Token ID IBYChCJw1JhtKURQphojpkwOiBI
Kommentare
-
- bnw.t: Wurde zuerst als eine "Entzündung, entzündender Ausschlag o. dgl." verstanden (Wb. I, 458.8-11). Für Ebbell, in: ZÄS 63, 1927-1928, 71-72 ist es ein "gangränöses Geschwür" oder genauer "das blutig-eiterige, stinkende, gangränöse Sekret aus dem Geschwür". Die Begründung von Ebbell stammt aus der bnw.t-Erkrankung der Zähne in pEbers (Eb 551-555), die mit Zerstörung des Zahnfleisches einhergeht, sowie aus dem okkasionellen Determinativ des spuckenden Mundes (Gardiner Sign List D26). Die übrigen Kontexte passen laut Ebbell zu dieser Bedeutung, auch der Zusammenhang mit Blut und Eiter (bnw.t ist "Bruder des Blutes [snf]" und "Freund des Eiters [ry.t]" in den Zaubersprüchen für Mutter und Kind, Spruch E, Zl. 3.4-5). Als ihm die Belege im Papyrus Edwin Smith bekannt wurden, blieb Ebbell bei der Interpretation "fortschreitendes Geschwür o.ä." (Alt-ägyptische Chirurgie, 60). Breasted, Surgical Papyrus, 367-369 übersetzt hingegen mit "tumors" als "a very rough approximation" dieser Krankheitserscheinung. Er vermerkt, dass bnw.t sowohl "swelling" und "boil" (Gewebezunahme, wie bei Tumoren) als auch "sore", "wound", "ulcer" (Gewebeabnahme, wie bei Geschwüren) sein kann (Surgical Papyrus, 363: "some kind of tumors, or possible ulcers"). Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne, 191 übersetzt bnw.t tp sqr in pEdwin Smith Fall 39 mit: "tumeurs avec tête faisant saillie" und erklärt es als "probablement des abcès ou des furoncles". MedWb I, 248-250 übersetzt mit "Geschwür" und übernimmt im Wesentlichen die Interpretation von Ebbell. Es vermerkt aber auch, dass in den Fällen pEdwin Smith 39 und 45 "Geschwulst" besser passen würde (wegen des Zusammenhangs mit twꜣ.w-Erhebungen und mit dem Verb šfi̯: "anschwellen" sowie der Erklärung als šfw.t-Schwellung). Auch Westendorf, Papyrus Edwin Smith, 75 mit Anm. 1 bleibt bei der Übersetzung "Geschwür" und schreibt, dass das Wort bnw.t etymologisch mit der Wurzel "überquellen, ergießen" zusammenhängt. Der nicht-medizinische Begriff "eruption" bei Allen, Art of Medicine, 97 geht wohl auf diese Etymologie zurück. Westendorf, Handbuch Medizin, 285-286 mit Anm. 419 ändert seine Übersetzung zu "Geschwür/Geschwulst", weil die Verwendungskontexte und die unsichere Etymologie sowohl eine Interpretation als Gewebeverlust als auch als Gewebezunahme erlauben. Bardinet, Papyrus médicaux, 183 spricht von "abcès-benout" und Sanchez/Meltzer, Edwin Smith Papyrus, 242 übersetzen mit "abscess" und "a discharging abscess" (bei einem Abszess gibt es eine Gewebeabnahme, die sich durch die umkapselte Eiteransammlung zuerst als eine Gewebezunahme präsentiert, gefolgt von einer Gewebereduzierung, nachdem die Eiteransammlung aus der entstandenen Gewebehöhle abgeflossen ist); Sanchez/Meltzer, 242 haben in Fall 39 für bnw.t konkret "Abszess" und in Fall 45 für bnw.t ḥmꜣ.ty unspezifisch "round/spherical masses". Hannig, Handwörterbuch, 269 hat "(gangränes) Geschwür (viell a. Geschwulst)". Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin, 267-271 übersetzt mit "Geschwulst", auch wenn Sie glaubt (S. 271 mit Anm. 966), daß in Fall 39 ein Abszess beschrieben wird.
