Satz ID IBUBd1QwaPlQZ0ytmTSB7ZWAkYU
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wꜣ.t prr.y=s jm=f: Eine grammatisch und daraus folgend inhaltlich problematische Stelle aufgrund zweier Auffälligkeiten: (1) der Gemination des Verbs und der zusätzlichen Schreibung mit Doppelschilfblatt; sowie (2) das ohne erkennbares Bezugswort dastehende jm=f. Das Parallelrezept ist an dieser Stelle identisch, bietet also keinen Lösungshinweis. Sethe, Erläuterungen, 83 (zu Lesestücke, 55,18) denkt, dass pri̯ hier eigentlich ein feminines Partizip ist, das er auf wꜣ.t bezieht und hinter dem in der Vorlage ein maskulines Nomen folgte, auf das sich ein maskulines pri̯.y sowie das Suffixpronomen nach jm beziehen: n gr.t wꜣ.t prr⟨.t=s jm=s „weil es keine Öffnung gibt“ pri̯⟩.y=s jm=f. Durch Aberratio oculi sei der Kopist direkt vom prr.t=s jm=f zum pri̯.y=s jm=f gesprungen. Vielleicht auf einer solchen Lösung basierend, führt GEG § 358 die Stelle als Beleg für ein maskulines, singularisches Passivpartizip auf. Es fragt sich allerdings, wie ein Passivpartizip von pri̯: „herausgehen“ in dem vorliegenden Kontext mit wꜣ.t als Bezugswort übersetzt werden sollte.
Westendorf, Grammatik, § 210.2 lehnt Sethes und Gardiners Lösungsvorschlag ab, weil ein derartiger Fehler nicht allein beim Kopieren geschehen sein kann, sondern teilweise schon in der Vorlage zu finden sein müsste und Eb 102 und 296 nicht völlig identisch seien, also nicht von derselben Vorlage stammen. Dieses Argument ist etwas verkürzt; doch wenn man die Abweichungen der Rezepte miteinander vergleicht, müsste man tatsächlich einen recht komplexen Überlieferungsweg rekonstruieren, wie er Westendorf vielleicht vor Augen gestanden hat: Von einer ursprünglichen, hypothetischen Quelle α mit korrektem Wortlaut wäre eine fehlerhafte Kopie (β) gemacht worden, in der v.a. die von Sethe vermutete Aberratio oculi zu verorten wäre; von dieser Kopie wären wiederum zwei verschiedene Kopien (γ und δ) mit weiteren Fehlern gemacht worden; und von diesen letzteren Kopien stammen dann die Rezepte Eb 102 und Eb 296 ab, die damit den Weg zurück in eine Handschrift finden. Schritt β würde die Fehler erklären, die Eb 102 und 296 gemeinsam haben, Schritt γ+δ diejenigen, in denen Eb 102 und 296 voneinander abweichen. Anstatt einen solchen komplizierten Entstehungsweg anzunehmen, vermutet Westendorf in prr.y=s eine ungewöhnliche Schreibung eines prospektiven sḏm=fs in Finalsätzen: „es gibt auch keinen Weg, daß er [der st.t-Schleimstoff, L.P.] herausgehen könnte“. Sein Argument gegen Sethes Lösung ist jedoch partiell zu revidieren, selbst wenn man Sethe nicht folgen möchte: (a) der Wortlaut von Eb 102 und 296 stimmt weit genug überein, um eine letztlich identische Vorlage ansetzen zu dürfen; aber (b) das weit auseinanderliegende Vorkommen der beiden Texte in der Sammelschrift gegen Bauchbeschwerden einerseits (Eb 102) und in einer Rezeptsammlung gegen Sekrete in der Leistengegend andererseits (Eb 296) spricht dafür, dass es tatsächlich in zwei verschiedenen Texten stand, die dann im pEbers vereint wurden. Bei welchem Kopiervorgang dann die von Westendorf angenommenen Fehler in den Text kamen – sofern es wirklich Fehler sind und nicht Fehlbeurteilungen von Ausnahmeschreibungen durch den modernen Philologen – kann freilich nicht eruiert werden. Diese Überlegung dürfte Westendorfs Vorschlag insofern bestätigen, als die ägyptischen Kopisten prr.y=f wohl als korrekt empfunden hatten, weil es andernfalls wohl wenigstens in einem der beiden Fälle korrigiert worden wäre.
Man könnte als Alternative anmerken, dass das hieratische prr im Grunde nicht von dem hieratischen pri̯.t kurz zuvor unterschieden werden kann und dass daher das unmittelbar vorangehende wꜣ.t n.t pri̯.t den Schreiber verleitet haben mag, wꜣ.t pri̯.t.y=s (und nicht das wꜣ.t prr.y=s der bisherigen Transkriptionen) zu schreiben (was Westendorf, ebd. grundlos ablehnt). Doch auch dann ist keine emendationsfreie Lösung denkbar; eine zunächst naheliegende Relativform (*„es gibt auch keinen Weg, des es (das Sekret) herauskommt aus ihm (dem Magen?)“) wäre grammatisch problematisch, und zudem ist die Relativform von pri̯ ohne Doppelschilfblatt geschrieben; und Relativformen mit Doppelschilfblatt von anderen IIIae inf. setzen dieses erwartungsgemäß auch vor das .t und nicht dahinter.
Vgl. zur Frage, ob ḥwꜣ.ḫr=s vielleicht die einleitende Protasis fortführt, den Kommentar dort. Zur hier gewählten Satzverbindung vgl. Oreal, Les particules en Égyptien Ancien, 447. Einen engeren Anschluss von n gr.t wꜣ.t prr.y=s jm=f an den vorangegangenen Satz, wie es von Depuydt, Bardinet und Westendorf vorgeschlagen wird, hält sie für "une répétition incohérente du même contenu propositionnel".
Persistente ID:
IBUBd1QwaPlQZ0ytmTSB7ZWAkYU
Persistente URL:
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd1QwaPlQZ0ytmTSB7ZWAkYU
Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Lutz Popko, unter Mitarbeit von Altägyptisches Wörterbuch, Florence Langermann, Peter Dils, Daniel A. Werning, Satz ID IBUBd1QwaPlQZ0ytmTSB7ZWAkYU <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd1QwaPlQZ0ytmTSB7ZWAkYU>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd1QwaPlQZ0ytmTSB7ZWAkYU, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)
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