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Der Übersetzungsvorschlag ist völlig spekulativ. Fischer-Elfert, Lesefunde, 152 übersetzt: „Das göttliche Ei ist aus Re hervorgekommen, mit dauerhaften Seiten (= Schalen). ‚Selqet{beschwörer}‘ ist der Name der Frau des Horus.“
Für diesen und den nächsten Satz vgl. die sehr ähnliche Konstruktion in pBoulaq VI, 5,4-5: mntk zꜣ nṯr pri̯ m Nwn m-ḏr wn {n=j} tꜣ p.t jwr.ṱ n nṯr.w jw Jmn(.w) ⟨jwr.ṱ m⟩ rmṯ.w {ẖrj}⟨ḫrw⟩ sgp m Jwn.w: „Du bist ein Gottessohn, der aus dem Urozean gekommen ist, als der Himmel mit den Göttern schwanger war und Amun ⟨mit⟩ den Menschen ⟨schwanger war⟩. Die Stimme eines Rufes ist in Heliopolis (…)“, https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/text/3MPPZKFMURC63LPGAVQ4OJ5ULE/sentences?page=8, Satz 77 und 78. Diese Sätze erscheinen dort innerhalb einer Rede des „Leidenswassers“ (mw mḥr), d.h. wohl des Giftes, und sind vermutlich an den Leidenden oder eher den Magier gerichtet.
Aus diesem Grund wird auch hier der Satz vorschlagsweise als Vokativ übersetzt, mit dem, wie in der Rede des „Leidenswassers“, vielleicht der Magier angesprochen ist. Dadurch könnte man u.U. auch das ḫrp stehenlassen, das Fischer-Elfert tilgen musste (s. unten).
pri̯ m Rꜥw: In pBoulaq VI kommt der angesprochene „Gottessohn“ aus dem Urozean hervor, was auf eine Gleichsetzung mit dem Sonnengott hindeutet. Infolgedessen könnte man überlegen, die Präposition m in oDeM 1227 trotz der scheinbaren parallelen Konstruktion prädikativ statt lokal/separativ aufzufassen.
ḏrww: Geschrieben mit Pluralstrichen und dahinter (sic!) einem runden Zeichen mit einem diagonalen Strich in der Mitte. Fischer-Elfert, a.a.O. denkt an das Lemma ḏrw.w: „Seite“, https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/185060, und vermutet eine Bezeichnung der Schalen des Eis. Er gibt aber zu bedenken, dass die Schalen „ansonsten“ (unter Verweis auf Sethe, Amun, § 160) gs.wj: „die Hälften“ genannt werden. Wenn man wꜣḥ ḏrww auf Re statt auf das Ei bezieht, könnte man es ggf. auch als „Farbenfroher“ oder „von satter Farbigkeit“ übersetzen (s. Harris, Minerals, 157, vgl. wohl auch Wb 1, 349.15, dort mit wḥꜥ statt wꜣḥ, aber beide Verben können aufgrund der sprachlichen Entwicklung in späterer Zeit füreinander eintreten). Eine solches Epitheton könnte eine individuelle Analogiebildung zu dem gut belegten Epitheton sꜣb-šw.t: „der Buntgefiederte, der prachtvoll Gefiederte“ als Bezeichnung für Horus Behedeti und andere Manifestationen des Horus sein und vielleicht auf die Färbung der Sonne anspielen.
