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1 ca. 8Q zerstört, geringe Zeichenreste [___] nb.t ⸮⸢_⸣[_].tt? j⸢___⸣ sqdi̯(.t) Tꜣ.wj{.PL} m nfr(.w) =s nfr ḥr 2 ⸮=?s kꜣp ⸢jm.j⸣ [⸮=s?] [___] mrw.t ={sw}〈s〉 dwꜣ {sn}〈st〉 nṯr.PL ⸮mꜣꜣ? 〈st〉 (ḥr) sntj =st ḫr n =s mwt(.w) ḥr 3 ḥr =sn Ḥr.w[t] [⸮___?] ⸢ꜣḫ⸣(.t) ꜥꜣi̯.t šf.jt ={sw}〈st〉 nb.t sḏ.t ꜥꜣi̯.t pḥ.t{t}〈j〉 {⸮mw?} mḥn(.yt) m dp n(.j) nb ={sw}〈s〉
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Der Anfang des Amuletts ist bis auf einige supralineare Zeichenreste (meist nach unten links gehende Abstriche) zerstört. Fischer-Elfert, in: Burkard/Fischer-Elfert, Ägyptische Handschriften, 134 sowie Burkard, in: Fs Junge, Bd. 1, 116 geben einen dieser Abstriche als Hornviper wieder, jedoch sind auch andere Lesungen denkbar.
nb.t [___].tt j⸢__⸣: Vgl. die Lesung von Burkard und Fischer-Elfert. Das Wort hinter nb.t, das Burkard zu nb emendiert, lesen sie als p.tj. Die Lücke nach der Himmelshieroglyphe ist nach Ausweis des Fotos (s. aktuell hier: Grünhagen/Lepper/Härtel, Pap. Berlin P. 23032, in: https://elephantine.smb.museum/objects/object.php?o=100410 (zuletzt geprüft am 15.11.2023)) größer als in der hieroglyphischen Transliteration angegeben, nämlich ein ganzes Schreibquadrat – und sie befindet sich auch hinter der vorgeschlagenen Himmelshieroglyphe, nicht davor, die die Transkription nb .?. p.tj von Grünhagen/Lepper/Härtel suggeriert. Das macht die Lesung nb p.tj noch problematischer, als Burkard selbst angibt, was auch die Korrektur von nb.t zu nb unsicherer macht, bzw. die Frage aufkommen lässt, ob überhaupt nb.t zu lesen ist, da die Form des nb-Korbes anders ist als in Zeile 3. Ähnlich wohl auch Quack, Altägyptische Amulette, 13, der in dem Text „eine Anrufung an eine Göttin“ vermutet. Tatsächlich erinnert die anschließende Wortfolge an das einmal für Sachmet belegte Epitheton sqdi̯ Tꜣ.wj m nfr.w=s: „die die Beiden Länder mit ihrer Schönheit durchfährt“, LGG VI, 659c. Daher wird hier ebenso gelesen. Die Transliteration des Zeichens nach nfr(.w) als =s hatte Burkard, a.a.O., 116 zwar abgelehnt, aber nur weil er davon ausging, dass in diesem Amulett eine männliche Gottheit angesprochen wird.
=s kꜣp: Burkard, in: Fs Junge, Bd. 1, 116-117 sowie 119 mit Anm. 39 schlägt skꜣp: „Verhüllter“ vor. Der Vorschlag, in dem Text den Anruf an eine weibliche statt an eine männliche Gottheit zu sehen, eröffnet die Option, das s als Suffixpronomen zu deuten. Die Seltenheit des Kausativums skꜣp könnte als weiteres Argument dienen, hier das Simplex kꜣp anzusetzen.
