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wsf: Das Verbum wsf, das seit der 6. Dynastie (Lurson, in: LingAeg 26 (2018), 151) und mit ⲟⲩⲱⲥϥ (Crum, Dict., 492b; Černý, CED, 217; Vycichl, Dict. étym., 238a) bis in die Koptische Zeit belegt ist, hat transitiv die Bedeutung “träge sein, zögern” (Wb 1, 357, 2–4; vgl. Fecht, in MDAIK 37 (1981), 149). Im intransitiven Gebrauch finden sich die Bedeutungsvarianten „etwas vernachlässigen“ (Wb 1, 357, 5), „(einen Befehl, Eid, ein Versprechen o.ä.) aufheben“ (Wb1, 357, 6–8) oder (Steuerrückstände) erlassen (Wb1, 357, 9). Lurson konstatiert eine abwertende Grundbedeutung im Sinne von „(sich) abwenden, zurückweisen, ablehnen“, die das Gegenteil einer aktiven Handlung darstellt, s. Lurson, in: LingAeg 26 (2018), 151.
In den Oracular Amuletic Decrees ist das Verbum insgesamt sechs mal in fünf Texten stets in transitiver Bedeutung belegt (pLondon BM EA 10587 (L6), Rto. 90; pTurin Cat. 1983 (T1), Rto. 28, 30; pTurin Cat. 1984 (T2), Vso. 117; pTurin Cat. 1985 (T3), Rto. 23–24; pChicago OIM E25622A-D (Ch), 27). Das Objekt, auf das wsf angewendet wird, ist unterschiedlich, doch handelt es sich in den meisten Belegen um einen eher abstrakten Begriff aus dem Bedeutungsfeld „Angelegenheit, Absicht, Schicksal o.ä.“, der zusätzlich mit dem Adjektiv bjn „schlecht“ (Wb 1, 442.15–443.17) versehen ist. In nur zwei Fällen bezieht sich das Verbum auf ein konkretes Objekt: In Ch. 27 ist es indirekt auf die Götter des (Buches) „Was im Jahr ist“ im vorausgehenden Satz bezogen. In T2 (vs. 117) ist es im letzten Satz des Textes belegt. Hier ist es in einer Verneinung auf die Äußerungen der Amulettbesitzerin (pꜣ pri̯ m rʾ=st) bezogen. Insofern ist die Bedeutung „aufheben“ für den Gebrauch des Verbums in den OAD durchaus passend, s. hierzu Edwards, in HPBM 4, Bd. 1, 39 [n. 60], der entsprechend „nullify“ („aufheben, annulieren“) vorschlägt.
Einen allgemeinen Überblick zum Bedeutungsspektum des Verbs wsf/sfꜣ, wenn es transitiv gebraucht ist, bietet Lurson (in: LingAeg 26, 2018, 152–157), der allerdings die Belege in den OAD nicht mitberücksichtigt hat. -
[___]: Anders als die Lücke am Ende von Zeile Rto. 100, in der der Text komplett verloren ist, ist zu Beginn von Zeile Rto. 102 deutlich ein Zeichen bzw. eine Zeichengruppe zu erkennen. Leider ist ein Lesungsvorschlag mehr als schwierig. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 40 [69]) vergleicht den hinteren Teil des Zeichens mit speziellen Kurzschreibungen des Begriffs ꜥš-sḥn „Angelegenheit (?), Auftrag (?)“ (40990), die insbesondere in den Oracular Amuletic Decrees belegt sind, s. hierzu den entsprechenden Kommentar (Blöbaum, in TLA https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBkCg4x8ux4A9kUWngslOeXfQSg, 21.05.2024). Der Begriff ist im vorliegenden Text leider nicht belegt, so dass ein Vergleich nicht möglich ist. Ich gehe davon aus (s.o. Kommentar), dass es sich bei der zweiten Gruppe um eine späthieratische bzw. frühdemotische Schreibung des ḥn-Behälters V36 handeln dürfte, so z.B. im pRhind I, 6,9 u. II, 4,1 (Möller, Paläographie III, 57); pLouvre E 7845 A, 2 u. 4 (Hughes, Land Leases, [III]); pCairo 50059, 1 u. 3 (El-Aguizy, Palaeographical Study, 376). Es wäre dann noch zu überlegen, ob für die hier belegte Gruppe tatsächlich die Lesung ꜥš-sḥn in Frage käme. Das ist nicht der Fall, denn der vordere Teil kann nicht mit der Lesung ꜥš (A26) bzw. ꜥš(ꜣ) (vgl. ꜥš(ꜣ)-sḥn in pBrooklyn 47.218.135, Jasnow, Late Hieratic Wisdom Text, 157.) in Verbindung gebracht werden. Zudem handelt es sich im vorliegenden Versprechen um eine Aufzählung von bedrohlichen Wesen und schrecklichen Situationen; der Begriff ꜥš-sḥn „Angelegenheit (?), Auftrag (?)“ (40990) ist aber für sich neutral und müsste, um in den Kontext zu passen, durch ein entsprechendes Adjektiv (z.B. bjn$) negativ konnotiert werden. Das ist aber nicht der Fall, insofern sollte es sich bei der Gruppe zu Beginn von Zeile Rto. 100 um einen anderen Begriff handeln, den ich allerdings gegenwärtig nicht identifizieren kann.
