Isis und Nephthys, im Tb einmal auch Schesemu); und diese Bezeichnung „ḥsb.t von (Gottheit) NN“ gilt als Name eines šꜥ.t-Messers. Bidoli, Fangnetze, 70 mit Anm. b leitet ḥsb.t von ḥsb: „zerbrechen“ ab und schlägt die Übersetzung als „Hackmesser“ vor. Die Stellen geben nur wenig Auskunft über die Natur des Messers: in CT VI, 18f und 35k erfährt man immerhin, dass die Göttin Isis dieses Messer nutzte, um die Nabelschnur ihres Sohnes Horus „durchzuschneiden“ (šꜥ); in anderen Texten wird mit einer Nabelschnur auch ḥsq gemacht (vgl. etwa Quack, in: SAK 34, 2006, 377), was neben „abschneiden“ o.ä. auch „köpfen“ bedeuten kann und daher neben Tätigkeiten von Schneidwerkzeugen ebenfalls solche von Hiebwerkzeugen benennen kann. Das vermutlich diesem Substantiv zugrunde liegende Verb ḥsb (Wb 3, 168.4) ist bislang nur einmal, in der 11. Stunde des Pfortenbuches, belegt (d.h. viel später als das Substantiv). Dort heißt es Ꜥꜣpp ḥsb(.w) m snf=f: „Apophis ist ḥsb-gemacht in seinem Blute“.
In den Fangnetzsprüchen tritt ḥsb.t als Bezeichnung, also mindestens als Teilsynonym, von šꜥ.t auf, ein Nomen, das sich vom Verb šꜥ: „schneiden, abtrennen“ ableitet. Das Substantiv ist selten, aber es ist von der Pyramidenzeit bis in die ptolemäischen Tempelinschriften belegt (sofern man diese letzteren Belege nicht, wie es Wilson, Ptol. Lexikon, 993 vermuten lässt, unter šꜥ.t: „Gemetzel“ subsummiert). Es ist etwas, mit dem man natürlich šꜥ: „schneiden“ kann; aber man kann damit auch ḥwi̯: „schlagen“ (DZA 29.957.300) und sṯi̯: „schießen“ (d.h. hier wohl: „stechen“) (DZA 29.957.250). Dieses Objekt mit „Schwert“ zu übersetzen, wie es bspw. Sethe, Pyr. Übers., I, 251 (PT 247, § 257) schon für die Belege aus den Pyramidentexten tut, hängt natürlich wesentlich davon ab, ob man entsprechende dolch- und messerartige Waffen dieser Zeit als Schwert klassifiziert; und ebenso fließend, wie die Grenze dieser modernen Waffenbezeichnung ist, könnte sie auch im Alten Ägypten gewesen sein: Wenn in einigen späteren Belegen vom šꜥ.t des Königs gesprochen wird, liegt die Bedeutung „Schwert“ tatsächlich näher als „Dolch“ oder „Messer“.
Ein weiterer Faktor, der die Frage nach der Bedeutung von ḥsb.t zumindest berührt, ist der Umstand, dass šꜥ.t und damit ḥsb.t in den Fangnetzsprüchen in einer Aufzählung von Teilen eben eines Fangnetzes erscheint, und zwar hinter mḏꜣ.t, dem „Gestänge“. Bidoli, a.a.O. vermutet dennoch in ḥsb.t eine Bezeichnung des Messers, nämlich des Messers, das verwendet würde, „(...) um das Seil zurechtzuschneiden, welches sie [d.h. die Ägypter, L.P.] für das Zusammenbinden der Pflöcke mit den Streben beim Aufstellen des Netzes benötigten“. Dennoch sollte mit der Option gerechnet werden, dass šꜥ.t an dieser Stelle eine metaphorische Bezeichnung für einen integralen Teil des Netzes ist. Vor diesem Hintergrund fragt sich, ob es vielleicht auch einen Zusammenhang zwischen dem ḥsb.t dieser Sprüche und dem bislang nur zweimal belegten Wort ḥsb.t in Darstellungen des Vogelfangs gibt (Wb 3, 166.8). Von den beiden Belegen des Wb für dieses letztere Wort ist der zweite zu stark zerstört, um bei der Bedeutungsfindung zu helfen; der erste Beleg stammt aus der Mastaba des Ptahhotep in Saqqara (westlich der Stufenpyramide, Opferkammer, Ostseite, nördliche Hälfte, 6. Register v.o.), s. Griffith/Paget/Pirie, in: Quibell-Spiegelberg, Ramesseum, Taf. 32. Dort ist einer Gruppe von Männern sḫt m ḥsb.t: „(Vögel) fangen im/mit (?) ḥsb.t“ beigeschrieben, die so stark an einem Seil eines Fangnetzes voller Vögel ziehen, dass sie schon liegen.
In pRamesseum XVI, 21,2 (Meyrat, Papyrus magiques du Ramesseum, 364) liegt mit der Phrase ḥsb.t twy n(.j)t Ḏḥw.tj möglicherweise eine Anspielung auf die Phrase der Fangnetzsprüche vor. Auffällig ist, dass es im Papyrus das Messer des Thot ist, wohingegen es in den Sargtexten in der Regel ein Messer der Isis oder der Nephthys ist. Dass im Zusammenhang mit Thot von allen ebenfalls infrage kommenden Waffen ausgerechnet ein ḥsb.t-Messer gewählt wurde, ist vielleicht kein Zufall. So ist Thot im Grunde auch der Gott der Rechenkunst (äg. ḥsb: „rechnen, berechnen“; unsicher, ob dieselbe Wurzel wie das diskutierte Messer: Satzinger/Stefanović, Egyptian Root Lexicon, 270 unterscheiden zwischen den „Deep Roots“ „to break“, „to count“ und „to slaughter“, wobei das Messer zur Letzteren gehört); und viele der mit der Wurzel ḥsb: „rechnen, berechnen“ gebildeten Götterepitheta von LGG V, 483c-487a beziehen sich (auch) auf Thot. Außerdem wird mit einem Bezug auf eine Passage mit Beschreibung eines Fangnetzes ein Bezug zur Vogeljagd hergestellt, so dass sich fragt, ob auch noch eine weitere Assoziation mit Thot als Helfer des jungen Horus gegen dessen Onkel Seth vorliegt, in dessen Zusammenhang Thot einmal Seth in einer Falle fangen konnte. Wohl darauf bezieht sich der Name ḥw.t-jbṯ.t: „Haus der Vogelfalle/des Schlagnetzes“, womit ein Tempel des Thot in Hermopolis bezeichnet wird, s. Grdseloff, in: ZÄS 74, 1938, 138-139, und vgl. auch Budde, in: GM 191, 2002, 19-25.
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Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Lutz Popko, unter Mitarbeit von Svenja Damm, Altägyptisches Wörterbuch, Daniel A. Werning, Token ID ICIBR1bX2w0O8E0ot7XeSLv910M <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/ICIBR1bX2w0O8E0ot7XeSLv910M>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
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