Persistente ID:
852323
Persistente URL:
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/852323
Lemma-Liste: Hieroglyphisch/Hieratisch
Wortklasse: Substantiv
Übersetzung
[eine Körnerfrucht (Johannisbrotbaum-Bohne?)]
[seed fruit (carob bean?)]
Bezeugung im TLA-Textkorpus
Keine Belege im TLA-Textkorpus
Bibliographie
-
Lesko, Dictionary III, 39
- vgl. Charpentier, Recueil, Nr. 940
Kommentare
Datensatz erstellt:
vor Juni 2015 (1992–2015),
letzte Revision:
26.04.2023
Redaktionsstatus:
Inaktiv
Bitte zitieren als:
(Vollzitation)"spr.ty" (Lemma-ID 852323) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/852323>, ediert von Altägyptisches Wörterbuch, unter Mitarbeit von Andrea Sinclair, Simon D. Schweitzer, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/852323, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)
Sauneron, Ophiologie, 96 und 229 liest den Drogennamen spr.tj bzw. seinem Index zufolge spr.t und übersetzt mit „carob“. Mit dieser Übersetzung bezieht er sich zweifellos auf das Lemma sp(r)t: „carob beans“ von Lesko, Dictionary III, 39. Leskos Eintrag ist jedoch graphisch und lexikalisch anzuzweifeln:
(1) Graphisch: Leskos einzige Referenz ist „LEM 5,14,4“, d.h. Zeile 14,4 des fünften LEM-Textes, pAnastasi IV = GLEM, 50,9; CLEM, 199. Leskos Übersetzung wird daher sicherlich auf Caminos zurückgehen, der a.a.O. tatsächlich mit „carob beans“ übersetzt. Allerdings fasst Caminos die Anastasi-Stelle nicht als spr o.ä. auf, sondern als wꜥḥ, s. den Kommentar, S. 206 (Caminos’ Lesung übernommen von P. Dils in https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBdypD2MR4mUVYrrU708ZgQYs, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 5.9.2023)).
In manchen, v.a. neuhieratischen Texten kann wꜥḥ auch mit einem zusätzlichen t geschrieben werden, vielleicht aufgrund der Ähnlichkeit der Logogramme, vielleicht auch, weil das Mineralienkorn N33, mit dem wꜣḥ klassifiziert werden kann, in manchen hieratischen Handschriften wie ein t aussehen kann. Die Ähnlichkeit von t und r im Hieratischen scheint dann in einem zweiten Schritt dazu geführt haben, dass dieses Wort mit einem zusätzlichen vermeintlichen r geschrieben werden kann. S. dazu schon den Verdacht des Wb auf dem Schreibungszettel von wꜥḥ, DZA 22.235.480 und konkret zu pAnastasi IV DZA 22.235.550 sowie in Wb 4, 105.1 bei der Körnerfrucht spr. Die beiden einzigen Wb-Belege für die Körnerfrucht spr, pHarris I, 38b,1 und 54b,11, interpretiert Grandet, Papyrus Harris I, Bd. 1, 275 und 298 sowie Bd. 2, 151, Anm. 601 „très prob[ablement]“ ebenfalls als wꜥḥ: „amande de terre“.
Ptolemäische, d.h. hieroglyphische, Texte kennen ebenfalls eine sprw geschriebene Pflanzen(teil)bezeichnung, scheinbar eindeutig geschrieben mit der Rippe (𓄭) statt der Mondsichel (𓇹). Doch schon Wilson, Ptol. Lexikon, 828 vermutet einen Zusammenhang dieses Wortes mit dem Produkt des pHarris, und tatsächlich wirkt es wie eine (im Prinzip rein graphische) Weiterentwicklung der Form mit Mondsichel. Verwechslungen dieser beiden Zeichen (sowie zusätzlich noch der Oberlippe) vermerkt bereits Gardiner in seiner Zeichenliste, s.v. D 24, F42 und N11, also bereits für mittelägyptische Texte.
