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bṯ.w ist trotz der Schreibung mit t maskulin, wie das Pronomen =k im folgenden Satz zeigt: Wäre bṯ.w in diesem Text feminin, müsste im folgenden Satz mtw.t=t stehen. Die Bezeichnung leitet sich von dem Verb bṯ ab, das seiner Klassifizierung mit laufenden Beinchen und seinen Kontexten nach ein Verb der Bewegung ist. V.a. die medizinischen Texte zeigen, dass es sich um eine gerichtete Bewegung handelt: „weglaufen“ > „meiden“ o.ä. Vgl. das Magenbuch des pEbers, wo in den Rezepten Eb 200a, 205c und 206a von heilbaren Krankheiten gesagt wird: ꜥq r=f m bṯ sw: „Tritt gegen sie an (wörtl.: Dring in sie ein)! Meide sie nicht!“ Neben der lexikalisch wohl von diesem Verb abgeleiteten bṯ.w-Schlange gibt es auch eine bṯ.w-Krankheitserscheinung, die ebenfalls mit der Schlange klassifiziert und vielleicht als schlangengestaltiger Dämon gedacht ist, vgl. MedWb 1, 254-255. Die von MedWb gegebene Bedeutung „einer, vor dem man davonläuft“ oder „einer, der man aus dem Weg gehen sollte“ liegt zunächst nahe, ist aber weder als aktives noch als passives Partizip eines Verbs „davonlaufen“ erklärbar.
(1) Die bṯ.w-Schlange kommt im Brooklyner Schlangenpapyrus, § 80b vor, vgl. Sauneron, Ophiologie, 108-109 und 163. Darin wird deren Sonderform (?) „ohne Ohren“ (jw.tj / nn ꜥnḫ.wj=f) als Synonym für die ḥnp-Schlange genannt. Aufgrund der Erwähnung „unebener“ (nḥꜣ) Augen erwägt Sauneron (ebd., 153 und 163) für ḥnp eine Identifizierung mit Tarbophis obtusus – „mais c’est une simple supposition“. Weiter, als dass sie eine Viperart sein könnte, will sich Sauneron nicht einschränken. Nach § 23 ist diese Schlangenart „komplett weiß“ (daneben gibt es auch noch eine „rote“ Art), und ihr Biss verursacht neuntägiges Fieber. Falls sich der Patient übergibt, kann der Biss auch tödlich sein, aber zunächst empfiehlt der Text zuversichtlich: wḫꜣ n=s ḥmw.t-rʾ: „Versuche daran (deine) Kunst!“ Nach Leitz, Schlangennamen, 42-45 könnte es sich bei dieser Schlange um die Europäische Katzennatter handeln.
(2) Dass die bṯ.w-Krankheit unheilbar ist, wie MedWb angibt, ergibt sich scheinbar aus der Stelle Eb 205a, wo steht: m ꜥq r=f bṯ.w pw. MedWb interpretiert das als Gegenstück zu ꜥq r=f m bṯ sw und gibt die Bedeutung: „gehe nicht gegen sie [sc. die Krankheit] vor, es handelt sich um einen Krankheitsdämonen, vor dem man davonlaufen sollte“. MedWb gesteht aber richtig ein, dass Eb 205a direkt anschließend die Anweisung gibt, dagegen mit wirksamen Mitteln anzutreten; und tatsächlich vermittelt der folgende Text, dass diese Krankheit heilbar ist. Die von MedWb genannte Stelle ist daher für die Bedeutung von bṯ.w problematisch, und andere Übersetzungsmöglichkeiten von Eb 205a sind ebenfalls möglich, vgl. dazu die Diskussion zur Stelle im TLA. Vor diesem Hintergrund wäre erneut zu untersuchen, ob die Stellen in den Fällen 5 und 13 des Gynäkologischen Papyrus Kahun tatsächlich „hoffnungslose“ Fälle sind, oder ob bṯ.w nicht auch dort eine andere, weniger dramatische Bedeutung hat. Allein ausgehend von pEbers und pEdwin Smith, sieht Ebbell, Alt-ägyptische Krankheiten, 19-20 den schlangenförmigen Klassifikator der bṯ.w-Krankheit als Indikator dafür, dass ein Wurm gemeint sei, und er tippt auf Anchylostomum duodentale (= Ancylostoma duodenale) und bei der von diesem Wurm verursachten Krankheit auf „Ägyptische Chlorose“. Diese Interpretation ist von MedWb zu Recht abgelehnt worden, weil sie nicht zu den beiden Fällen des pKahun passt. -
šdi̯: Gardiner, DZA 20.477.920 denkt an das Verb „beschwören“ (Wb 4, 564.12-16), Borghouts, Mag. Texts, 76 und Roccati, Magica Taurinensia, 165.207-208 an šdi̯: „herausnehmen; entfernen“ (Wb 4, 561.6-23). Die Klassifizierung mit dem Mann mit Hand am Mund spricht für Gardiners Lösung, kann Borghouts’ und Roccatis Lösung aber nicht gänzlich ausschließen, da es immer wieder zu Interferenzen zwischen beiden Verben gekommen ist und an dieser Stelle vielleicht auch eine Zweideutigkeit geplant gewesen sein könnte.
Syntaktisch entscheidet sich Gardiner („dein Gift wird bezaubert“) für ein passives sḏm=f; oder seine Übersetzung ist eine freiere Wiedergabe eines Adjektivalsatzes, zumal ein passives prospektives sḏm=f eigentlich šdi̯.tw mtw.t=k lauten müsste. Borghouts denkt an einen Imperativ („draw out“), was jegliche Zweideutigkeit von šdi̯ ausschließt und nur das Verb „herausnehmen; entfernen“ zulässt, also gerade das, was streng nach dem Klassifikator geurteilt nicht dasteht. Seine Lösung ist vermutlich beeinflusst durch die Metternichstele, auf der šdi̯=k tꜣ mtw.t=k steht: „Du sollst ... dein Gift!“ (Roccati, ebd., 132.207-208). Roccati entscheidet sich für einen Adjektivalsatz („É tolto il tuo veleno“).
Allen drei gemeinsam ist, dass sie, vermutlich aufgrund der Parallele auf der Metternichstele, mit šdi̯ einen neuen Satz beginnen. Dass hier, abweichend von diesen drei Bearbeitungen, eine Partizipialkonstruktion angeboten wird, ist in der Setzung der Verspunkte begründet, die suggeriert, dass ꜥn tj bṯ(.w) šdi̯.w mtw.t=k enger zusammen gehört. Die Version der Metternichstele steht dem nicht entgegen, sondern könnte eine Reanalyse der Stelle sein.
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Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Lutz Popko, unter Mitarbeit von Altägyptisches Wörterbuch, Florence Langermann, Daniel A. Werning, Token ID IBkCMYaTsszhh0y8jxcDb63KYf8 <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/IBkCMYaTsszhh0y8jxcDb63KYf8>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
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