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ꜣh ḥr.w ṯꜣw: Unklare Aussage, die an mehreren Stellen Klärungsbedarf bräuchte:
(1) ꜣh kann sowohl substantivisch wie verbal aufgefasst werden; ist Ersteres der Fall, liegt entweder ein Substantivalsatz vor oder, wenn auch unwahrscheinlich und nur der Vollständigkeit halber genannt, ein Adverbialsatz mit m ẖr.j n ẖ.t=f als Prädikat. Bei einer verbalen Interpretation liegt entweder ein uneingeleiteter Verbalsatz vor, oder ꜣh ist ein Partizip und damit das Prädikat eines nfr-sw-Satzes. Für die substantivische Auffassung entscheiden sich DZA 20.063.530, das einen Ausfall von pw annimmt („Es ist eine Schwäche des ... in seinem Unterleib.“), Ebbell, Papyrus Ebers, 123 („(it is) an affection ḥrw-ṯꜣw in the lower part of his belly“) und Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin, 200 („Das Leiden ist im Zustand von Luftmangel (?) in der unteren Partie seines Bauches“). Für eine verbale Auffassung entscheiden sich Grundriß der Medizin IV/1, 225 („in schlechtem Zustand ist das ḥrw (oder ḥrw ṯꜣw/nfw?) in seinem Unterleib“); Bardinet, Papyrus médicaux, 368 („Néfaste est le souffle (?) qui se trouve dans le bas-ventre“); Westendorf, Handbuch Medizin, 703 („Gestört/mangelhaft ist die Luft-Zufuhr (ḥrw-ṯꜣw) an der Unterseite seines Bauches“).
(2) ḥrw ṯꜣw wird als Krankheitsphänomen betrachtet von Wb 3, 149.1, was aus dem Genitiv ꜣh ḥrw-ṯꜣw in der Übersetzung von DZA 20.063.530 einen Genitivus Auctoris macht. MedWb 2, 630, das ꜣh verbal als „leiden“ auffasst, vermutet dagegen in ḥrw ṯꜣw „einen anatomischen Begriff“, da eine Krankheit nicht „leiden“ kann. (Nennenswert ist noch die Alternative, die Grundriß der Medizin IV/1 bietet, wenn er zunächst nur ḥrw transkribiert, in dem anschließenden Segel und der w-Schleife also Teile eines Substantivs ḥrw sieht – jedoch lässt sich auch dann keine Lösung finden.) MedWb.s Vorschlag wird von Westendorf, Handbuch Medizin und Bardinet, Papyrus médicaux (verkürzt zu „souffle (?)“) übernommen. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin, 202 kehrt dagegen wieder zu der Annahme zurück, dass hier eher ein Krankheitsphänomen vorliegt; die von ihr „mit aller Vorsicht“ als „Luftmangel“ angesetzte Bedeutung ist semantisch jedoch weder in ṯꜣw noch in ḥrw ṯꜣw enthalten, sondern muss von dem vorstehenden ꜣh beeinflusst sein. Ihre Übersetzung „Das Leiden ist im Zustand von Luftmangel (?) in der unteren Partie seines Bauches“ ist daher inhaltlich wie syntaktisch problematisch, denn „im Zustand sein“ würde am ehesten durch einen Adverbialsatz mit einem durch die Präposition m (oder vielleicht auch ẖr) eingeleiteten Prädikat ausgedrückt.
Insgesamt wird hier zu der nominalen Auffassung vom DZA und Ebbell zurückgekehrt, die gut zum üblichen Diagnoseschema dieser Textgruppe passt. Da die Diagnose üblicherweise das schon in der Überschrift genannte Krankheitsphänomen wieder aufgreift, was hier nicht der Fall ist, wird ḥrw-ṯꜣw aber contra Wb nicht als Krankheitsphänomen interpretiert, sondern mit MedWb als anatomischer Begriff. Die gegebene Übersetzung versucht aber, möglichst neutral zu bleiben; hier wird vorgeschlagen, in ḥr.w eine „reversed nisbe“ zu sehen (d.h. nicht „das, was sich auf etw. befindet“, sondern: „das, auf dem sich etw. befindet“), auch wenn diese Nisbe im pEbers sonst mit doppelter diagonaler Linie (Gardiner Z4) und Himmelshieroglyphe geschrieben wird.
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Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Lutz Popko, unter Mitarbeit von Florence Langermann, Altägyptisches Wörterbuch, Daniel A. Werning, Token ID IBcCibyXmV9koEOKgsoNgr8wx6Q <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/IBcCibyXmV9koEOKgsoNgr8wx6Q>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
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