Auch das scheinbare spr.tj des Brooklyner Schlangenpapyrus dürfte eine Weiterentwicklung sein. Denkbar ist etwa eine als tj missverstandene hieratische Ligatur für t über Mineralienkorn, was dann die Hinzufügung einer neuen Klassifikatorengruppe nach sich zog. Das heißt, ein ursprüngliches *𓇹𓂋𓈒𓏥 könnte als *𓇹𓂋𓏏𓏭 missverstanden und zu dem auf dem Papyrus stehenden 𓇹𓂋𓏏𓏭𓈒𓏥 „verbessert“ worden sein. Als rein graphische Variante interpretieren es auch Bardinet, Papyrus médicaux, 538 („rhizome de souchet gomestible“) und Westendorf, Handbuch Medizin, 264 („Erdmandeln (wꜥḥ)“).
(2) Lexikalisch: Sauneron denkt an „carob“. So übernimmt es auch Stegbauer, in: Janowski/Schwemer, Texte zur Heilkunde (TUAT N.F. 5), 292: „Johannisbrot“. Wie die Lesung spr.tj dürfte auch die Übersetzung „carob“ von Leskos Eintrag zu spr(t) inspiriert sein. Dessen Übersetzung basiert jedoch auf einem Missverständnis von Caminos’ Text, der zwar an „carob beans“ denkt, aber das Lemma wꜥḥ vor Augen hatte. Für dessen Bedeutung verweist Caminos auf Loret, in: RecTrav 15, 1893, 122-124, der wꜥḥ tatsächlich mit Johannisbrot identifiziert. Inzwischen wird dieses Substantiv jedoch mit „Erdmandel“ übersetzt, s. dazu https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/44830, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 5.9.2023). Wenn Golding, Brooklyn Papyrus, 340 und 343, Note 7 bei der Übersetzung „carob pods“, bleibt, dann nicht, weil sie diesen Übersetzungsansatz neu untermauert, sondern weil sie die hieroglyphische Transliteration des Hieratischen als jrtj missversteht und an das Lemma DrogWb, 51 = https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/877850, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 5.9.2023), dessen Parallele ḏꜣr.t lautet.
Unter der Prämisse, dass das Wort spr.tj nur eine ungewöhnliche Graphie von wꜥḥ ist, kann nur dessen aktuelle Übersetzung, „Erdmandel“, zutreffen.
Literatur:
– T. Bardinet, Les papyrus médicaux de l’Égypte pharaonique, Penser le médecine (Paris 1995).
– R.A. Caminos, Late-Egyptian Miscellanies, Brown Egyptological Studies 1 (London 1954).
– A.H. Gardiner, Late-Egyptian Miscellanies, Bibliotheca Aegyptiaca 7 (Bruxelles 1937).
– W.R.J. Golding, The Brooklyn Papyrus (47.218.48 and 47.218.85) and its Snakebite Treatments (PhD-Thesis, Pretoria 2020), in: http://hdl.handle.net/10500/26760 (zuletzt geprüft am: 23.03.2023).
– P. Grandet, Le Papyrus Harris I (BM 9999), Bibliothèque d’étude 109 (Le Caire 1994).
– H. Grapow, H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959).
– L.H. Lesko, B. Switalski Lesko, A Dictionary of Late Egyptian. Vol. III (Providence 1987).
– V. Loret, Recherches sur plusieurs plantes connues des anciens Égyptiens (suite), in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes 15, 1893, 105-130.
– S. Sauneron, Un traité égyptien d’ophiologie. Papyrus du Brooklyn Museum No. 47.218.48 et .85, Bibliothèque générale 11 (Le Caire 1989).
– K. Stegbauer, Das Brooklyner Schlangenbuch, in: B. Janowski – D. Schwemer (Hrsg.), Texte zur Heilkunde, Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, Neue Folge 5 (Gütersloh 2010), 274-298.
– W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I.36 (Leiden 1999).
– P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997).
L. Popko, 05. September 2023.
Autor:in des Kommentars: Strukturen und Transformationen