Daneben sind auch andere Interpretationen denkbar: Fischer-Elfert, a.a.O., 159 vermutet, dass in den ersten beiden Versen des Textes eine Anspielung auf die Verletzung des Re durch einen Skorpion vorliegt. Vor diesem Hintergrund könnte der Bezug des „göttlichen Eies“ auch ein ganz anderer sein: Möglicherweise ist damit das Gifttier gemeint, das im Mythos von Isis und Re als „edles Gifttier“ (ḏdf.t šps.t) in Form einer „Nadel(?)“ (ḥty.t) erscheint. Dort wird es aus dem Speichel des Re geformt und kommt daher de facto ebenfalls „aus Re“ hervor. Dieses Gifttier wird von Isis auf den Weg bzw. die Kreuzung (zmꜣ.tj bzw. zmꜣ wꜣ.t) geworfen, auf dem/der Re vorbeikommen muss (pChester Beatty XI, rto 1,9 = https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ICQCYNhHMomFwkOiqNTFexbxDZM und pTurin CGT 54051 / pTurin Cat. 1993, rto 3,4 = https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/FHHDHZN6MFEKBNAXYG422BADJQ, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 17.1.2025)). Nun wird in dem Miscellany-Text pChester Beatty IV, vso 4,8 (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd03xNjsHuEDCjv0QEQpyJdk, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 17.1.2025)) das Substantiv ḏrw.w: „Seite“ einmal im Sinne von „Wegesrand“ verwendet. Wenn man diese Bedeutung auch für oDeM 1227 annimmt, wäre es denkbar, dass in den ersten Versen des Textes die Rede ist von dem „Göttlichen Ei, aus Re hervorgekommen, ⟨auf⟩ den Wegesrand gelegt; {Beschwörer der} Selkis ist ⟨ihr⟩ Name {der}; die Horusfrau (ist es).“
Von derselben Grundannahme, dass mit dem „göttlichen Ei“ ein Skorpion gemeint ist, geht schließlich die weitere Option aus, dass das hiesige ḏrw.w eine Schreibung für das ansonsten bislang nur einmal belegte ḏrw.t im Sinne von „Klumpen“ o.ä. (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/185020) ist. Es wäre also ein „göttliches Ei, aus Re hervorgekommen und (als) Klumpen ausgelegt …“. In dem Fall könnte man sogar noch weiter gehen und fragen, ob man besser sḫm statt ḫrp lesen sollte (zur Schreibung von sḫm ohne komplementierendes m vgl. DZA 29.490.010) und hierin ein Attribut zum Klumpen vorliegt, das man als „gewalttätig >>> gefährlich“ interpretieren kannt. Ein solches Attribut lässt sich zusätzlich noch lexikalisch als Anspielung auf die Formel nn sḫm=sn m ḥꜥ.w=k: „Sie werden keine Macht über deinen Körper ausüben“ lesen. Denn genau das ist es schließlich, was der Skorpion im Mythos von Isis und Re tut: Er sticht Re und droht, ihn dadurch zu töten. Und in pTurin CGT 54051 / pTurin Cat. 1993 rto 5,1 spricht Isis das Gift im Körper des Re dann sogar als mtw.t sḫm(.t): „mächtiges Gift“ an, https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ZAZGVLGNGBCLJHZ2VOQNMJLYS4, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 17.1.2025).
ḫrp Srq.t rn n ḥm.t Ḥr.w: Fischer-Elfert, a.a.O., 151-152 tilgt das Wort ḫrp, wohl in der Annahme, dass dem Schreiber hier versehentlich der Titel des Skorpionbeschwörers aus der Feder geflossen ist. Wenn man die erste Kolumne des Textes als Vokativ auffasst, könnte man das ḫrp aber ggf. stehenlassen.
Bezüglich auf die restliche Wortfolge ab Srq.t kann nur Fischer-Elfert, a.a.O., 158 wiederholt werden: „Was bedeutet der Satz *‚Selqet ist der Name der Frau des Horus‘ an dieser Stelle?“ Daher wird hier eine Emendation vorgeschlagen, wenn auch als rein spekulativen Vorschlag, weil die hier vorgeschlagene Formel aus ḥm.t-Ḥr.w im Prinzip einen Eigennamen macht und die Formel „in diesem deinen Namen als NP“ üblicherweise eben noch als deiktisches Element ein Demonstrativpronomen einschließt.
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Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Lutz Popko, unter Mitarbeit von Samuel Huster, Token ID ICUAVikwFjJpl0UQlJoGNGU5h9E <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/ICUAVikwFjJpl0UQlJoGNGU5h9E>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 20, Web-App-Version 2.3.2, 31.10.2025, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/ICUAVikwFjJpl0UQlJoGNGU5h9E, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)
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