Das Lemma wird sowohl bnw.t (Wb. I, 458.8-11; MedWb I, 248-250; d.h. mit Wurzelerweiterung w und Femininendung t) als auch bn.wt (Breasted, Surgical Papyrus, 367-368; d.h. mit der Endung Feminin Plural) transkribiert. Grammatisch scheint bnw.t teilweise als Feminin Plural (Demonstrativpronomen jptf, Suffixpronomen =sn, zugehöriger Stativ mit .ty-Endung), teilweise als Maskulin Singular (Emendierung von =sn in =f, Relativpronomen n.tj, abgekürzte Schreibungen ohne Pluralmarkierung) verstanden worden zu sein (Westendorf, Grammatik, 79, § 118.1).
bnw.t: wird im Titel abgekürzt und mit dem Arm als Determinativ geschrieben (im Titel von Fall 39, Kol. 13.3 und Fall 45, Kol. 15.9 abgekürzt, aber in Kol. 13.3 ohne den Arm; im Zeilenumbruch von Kol. 13.5-6 noch eine weitere Abkürzung), während an den übrigen Stellen in den Fällen 39 und 45 eine ganz andere ausgeschriebene Orthographie vorliegt, die die Lesung absichert.
- tp sqr: Es gibt zwei entgegengesetzte Interpretationen, die mit dem Status von tp zusammenhängen. (1) Im ersten Fall ist tp das Substantiv "Kopf, Haupt". Breasted, Surgical Papyrus, 369 versteht es als "prominent head", wobei er in sqr ein Partizip/Stativ "prominent, elevated" erkennt, das für ihn zu einem seltenen Verb sqr gehört, das in den Pyramidentexten für das Aufrichten einer Leiter verwendet wird. Dieser Pyramidentextbeleg steht in Wb. V, 306.12 jedoch beim Verb sqr: "schlagen", das laut Breasted ein anderes Verb ist. Die Möglichkeit eines homographen Verbs, separat von sqr: "schlagen", wird nicht länger akzeptiert; vielleicht wurde Breasteds Trennung auch hervorgerufen durch die Verwendung der Determinative des schlagenden Armes (D40) oder des schlagenden Mannes (A24) bei sqr: "schlagen", während es in Fall 39 auch mit dem Arm mit Handfläche nach unten (D42) (Kol. 13.3, 13.6 und 13.10) und in Fall 46 mit dem Messer (T30) (Kol. 16.13) verwendet wird (in Kol. 13.3 steht aber auch einmal der schlagende Mann). Neuere Übersetzungen mit tp: "Kopf" und sqr: "schlagen" sind "un abcès à tête rompue" (Bardinet, Papyrus médicaux, 512) und "an eruption with flattened head" (Allen, Art of Medicine, 97). Grammatisch setzt dies eine Appostion mit einer Pseudoverbalkonstruktion als virtuellen Nebensatz voraus "die/das bnw.t-Geschwulst/Geschwür – (sein) Kopf (d.h. der Geschwulst) ist in (flach) geschlagenem Zustand", denn ansonsten wäre eine Präposition für "ein(e) bnw.t-Geschwulst/Geschwür 〈mit〉 einem geschlagenen Kopf" erforderlich (wie in der Untersuchung in derselben Zl. 13.3: bnw.t m tp sqr: 1 Beleg mit Präposition vs. 3 ohne Präposition; auch sḥr tp ꜥr/sꜥr/sqr in Fall 46 ist ohne Präposition m). Allerdings ist auch die Pseudoverbalkonstruktion ungewöhnlich; man würde eher bnw.t sqr tp=f erwarten. Unwahrscheinlich ist auch ein direkter Genitiv: "ein(e) bnw.t-Geschwulst/Geschwür eines abgeschlagenen Kopfes"; für "ein(e) bnw.t-Geschwulst/Geschwür, zu dem/der ein abgeschlagener Kopf gehört" wäre ein indirekter Genetiv erforderlich.
