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- rḏi̯ snf: Die Existenz eines Verbs "bluten" im Ägyptischen ist unsicher (siehe MedWb II, 765 und 767, § 7). Normalerweise wird das Substantiv "Blut" mit einem Verb als dessen Objekt oder dessen Subjekt verbunden: rḏi̯ snf: "Blut geben", pri̯ snf: "Blut kommt heraus", hꜣi̯ snf: "Blut läuft hinunter".
- msꜣḏ.tj: Wird in pEdwin Smith meistens abgekürzt/logographisch mit zwei Nasen geschrieben (ausgeschriebene Formen msd.tj gibt es nur zweimal in Fall 11: Kol. 14-15 und 15) und deshalb von Breasted (1930, 241 und 253) als šr.tj aufgelöst. MedWb I, 393-394 (s.v. msd.tj) und vor allem II, 864-865, § 1 (s.v. šr.t) führt jedoch Argumente dafür an, daß eher msꜣḏ.tj/msd.tj und im Singular msꜣḏ.t/msd.t zu lesen ist. Edel, in: ZÄS 79, 1954, 88 liefert für msd.t eine Etymologie: es bedeutet "Frischmacher", aus *m-s(w)ꜣḏ: "Körperteil, das frisch macht" (vgl. Edel, Altägyptische Grammatik, § 256: "die frisch erhaltenden": Partizipienbildung, aktivisch, mit m-Präfix), was zu einer Transliteration msꜣḏ.tj führt (z.B. Schenkel, Tübinger Einführung, 2012, 306).
Als Bedeutung des Duals msd.tj/msꜣḏ.tj findet man in Wb. II, 153.5-6 die "Nasenmuscheln" sowie in gr.-röm. Texten auch die "Nasenlöcher (durch die man riecht)". Für Breasted, 242 und 244 sind die msd.tj in pEdwin Smith die "nostrils", d.h. die Nasenlöcher. Grapow, Anatomie, 36-37 übersetzt msd.tj ausschließlich mit "Nasenmuscheln" (wohl unter Auslassung der nicht-medizinischen Belege der gr.-röm. Zeit). In MedWb I, 393-394 werden die beiden Bedeutungen "Nasenmuscheln" und "Nasenlöcher" schon für die klassischen medizinischen Texten aufgeführt, während Faulkner, Concise Dictionary, 117 nur "nostril" auflistet (d.h. "Nasenloch"). Hannig, HWB, 384 führt bei msꜣḏ.t ausschließlich die Bedeutung "Nasenloch" auf, aber er verweist auf msd.t (S. 387), wo sowohl "Nasenmuschel" als auch "Nasenloch" stehen. Die Bedeutung "Nasenloch" ergibt sich aus der Tatsache, daß man (aus moderner Sicht?) bei Nasenbluten aus dem Nasenloch blutet (explizit Brawanski, in: SAK 35, 2006, 54). Die msꜣḏ.tj haben ein Inneres (ẖnw), in das man Tupfer stecken kann (Fall 11, Kol. 5.12: wdi̯.ḫr=k sšm.wj ... m ẖnw msꜣḏ.tj=fj) und eine Mitte oder ein Zentrum (ḥr.j-jb msꜣḏ.tj=fj) (Fall 11, Kol. 5.14: msꜣḏ.tj ist ausgeschrieben). Deshalb paßt die Bedeutung "Nasenmuschel" nicht, denn damit sind in der medizinischen Fachsprache die zweimal drei Verdickungen/Leisten in der Nasenseitenwand gemeint, die in die Nasenhaupthöhle hineinragen und sich in der inneren Nase befinden. Es ist aber die Frage, ob die Autoren von Wb. II, 153 und MedWb 393-394 das Wort "Nasenmuschel" in der medizinischen Bedeutung verwendet haben. In MedWb I, 393-394 scheinen die Nasenmuscheln und Nasenlöcher zumindest teilweise als Synonyme betrachtet zu werden, denn es gibt "Blutgerinnsel im Innern der Nasenmuscheln" (Dual in Fall 12, Kol. 5.19, 6.2 und 6.3) und "Blutgerinnsel im Innern des einen Nasenloches" (Singular in Fall 14, Kol. 6.11). In Grundriß IX (Ergänzungen), 68 werden die "Nasenmuscheln" in der Übersetzung von Glossen A und B von Fall 11 in "Nasenflügel" verbessert. Versteht man "Nasenloch" ausschließlich als die Öffnung, die in das Innere der Nase hineinführt, dann kann msꜣḏ.t nicht "Nasenloch" bedeuten, denn dieses hat keinen Innenraum (ẖnw). Laut pEbers 99.5-6 (Eb 854b) befinden sich vier mt-Gefäße in den beiden msd.t (ausgeschrieben!), die Schleim (nšw.t) und Blut führen. Auch dies paßt nicht zur Bedeutung "Nasenloch", aber es führt Lefebvre, Tableau des parties du corps, 19, § 19 zur folgenden Vermutung: "il est possible que msdty soit le terme technique désignant les fosses nasales, tout au moins l'étage inférieur de celles-ci." Meint