Satz ID IBgCYz3ipHBzQEAarQDBEh6kaU4
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Wsjr mꜣꜥ [___]: Pleyte/Rossi, Papyrus de Turin, Bd. 1, 149 lesen asiri ba ntr sati mn ms n mn-t mu (d.h. Wsjr bꜣ nṯr.j sti̯ mn msi̯.n mn.t mw): „Osiris, l’esprit divin, arrose un tel fils d’une telle avec l’eau (...)“. Gardiner (DZA 29.166.530) schlägt vor: Wsjr p[w] m ⸢ẖr.t⸣-nṯr [__] sti̯ (???) mn msi̯.n mn.t mw: „Das ist Osiris in der Nekropole. NN st mw (...)“ und schreibt zum vorletzten Wort: „irgendeine Schreibung von st ‚schießen‘“. Roccati, Magica Taurinensia, 23 transkribiert Wsjr p[_] m nṯr [___] šw.tj (???) mn msi̯.n mn.t mw und übersetzt S. 161: „Osiri il dio [dalle alte ?] piume. Il Tale, figlio tella alte, liba acqua (...)“.
(1) Das erste Wort nach dem Namen des Osiris wird kaum bꜣ sein, wie Pleyte/Rossi vorschlagen, weil der bꜣ-Vogel dann in der Höhe viel zu gestaucht wäre. Auch das p von DZA und Roccati ist zweifelhaft. Auf dem aktuellen Foto von Turin erinnert die Form der Zeichenreste eher an mꜣꜥ, Gardiner, Sign-list U5. Zu der fast geraden Sichelklinge vgl. bspw. die Sichel in mꜣꜣ in Rto. 4,3. Der von DZA und Roccati als (Oberteil der) Eule interpretierte Zeichenrest wäre dann eigentlich der Griff der Sichel. Problematisch ist allerdings die Frage, was in der unteren Zeilenhälfte gestanden hat. Der bei mꜣꜥ zu erwartende Arm müsste eigentlich noch Zeichenreste an der Abbruchkante hinterlassen haben.
(2) Die Zeichenreste nach der Fahne dürften Pleyte/Rossi wohl als t und r, d.h. als phonetische Komplemente zu nṯr interpretiert haben, vgl. auch ihr Faksimile in Bd. 2, Taf. 118. DZA schlägt dagegen ẖr (mit Fragezeichen) und r vor, also den Beginn von ẖr.t-nṯr mit regulär vorangestelltem nṯr. Für die Lücke gibt es keinen Ergänzungsvorschlag; Pleyte/Rossis hakenförmiges Zeichen am Ende der Lücke wird als Kreis mit Fragezeichen wiedergegeben und wohl wie die gesamte Lücke dem Wort ẖr.t-nṯr zugeschlagen. Jedenfalls suggeriert die Übersetzung, dass die Lücke mit dem Wort „Nekropole“ als gefüllt angesehen wurde. Roccati gibt für die Zeichenreste direkt hinter der Fahne keine Interpretation. Man kann aus seiner Übersetzung allenfalls schließen, dass er sie vielleicht, wie Pleyte/Rossi, als Komplemente zu nṯr verstanden hat.
Keine der beiden Interpretationen ist völlig überzeugend: Für t und r scheint der oberste Strich der Zeichenreste etwas zu senkrecht. Auch Gardiners ẖr ist fraglich, denn man hat den Eindruck, als ob es an der Abbruchkante noch einen kleinen Bogen eines supralinearen Abstriches gibt, der nicht zu den hieratischen Formen des ẖr passt. Eine alternative Interpretation kann allerdings nicht geboten werden. Insgesamt ist es verführerisch, das Wort nach dem Gottesnamen als „der Richtige“ (mꜣꜥ oder mꜣꜥ.tj) oder als „der Gerechtfertigte“ (mꜣꜥ-ḫrw) zu lesen; und sollte man das Nachfolgende doch ẖr.t-nṯr lesen können, liegt eine der Bezeichnungen mꜣꜥ-ḫrw-m-ẖr.t-nṯr-(...) von LGG III, 219-220 für Verstorbene nahe. Aber für all das ist der vordere Teil eigentlich zu kurz geschrieben.