(2) In der zweiten Interpretation ist tp eine Präposition. Das ist die Meinung von Ebbell, Alt-ägyptische Chirurgie, 60, der übersetzt: "ein fortschreitendes Geschwür zu einer Vulneration hinzu", wobei er für die Präposition tp die Funktion der Kumulierung ansetzt: "ein Geschwür, das auf einer Vulneration oben drauf kommt / das zu einer Schlagverletzung hinzukommt". ("Vulneration" ist ein veralteter Begriff für den Verletzungsakt oder den Verletzungszustand.) Ähnlich findet man in Grundriß IV/1, 193: "Geschwüre auf einer Schlagverletzung" (ebenso Westendorf, Papyrus Edwin Smith, 75; Westendorf, Handbuch Medizin, 735: "Geschwüre/Geschwülste auf einer Schlagverletzung"; Sanchez/Meltzer, Edwin Smith Papyrus, 243: "a discharging abscess atop the wound from a strike").
Dasselbe Problem stellt sich in Fall 46 mit dem Krankheitsbild sḥr tp ꜥr, Var. sḥr tp sꜥr oder sḥr tp sqr (Kol. 15.20, 16.2 und 16.12-13), zu dem in Kol. 16.7 sḥr-tp als Kompositum vorzuliegen scheint. In sḥr-tp kann tp nur für "Kopf" stehen, es sei denn, die Stelle ist fehlerhaft für sḥr tp 〈ꜥr/sꜥr〉 oder sḥr {tp} (so Grundriß, Westendorf). Während Sanchez/Meltzer bei bnw.t tp sqr mit der Präposition tp arbeiten, erkennen sie das Wort "Kopf" in sḥr tp ꜥr/sꜥr/sqr; die übrigen Bearbeiter behandeln beide Fälle gleich. In Fall 46, Glosse A (Kol. 16.12-14) wird sḥr tp sqr erklärt als ḫ.t šf.w wr ḥr jh n.tj m qꜣb.t=f: "Sachen, die stark angeschwollen sind wegen des jh-Leidens, das an seiner Brust ist" (ḥr mit kausaler Bedeutung) oder "Sachen, die stark angeschwollen sind über dem jh-Leiden" (ḥr mit lokaler Bedeutung). Die Verwendung der Präposition ḥr ist ein Argument, um auch in tp eine Präposition zu erkennen.
Persistente ID:
IBYChCJw1JhtKURQphojpkwOiBI
Persistente URL:
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/IBYChCJw1JhtKURQphojpkwOiBI
Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Peter Dils, unter Mitarbeit von Altägyptisches Wörterbuch, Lutz Popko, Daniel A. Werning, Token ID IBYChCJw1JhtKURQphojpkwOiBI <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/IBYChCJw1JhtKURQphojpkwOiBI>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/IBYChCJw1JhtKURQphojpkwOiBI, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)
Kommentieren Sie den Inhalt dieser Seite
Danke, dass Sie uns helfen, unser Angebot zu verbessern. Ihr Kommentar wird an das TLA-Team zur Bearbeitung übermittelt werden. Weitere Informationen finden Sie in der Datenschutz-Erklärung.
Teile diese Seite
Beachten Sie, dass, wenn Sie Social Media-Buttons (z.b. X, Facebook) nutzen, Daten an die entsprechenden Services übermittelt werden. Details entnehmen Sie den Datenschutzrichtlinien des entsprechenden Angebots.
Weisen Sie uns gerne auf Irrtümer hin
Danke, dass Sie uns helfen, unser Angebot zu verbessern.
Falls Sie kein e-Mail-Programm auf Ihrem Endgerät installiert haben, verfassen Sie bitte händisch eine e-Mail unter Angabe der Lemma-ID/Link, Token-ID/Link (oder Satz-ID/Link), Art des Fehlers an: tla-web@bbaw.de.