mꜣꜣ: Burkard, in: Fs Junge, Bd. 1, 116, 117 und 119 liest trotz der von ihm diskutierten paläographischen Schwierigkeiten 𓆱𓏏𓂻: ḫt, was er als Schreibung der Präposition ḫr: auffasst und mit „auf“ übersetzt. Allerdings bedeutet die Präposition ḫr nicht „auf“, und auch die anderen Bedeutungen dieser Präposition scheinen hier nicht gut zu passen. Wenn man – trotz der erwähnten paläographischen Schwierigkeiten – das ḫt auch tatsächlich als Präposition ḫt auffasst, könnte man die nachfolgende Gruppe vielleicht als Schreibung von tꜣ.wj für tꜣ verstehen (vgl. Wb 5, 219.4-11) und erhielte die häufige Phrase ḫt tꜣ: „überall im/durchs Land“, Wb 3, 343.9-15. Bei dieser Lösung wäre jedoch das unmittelbar folgende snṯ, das dann logographisch geschrieben wäre, erklärungsbedürftig. Denn was sollte snṯi̯=st bedeuten? Ist es eine Relativform: „(das Land), das sie gegründet hat“? Eine Anspielung auf die Schöpferkraft der hier gepriesenen Gottheit passt aber nicht ganz zum Tenor der übrigen Epitheta.
Eine andere Option wäre, statt ḫt das von Burkard abgelehnte mꜣꜣ zu lesen. Dann liegt zunächst ein elliptisches oder fehlerhaften „〈bei ihrem〉 Anlick“ nahe, aber das zieht dasselbe Problem nach sich, wie ein verbales snṯi̯=st sinnvoll anzuschließen wäre. Auch eine Deutung als Substantiv sntj=st statt als Verb snti̯=st führt zu keinem befriedigenden Ergebnis. Zwar gibt es die Substantive snṯ: „Sitte“ (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/138560, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 16.11.2023)) und snṯ.t: „Charakter“, https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/869330, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 16.11.2023), vgl. ferner koptisch ⲥⲱⲛⲧ: „Sitte, Gewohnheit, Art usw.“, https://coptic-dictionary.org/entry.cgi?tla=C3607, in: Coptic Dictionary Online (Zugriff am: 16.11.2023). Jedoch ist fraglich, ob eine dieser Bedeutungen nach ägyptischem Empfinden „sichtbar“ wäre und damit als Objekt von mꜣꜣ infrage käme.
Aus diesem Grund wird hier vorgeschlagen, sntj als Schreibung eines schon univerbierten sn-tꜣ: „huldigen, jubeln“ (Wb 5, 154.9) zu deuten. Zur Schreibung dieses Wortes als sntj vgl. bereits die Varianten im Wb. Konkret die Klassifizierung mit dem schlingenförmigen Seil Gardiner Sign-list V5 ist dagegen als echter Fehler zu werten. Als weiterer Fehler wird hier dem Schreiber eine versehentliche Auslassung eines enklitischen Objektpronomens nach mꜣꜣ unterstellt, vielleicht beeinflusst vom Anfang des anschließenden Wortes.
Die hier postulierte Satzkonstruktion passt zugegebenermaßen nicht zur vorangehenden und folgenden.
n=s: S. Quack, Altägyptische Amulette, 130 mit Anm. 158.
Ḥr.w[t]/bjk[.t] [---]: Die Lesung „Horus“ liegt zunächst auf der Hand. Unter der Prämisse, dass in dem Amulett jedoch eine weibliche Gottheit angesprochen wird (vgl. Quack, a.a.O.) – wozu viele Epitheta tatsächlich besser passen –, müsste dieser Gottesname jedoch entweder in eines dieser Epitheta eingebunden sein (wie bspw. ḥm.t-Ḥr.w: „Horusfrau“), oder der Falke ist selbst Hauptbestandteil oder mindestens Kopf eines femininen Epithetons. Hier kämen dann, wie vorgeschlagen, „weiblicher Horus“ (LGG V, 297c-298a) oder bjk.t: „Falkenweibchen“ (LGG II, 774b-775a) infrage. Im letzteren Fall könnte man sogar überlegen, ob die Lücke lang genug wäre, um noch ein kurzes Attribut zu ergänzen und bspw. bjk.t [nfr.t] oder bjk.t [nṯr.t] zu lesen. In LGG V, 297c wird ferner erwogen, einen Teil der mit dem Falken geschriebenen Göttinnenbezeichnungen vielleicht eher nṯr.t statt „weiblicher Horus“ zu lesen. Dies wäre dann eine weiter Alternative. Jedoch führt LGG IV, 561a-b, s.v. nṯr.t keinen Beleg für Schreibungen mit Falken an.
