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Die Transliteration des Verbs als zš folgt einer Idee von Quack (E-Mail vom 05.08.2021), der aber ebenfalls eingesteht, dass das erste waagerechte Zeichen eher nach einem n als nach einem z aussieht. Die Lesung nš folgt Meyrat. Im letzteren Fall gibt es mehrere Wörter, die diesbezüglich zu diskutieren sind:
(1) Wb 2, 337.12-338.3 kennt ein Verb nš: „verdrängen, vertreiben, verstoßen“ u.ä., das entweder mit den laufenden Beinchen allein, mit Fisch und laufenden Beinchen oder mit Vogel und laufenden Beinchen klassifiziert ist. Einen ptolemäerzeitlichen Beleg kennt Ranke, in: JAOS 65 (4), 1945, 242-243 mit Anm. 39. Schneider, in: LingAeg 5, 1997, 199-200 will es mit hebräisch nḥj/w: „nach einer Seite gehen, leiten“, ugaritisch nḥ(w): „sich wohin begeben“ und arabisch naḥā: „seinen Weg richten, sich wenden nach; beiseite schieben, entfernen, beseitigen“ verbinden. Meyrat, Papyrus magiques du Ramesseum, 46 stellt auch den Beleg aus pRamesseum VIII, 8,3 hierzu („elle a été chassée de mes membre au moyen de lotus“); auf S. 74 vermutet er in diesem Satz eine Anspielung auf „un exorcisme“, möglicherweise eines Fieberdämons.
(2) Außerdem kennt Wb 2, 337.11 noch ein gleichradikaliges Verb, das mit drei Körnern klassifiziert ist und das Kehren von Korn zur Worflerin bezeichnet. Altenmüller, in: SAK 14, 1987, 22 diskutiert dieses Wort inklusive den bis dahin vorgeschlagenen Übersetzungen. In den bildlichen Darstellungen, denen diese Handlung beigeschrieben ist, wird ihm zufolge „das für das Worfeln bestimmte Korn aus dem an der Seite geöffneten Kornbehälter kraftvoll und mit Nachdruck herausgeschaufelt“; aus diesem Grund schließt er sich Montet, Scènes, 228 an, der „puiser l’orge“ übersetzt und dieses Verb mit Nr. (1) verbindet.
(3) Ein weiteres zu diskutierendes Wort findet sich in pd’Orbiney, 14,1. Dort macht Bata nš m ḥꜥ.w=f nb: „nš an all seinen Gliedern“, während sein Bruder Anubis ihn wiederbelebt. Das Wort ist mit der landenden Ente klassifiziert. Wb 2, 338.4 nimmt es als eigenes Lemma mit der Bedeutung „erschauern, erzittern“ auf, erwägt aber (auf DZA 25.304.050), es mit nš: „verdrängen“ (hier Nr. 1) zu verbinden, weil auch dafür die Schreibung mit (Beinchen +) landendem Vogel belegt ist (nur ein Beleg in der 19. Dynastie: DZA 25.303.910). Ein weiterer Beleg für dieses Verb (3) kommt in pLeiden I 348, Vso. 3,1, in einer Beschwörung einer Brandwunde vor, in der das Gesicht des Horus nicht nš machen soll. Borghouts, pLeiden I 348, 34 übersetzt „let your face not tremble“ und verweist auf S. 186, Anm. 459 konkret auf pd’Orbiney. Außerdem nennt er noch zwei weitere Belege (oMichaelides 4, Rto. 6; s. Goedicke/Wente, Ostraka Michaelides, Taf. 53 und pBoulaq 3, x+6,21, Töpfer, Balsamierungsritual, Taf. 12-13), von denen aber das zweite zu streichen ist, weil dort nš: „Ausfluss“ steht, s. Töpfer, a.a.O., 124 und 150, Anm. em. Auch wenn er es nicht explizit sagt, scheint er dieses Verb ebenfalls mit Nr. (1) zu verbinden; denn in oMichaelides 4 scheint, soweit es sich aufgrund der Zerstörungen sagen lässt, eine Bedeutung „vertreiben, wegstoßen“ besser zu passen als „erschauern“; und sowohl dieser Beleg als auch der von pLeiden sind mit landender Ente und Beinchen klassifiziert, also so, wie einmal auch Nr. (1). Die Interpretation der Stelle in pLeiden I 348 ist insofern schwierig, als nš dort in einem Vetitiv verwendet wird: m=k js m nšw ḥr=k zꜣ=j Ḥr.w zꜣ=j: „Siehe doch, mache nicht nš dein Gesicht, mein Sohn Horus, mein Sohn!