Der Verspunkt vor sti̯(?) findet sich weder bei Pleyte/Rossi noch bei Roccati, sondern nur auf DZA 29.166.530. Das aktuelle Turiner Foto zeigt an der fraglichen Stelle zwei winzige rötliche Spuren, die tatsächlich Reste eines Verspunktes sein könnten.
Die letzten fraglichen Zeichengruppen vor mn msi̯.n mn.t lasen schon Pleyte/Rossi fragend sati: „arrose“, d.h. sti̯: „ausgießen“ (da Pleyte/Rossi in „Osiris“ das Subjekt vermuteten, wurde mn msi̯.n mn.t das direkte Objekt, und sie mussten vor mw eine Präposition ergänzen). Auch Gardiner (DZA) vermutet eine Schreibung von sti̯. In diese Richtung weisend ist das letzte Hieratogramm vor mn, das Tierfell mit Pfeil Gardiner F29. Davor steht eine Ligatur von t und Gardiner Z4. Die eigentliche Schwierigkeit besteht in der Erklärung des Zeichens davor, zumal es tlw. zerstört ist. Der obere Teil besteht aus zwei senkrechten Zeichen; die untere Hälfte erinnert an ein k, vgl. Möller-Nr. 511 (pHarris), gerade auch in späten Ligaturen, wie in bꜣk, Möller-Nr. 211 (pAbbott). Man wäre beinahe versucht, in dem Zeichen eine sehr ungewöhnliche Form des Tierfelles mit Pfeil zu erkennen, das in der unteren Hälfte bekanntlich ein scheinbares k enthält (weswegen das Hieratogramm in späterer Zeit oft als znk in Hieroglyphen rückübertragen wurde), wenn dieses Tierfell eben nicht in regulärer neuhieratischer Graphie links folgen würde.
Roccati erwog dagegen die Doppelfederkrone, also wohl eine Graphie von Möller-Nr. 416, und einen Anschluss an die Bezeichnung des Osiris. Basierend auf seiner Übersetzung „alte ?] piume“ wird er an [qꜣi̯-]šw.tj: „der mit hoher Federkrone“ gedacht haben (vgl. die Aufführung eines Belegs für šw.t: „piuma“ für diese Zeile in seinem Index, S. 189), und tatsächlich könnten die schwachen Zeichenreste vor dem fraglichen Hieratogramm die Reste eines Schmutzgeiers sein. Nach seiner Übersetzung bildet allein das letzte Zeichen vor mn das Wort sti̯. Erklärungsbedürftig ist jedoch, dass das Tierfell bei diesem Verb als Logogramm oder Phonogramm dient, jedenfalls im Hieratischen immer durch phonetische Komplemente und Klassifikatoren erweitert wird. Das heißt, egal ob man mit Pleyte/Rossi und DZA die gesamte fragliche Gruppe als Schreibung von sti̯ interpretiert und damit das Tierfell zum Klassifikator erklären muss, oder ob man mit Roccati in dem Tierfell ein Logogramm sieht, wäre die Schreibung ungewöhnlich.
Ähnliche hieratische Formen wie die vorliegende haben noch die Zehen, Möller-Nr. 595, und zumindest im oberen Teil auch der Klassifikator für ꜥꜣb: „darbringen“ (Möller-Nr. 286), das in späterer Zeit ein paar Mal für das Darbringen von Opfergaben und wenigstens einmal, in Edfu, in einer Wasserspende verwendet wird (DZA 21.655.350), die man vielleicht sti̯: „ausgießen“ könnte. Allerdings lässt sich keines dieser Zeichen sinnvoll in den Kontext einbinden. Auch die Kollokation mit dem Folgenden hilft nicht weiter: Wasser für den im Sarg liegenden wird „gegeben“ (Formen von rḏi̯: DZA 31.605.650, DZA 31.605.780, vgl. ähnlich mit „Luft“ DZA 31.605.690), nicht „ausgegossen“.
Persistente ID:
IBgCYz3ipHBzQEAarQDBEh6kaU4
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Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Lutz Popko, unter Mitarbeit von Peter Dils, Altägyptisches Wörterbuch, Anja Weber, Daniel A. Werning, Satz ID IBgCYz3ipHBzQEAarQDBEh6kaU4 <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBgCYz3ipHBzQEAarQDBEh6kaU4>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBgCYz3ipHBzQEAarQDBEh6kaU4, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)
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