Die folgende Zeile, in der der – scil.: männliche – Horus angesprochen ist, könnte der Interpretation als „weiblicher Horus“ von allen drei Optionen die größte Plausibilität verschaffen. Insgesamt betrachtet sind jedoch die Zerstörungen zu groß, um eine wirklich sichere Aussage treffen zu können.
ꜥꜣi̯.t šf.jt={sw}〈st〉 nb.t sḏ.t ꜥꜣi̯.t pḥ,t{t}〈j〉 {⸮mw?} mḥn(.yt) m dp n nb={sw}〈s〉: Burkard, in: Fs Junge, Bd. 1, 116 und 119 mit Anm. 44-45 setzt zwei Adjektivalsätze ꜥꜣ-šf.yt sw und ꜥꜣ-pḥ.tj sw an. In dem Moment, in dem man die beiden Epitheta aber tatsächlich als Epitheta interpretiert, stellt sich die Frage, ob die Ägypter selbst sie zum Zeitpunkt der Erstellung des Dokuments überhaupt noch adjektivisch auffassten und daher zum Prädikat eines Adjektivalsatzes machen konnten.
Quack, Altägyptische Amulette, 130, Anm. 158 vermutet in dem zweimaligen sw eher Suffixpronomina, genauer: Verschreibungen für das feminine Suffixpronomen =s.
mḥn(.t) ...: Die Anrufung der Gottheit als Ringelschlange auf dem Kopf ihres Herrn macht eine Identifizierung mit Sachmet/Hathor relativ wahrscheinlich. Dazu passen auch andere hier genannte Epitheta. Dies würde zudem den passenden Link zur folgenden Formel bieten, in der Horus als „Papyrusamulett der Sachmet“ angerufen wird.
Die Zeichen nach pḥ.tj sind nicht ganz sicher. Burkard, in: Fs Junge, Bd. 1, vermutet darin eine m-Eule – eher demotisch als hieratisch geschrieben, s. seinen Kommentar zur ersten Zeile auf S. 116 – und den ḥ-Docht. Seiner Übersetzung auf S. 119 zufolge deutete er das m als Präposition („(...) als (...)“) und den Docht vermutlich als fehlerhaft vorangestelltes phonetische Komplement zu mḥn. Auf dem Foto der Berliner Elephantinedatenbank (https://elephantine.smb.museum/rep_pictures/2400/P_23032_R.jpg, Zugriff 27.11.2023) wirkt es so, als sei Burkards m in zwei Zügen geschrieben: zuerst ein kurzer waagerechter Strich in der oberen Zeilenhälfte, und dann eine Form, die wie eine w-Schleife mit langgezogenem unteren Ende aussieht. Ob hier der Versuch einer Korrektur vorliegt, kann nicht mehr ausgemacht werden.
Zusammen mit dem anschließenden senkrechten Zeichen wirkt die Gruppe wie die demotische Schreibung mw, die für älteres mj: „wie“ und für m-ꜥ: „(befreien) von, (bewahren) vor“ vorkommt, vgl. Erichsen, Glossar, 154 (für Beides), Smith, in: Enchoria 8 (2), 1978, 22-23 (für mj) und Smith, P. Harkness, 211, Kommentar c (für m-ꜥ). Belege für Ersteres finden sich zusammen mit mj-Schreibungen unter https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/d2329, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 27.11.2023); Belege für mw als m-ꜥ unter https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/d2376, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 27.11.2023). Erichsen, Glossar, 145 und 154 führt diese Schreibung zusätzlich noch für die einfache Präposition m auf. Aber Smith schreibt in P. Harkness, 211, dass dies nur vor ḥ oder ẖ vorkomme; auch die beiden Belege für andere Kombinationen, die er aufführt (u.a. pHarkness 4,31) dürften eher in die Kategorie m für m-ꜥ fallen.
In der hier diskutierten Stelle ergibt nun weder mj noch m-ꜥ einen Sinn: Ersteres nicht, weil wohl kaum ein Vergleich der „Kraftvollen“ mit der Umringlerin vorliegt, sondern eine Koordination zweier verschiedener Epitheta, und Letzteres, weil aufgrund derselben Gleichsetzung die Umringlerschlange keine Entität ist, vor der der Nutznießer des Amuletts gerettet werden soll.
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