“ Diese Konstruktion spricht zunächst dafür, dass nš transitiv ist und ḥr=k als direktes Objekt hat. Allerdings ist das Verb nš des pd’Orbiney, in dem Borghouts dasselbe wie dasjenige des pLeiden sieht, zweifellos intransitiv. Dieser Unterschied in der Valenz des Verbs könnte aufgelöst werden, indem man in pLeiden eine Konstruktion wie in GEG, § 340 und § 343 Obs. annimmt: „Sei/Mache nicht nš in Bezug auf dein Gesicht, mein Sohn Horus, mein Sohn!“ Es sei ferner darauf hingewiesen, dass das m vor nš sehr schmal in die Zeile gequetscht wurde und daher ein Nachtrag ist. Zunächst stand demzufolge ein affirmatives m=k js nšw ḥr=k zꜣ=j ..., in dem das „Gesicht“ problemlos das grammatische Subjekt eines intransitiven Verbs sein kann: „Siehe doch, dein Gesicht möge nš sein/machen ...!“ Der Schreiber könnte dann sekundär durch Hinzufügung des m als Imperativ des Negativverbs jmi̯ die Aussage ins Gegenteil verkehrt haben, ohne zu beachten, dass der Satz dadurch grammatisch falsch wird, weil das explizit geschriebene „Gesicht“ in einem Vetitiv nicht (mehr) das grammatische Subjekt sein kann. Man könnte sich freilich aus der Affäre ziehen, indem man behauptet, dass der Schreiber eigentlich ein optativisches jmi̯ nš ḥr=k im Sinn gehabt hat, bei dem das nominale Subjekt regulär hinter dem Negativkomplement steht (GEG, § 343), dass er aber das Verb jmi̯ aus reinen Platzgründen auf ein m reduzierte.
(4) Schließlich gibt es noch ein Wort nš: „ausströmen, ausfließen“ (MedWb 1, 483, vgl. die Substantive nš: „Speichel o.ä.“, Wb 2, 337.8; nš.w als Krankheitserscheinung Wb 338.11; das Substantiv nš.w Wb 338.12; nš.wt: „Schleim (der Nase)“, Wb 2, 338.13; und den nš.w-Topf, Wb 2, 338.14-15 und s. Osing, Nominalbildung, 169 sowie 674-675, Anm. 745). Dieses Verb und davon abgeleitete Substantive können auch nẖ geschrieben sein, s. MedWb 1, 477 und Wb 2., 318.14-16; eine mögliche Graphie nḫj nennt Derchain, in: RdÉ 9, 1952, 34. Dieses Verb nš ist mit dem spuckenden Mund klassifiziert und im pEdwin Smith, Fall 41, Glosse E mit pri̯: „herauskommen“ erklärt. Derchains nḫj ist mit dem Phallus klassifiziert (genauer gesagt: es ist klassifikatorlos und wird von m-bꜣḥ gefolgt, was Derchain als Fehler für einen Phallus-Klassifikator versteht) und steht anstelle eines wtṯ: „zeugen“ einer älteren Textparallele. Breasted, pEdwin Smith, Vol. 1, 390 sieht in diesem nš eine Ableitung bzw. ein intransitives Äquivalent von Nr. (1) mit der Bedeutung „to issue“.
Trotz des anderen Klassifikators ist zu erwägen, in dem nš von pRamesseum VIII ebenfalls eine solche intransitive Bedeutung zu sehen. Die Aussage des Satzes wäre damit parallel zum vorherigen Satz zu sehen, in dem die Liebe über die Brust quillt (ṯtf). Gleiches gilt für Nr. (3), den Beleg aus dem Brüdermärchen des pd’Orbiney: Die von Wb 2, 338.4 gegebene Bedeutung „erschauern, zittern“ ergibt sich jedenfalls nur aus dieser Stelle. Aber statt an all seinen Gliedern zu zittern, könnte Bata dort auch schwitzen: Es ist nämlich davon die Rede, dass Anubis eine Schale mit Wasser füllt und das Herz des Bata hineinlegt; nachts saugt sich das Herz dann mit Wasser voll, woraufhin Bata eben nš macht, die Schale mit Wasser und seinem Herzen leert und es dadurch wieder in sich aufnimmt. Wenn man nš als „ausschwitzen“ o.ä. versteht, würde das die Verbindung von Bata und seinem zu dem Zeitpunkt noch physisch von ihm getrennten Herzen betonen: Sein Herz saugt sich voll und dieses Wasser strömt durch Bata hindurch und sogar aus ihm wieder heraus. Auch in pLeiden I 348 scheint eine Übersetzung als „ausströmen“ nicht undenkbar: Das Verb kommt in einer Beschwörung einer Verbrennung (wbd.t) vor; Horus soll nicht nš machen in seinem Gesicht. Statt zu zittern könnte hier Horus auch Flüssigkeiten von sich geben, in diesem Fall könnte man an Gewebswasser von Brandblasen denken.
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