Lefebvre mit der unteren Etage der Nasenhöhle den meatus nasi inferior, der der größte Durchgang ist, oder meint er den unteren/vorderen Bereich der Nasenhöhle, d.h. den Nasenvorhof, zu dem das Nasenloch führt? In der Übersetzung von Sanchez/Meltzer findet man "nostrils/nasal cavities", d.h. einerseits "Nasenloch" (d.h. der vordere Eingang oder vorderste Bereich der Nasenhöhle) und andererseits "Nasenhöhlen" (der komplette Innenbereich der Nase). Westendorf, Handbuch Medizin, I, 161 hat die Bedeutungen "Nasenloch, Nasenflügel" und erwähnt das Wort "Nasenmuschel" nicht. Bei Walker, Anatomical Terminology, 270 steht "side of the nose, nostril", d.h. "Nasenflügel, Nasenloch". Die Übersetzung "Nasenflügel" geht auf Glosse B zu Fall 11 (Kol. 5.15) zurück, in der steht, daß die msꜣḏ.tj die beiden Seitenwände/Flanken (ḏr.wj) der Nase sind. Allerdings scheint die Glosse eher einen Bereich zu definieren, die die Seitenwände, d.h. die Nasenflügel, oder die Seitenräume(?) bis zur Wange und bis zum inneren (?) Ende der Nase umfaßt und nicht nur die Nasenflügel. Alles in Allem scheint msꜣḏ.t am ehesten die beiden Hälften der äußeren Nasenhöhle, d.h. die beiden Nasenvorhöfe zu bedeuten, einschließlich der beiden Öffnungen, aus denen Blut herausfließen kann. Für die äußeren Zugänge zu den Nasenhöhlen, d.h. für die Nasenlöcher, hat das Ägyptische vermutlich ein separates Wort: den Dual šr.tj (vgl für šr.t/šr.tj auch Smith & Smith, in: ZÄS 103, 1976, 63, Anm. p; Nyord, Breathing Flesh, 204-205). Weeks, Anatomical Knowledge, 34-35 versteht šr.t als "nostrils, nares, anterior nasal passages" und die beiden msꜣḏ.t als "the two lateral halves of the nose".
Im Singular bedeutet šr.t "Nase" und steht in Konkurrenz mit fnḏ, das ebenfalls die Nase bezeichnet. Laut Grapow, Anatomie und Physiologie, 36 ist fnḏ vermutlich die Nase im Allgemeinen, während šr.t vielleicht die Nase als Organ des Atmens und Riechens ist. Für Lefebvre, Tableau des parties du corps humain, 1952, 18, § 19 bedeutet šr.t eigentlich/ursprünglich "Nasenloch", eine Bedeutung, die sich im Dual erhalten hat (ebenso Lacau, Noms des parties du corps, 1970, 49, § 109); Lefebvre empfindet fnḏ außerdem als prosaischer als šr.t/šr.tj. Während fnḏ im Laufe der Sprachgeschichte ausstirbt, ist šr.t noch im Koptischen als ϣⲁ: "Nase" erhalten. Im Dual bedeutet šr.tj nicht "die beiden Nasen", sondern "die beiden Nasenlöcher". Für "Nasenloch" im Singular ist koptisch ⲥⲉⲃϣⲁ, ϫⲉϥϣⲁ überliefert, das auf das ältere gꜣb.t n(.t) šr.t zurückgeht, das in einem magischen Text des NR belegt ist (DZA 30.630.900: pLeiden I 343 + 345, Vso 5.4-5; Massart, The Leiden Magical Papyrus I 343 + I 345 [OMRO Suppl. 34], Leiden 1954, 36 und 105: "two sides of the nose"). Auch die Bedeutung von gꜣb.t n.t šr.t ist umstritten. Laut Wb. V, 154.6: ist es "Nasenloch", aber Breasted, 1930, 253 übersetzt den Dual gꜣb.tj n šr.t=f mit "the two sides of his nose" (ebenso Lefebvre, Tableau des parties du corps humain, 19, § 19: "les ailes du nez"; Lacau, Noms des parties du corps, 1970, 49, § 111: "les deux ailes (feuilles) du nez"). Bei Hannig, HWB, 964 findet man beides: "*Nasenloch; *Nasenflügel". gꜣb.t (mit Fleischdeterminativ) gehört etymologisch wohl zu gꜣb.t: "Blatt (der Pflanzen)" (mit Pflanzendeterminativ) und bedeutet daher wohl "Blatt" der Nase, d.h. "Nasenflügel" und nicht "Nasenloch". Aber der koptische Nachfahr ϭⲃϣⲁ, der vor allem im Plural verwendet wird, entspricht griech. ῥίς: "Nase, Schnauze" und ῥώθων: "Nase" (Crum, Coptic Dictionary, 544a). Im Plural bedeuten beide griechische Wörter "nostrils", aber der Plural wird, genau wie lateinisch nares (als Plural von naris), auch nur für die Nase verwendet (siehe Liddell & Scott & Jones, Greek-English Lexicon, s.v. ῥίς).