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⸮ꜥḏ(ꜣ)?: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 39 [62]) vermutet hier ein von der Wurzel ꜥḏ „brechen“ abgeleitetes Substantiv mit der Bedeutung „upset (?)“. Dies wird von Ritner (Mechanics, 216) so übernommen. Ich vermute hingegen eher, dass es sich hier um eine ungewöhnliche Schreibung für ꜥḏꜣ „Unrecht, Unwahrheit“ (Wb 1, 240.14–241.5; 42100) handeln dürfte, wobei hervorzuheben ist, dass die semantische Grundbedeutung des Substantivs ꜥḏꜣ „Lüge“ sein dürfte, und zwar in dem Sinne, dass die Lüge eine Aussage und/oder eine Handlung ist mit dem Willen, Falsches auszusagen und/oder eine andere Handlung vorzutäuschen (Köhler et. al., in: GM 227, 2010, 57–60). Im Demotischen ist das Wort als ꜥḏ belegt (Erichsen, Glossar 74; CDD ꜥ, 161). Eine vergleichbare Schreibung mit dem Zeichen V26, wie sie hier im vorliegenden Papyrus belegt ist, findet sich im Moskauer literarischen Brief (pMoskau 127, Rto. 4.15), s. Lesko, Dictionary I, 96.
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pḥ-n.j-nṯr: Zum Verständnis dieser Stelle s. Kruchten, in: BSFE 103, 1985, 13 und Ritner, Mechanics, 216.
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Ns-ꜥnḫ≡f-(n)-Mꜣꜥ.t: Der Name des Amulettbesitzers ist in den Zeilen Rto. 92, Vso. x+34 sowie Vso. x+97 komplett erhalten. Zum Bildungsmuster des Namens Ns-ꜥnḫ≡f-(n)-Mꜣꜥ.t „Der zu Anchefenmaat Gehörende“ (RPN I, 174.6; II, 365; Thirion, in: RdE 55, 2004, 152–153, 157–158), in dem an die Stelle des Götternamens ein privater Personenname tritt, s. Leahy, in: GM 60, 1982, 71–75, insb. 74.
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pꜣ šrj Tꜣ-bjꜣ.t-Bꜣ.tjt pꜣj šrj Pꜣ-ḏi̯-Mꜣ.tjt: Die Namen der Eltern, Tꜣ-bjꜣ.t-Bꜣ.tjt „Die Pflanze der Bat (?)“ (vgl. Tꜣ-bjꜣ.t-Rꜥw, RPN II, 324.22) sowie Pꜣ-ḏi-Mꜣ.tjt „Der, den Matit gegeben hat“ sind ungewöhnlich und ohne Parallele s. Thirion, in: RdE 55, 2004, 157–158.
Persistente ID:
ICQBkzNHcLVmDkFfskIVP0Nmusg
Persistente URL:
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/ICQBkzNHcLVmDkFfskIVP0Nmusg
Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Anke Blöbaum, unter Mitarbeit von Johannes Jüngling, Token ID ICQBkzNHcLVmDkFfskIVP0Nmusg <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/ICQBkzNHcLVmDkFfskIVP0Nmusg>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/ICQBkzNHcLVmDkFfskIVP0Nmusg, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)
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