Die Sachlage wird dadurch verkompliziert, daß bei logographischer Schreibung nicht zwischen msꜣḏ.tj und šr.tj unterschieden werden kann. In pEdwin Smith ist keine einzige ausführliche Schreibung von šr.t oder šr.tj überliefert, so daß es fraglich ist, ob dieses Wort überhaupt in pEdwin Smith vorkommt. Brawanski, in: SAK 35, 2006, 54-55 sowie Sanchez/Meltzer, Edwin Smith Papyrus, 305-309 gehen jedoch davon aus, daß beide Wörter msꜣḏ.t und šr.t in pEdwin Smith vorhanden sind. In ihrer Analyse der Verwendung von msꜣḏ.t/msꜣḏ.tj und šr.t/šr.tj in pEdwin Smith kommen sie zu folgendem Schluß: Für Brawanski ist šr.t: "Nasenflügel/Nasenmuschel" und msꜣḏ.t: "Nasenloch"; für Sanchez/Meltzer ist šr.t: "nasal walls" (mit einem Plural übersetzt!) und msꜣḏ.tj: "nasal cavities/nostrils". Für beide sind msꜣḏ.tj also die Nasenlöcher, d.h. die äußeren Nasenöffnungen, und/oder die sich dahinter befindlichen Höhlen, aus denen bei Nasenbluten das Blut strömt. Für šr.t meinen sie ähnliche, aber laut Sanchez/Meltzer nicht überlappende Bereiche der Nasenseitenwand. Brawanski und Sanchez/Meltzer sind sich jedoch nicht einig, an welchen Stellen in pEdwin Smith šr.t vorliegt. Sanchez/Meltzer nehmen mit fast allen Bearbeitern (einschließlich Brawanski) an, daß beim Symptom des Blutens aus den beiden Nasenbereichen und den beiden Ohren das Wort msꜣḏ.tj vorliegt. Es wäre logisch, beim Bluten aus einem Nasenbereich und einem Ohr den Singular anzunehmen (so MedWb und Brawanski), aber gerade diese Fälle (Kol. 6.5, 7.3, 7.4, 8.7 und 8.8) werden von Sanchez/Meltzer als šr.t gelesen, ebenso der Fall des Blutgerinnsels in einer Nasenhälfte (Kol. 6.11). Sobald man annimmt, daß msꜣḏ.t nicht bzw. ein viel größerer Bereich als nur das Nasenloch ist, gibt es keinen Grund mehr, in pEdwin Smith die Anwesenheit des Wortes šr.t zu postulieren.
- msḏr: Ist die einzige Bezeichnung für das "Ohr", die in den medizinischen Texten verwendet wird (Grapow, Grundriss I, 31; MedWb I, 395-397; Lefebvre, Tableau des parties du corps humain, 21, § 21; vgl. weitere Wörter in anderen Texten: ꜥnḫ.wj und das daraus entstandene ḥḥ.wj). Etymologisch bedeutet m-sḏr: "Ort, auf dem man liegt/schläft", was unserer Körperteilbezeichnung "Schläfe" entspricht, auch wenn damit nicht das Ohr gemeint ist. Die Hieroglyphe des Ohres hat den Lautwert jdn und diese Wurzel bedeutet in einigen semitischen Sprachen "Ohr"; Lacau, Les noms des parties du corps, 1970, 51-52, § 115-122 vermutet, daß in einem früheren Stadium des Ägyptischen ein nicht erhaltenes Wort jdn für "Ohr" durch die jüngere Bildung m-sḏr ersetzt wurde (spätestens in den Pyramidentexten).
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Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Peter Dils, unter Mitarbeit von Altägyptisches Wörterbuch, Lutz Popko, Daniel A. Werning, Token ID IBUBd2Rxd8fVRkd3i7ddvN2Zq7M <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/IBUBd2Rxd8fVRkd3i7ddvN2Zq7M>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/IBUBd2Rxd8fVRkd3i7ddvN2Zq7M, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)
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