pBM EA 10083, OAD L1(Object ID 4XDKHK52T5GSVAESKTXJCC672I)


Persistent ID: 4XDKHK52T5GSVAESKTXJCC672I
Persistent URL: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/4XDKHK52T5GSVAESKTXJCC672I


Data type: Object


Object type: Schreibblatt


Materials: Papyrus

Dimensions (H×W(×D)): 63,8 × 6 cm


Condition: fragmentarisch

Comment on materiality

  • Der Text ist nicht vollständig erhalten. Vom oberen Ende des Papyrus ist ein Teil von unbekannter Länge verloren. Der erhaltene Papyrusstreifen ist 63,8 cm lang und 6 cm breit. Da das obere Ende des Papyrus ist nicht erhalten ist, ist es schwer, zu entscheiden, auf welcher Seite sich der Anfang befunden hat. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 1) führt zwei Gründe an, die ihn veranlasst haben, den Beginn des Textes auf der Seite des Papyrus zu vermuten, auf der die vertikalen Fasern oben liegen: Erstens beginnen die meisten anderen Papyri ebenfalls auf dieser Seite, und zweitens befindet sich auf der anderen Seite in den Zeilen 52–59 eine Formel, die in vollständig erhaltenen Texten eine Art Epilog darstellt. Auf der Basis einer vergleichenden Zusammenschau aller Texte ist also davon auszugehen, dass auch der hier vorliegende Text auf der Seite des Papyrus beginnt, auf dem die vertikalen Fasern oben liegen. Diese Seite wird im Folgenden – Edwards entsprechend – als „Recto“ bezeichnet.
  • Es mag zunächst etwas irritieren, dass die Seite des Textes als „Recto“ bezeichnet wird, bei der die vertikalen Fasern oben liegen. Die Oracular Amuletic Decrees sind generell auf sehr schmalen und zum Teil enorm langen Papyrusstreifen notiert worden. Wie haben die Schreiber diese Streifen hergestellt? Die einfachste Methode ist die, einen schmalen Streifen von einer bereits vorbereiteten Rolle abzuschneiden. Edwards hat bei einer Untersuchung der Klebungen Hinweise auf genau dieses Vorgehen festgestellt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii). So konnte er bei einer Reihe von Texten, Klebungen in regelmäßigen Abständen feststellen, die auf eine vorgefertigte Rolle hindeuten. Allerdings erwähnt er auch, dass es Texte gibt, die unregelmäßige Abstände bei den Klebungen aufweisen bzw. aufzuweisen scheinen (ebd.). Daraus zieht er den Schluss, dass es für die Herstellung der OAD keine festgelegte Methode gab, sondern die Schreiber vielmehr das Material verwendeten, das sie gerade zur Hand hatten; seien es Abschnitte einer Rolle, oder anderweitige Streifen, bzw. eine Kombination aus beidem. Als Beispiel eines zusammengestückelten Papyrus führt er insbesondere Papyrus London BM EA 10320 (L4) an (ebd.). Dieser Papyrus beginnt mit einem Stück auf dem neun Zeilen des Textes erhalten sind, bei dem aber die horizontalen Fasern oben liegen Dieses Stück ist an den Streifen mit vertikalen Fasern angeklebt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 27). Genau diesen Papyrus möchte ich allerdings als wichtigen Hinweis dafür benennen, dass die Schreiber in der Regel einen schmalen Streifen von einer vorbereiteten Rolle abgeschnitten haben. Das kurze Stück mit dem anderen Fasernverlauf ist doch zweifelsfrei ein sog. Schutzblatt bzw. protocollon zu Beginn einer Papyrusrolle (vgl. Turner, The Terms Recto and Verso, 28–29), das in diesem Fall entgegen der allgemeinen Praxis ebenfalls beschriftet wurde. Die Klebung zeigt zudem deutlich an, dass es sich um das Recto der betreffenden Rolle handeln muss (An dieser Stelle möchte ich Nadine Quenouille für ihre papyrologische Expertise und Einschätzung sehr herzlich danken). Der Schreiber hat also den Streifen von einer neuen Rolle abgeschnitten und dann zur Beschriftung um 90 Grad gedreht. Es handelt sich also papyrologisch um ein „transversa carta“ (Turner, The Terms Recto and Verso, 29; Bülow-Jacobson, in: Oxford Handbook of Papyrology, 21–22), ähnlich wie es bei spätramessidischen Briefen zu beobachten ist (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii [7] mit Verweis auf Černý, LRL, xvii-xx).


  • Finding place

    • Theben
      Certainty: probable
      Is the original place of use: Yes
      Comment on this place: Die genaue Herkunft des Papyrus ist nicht bekannt. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiii) geht von einer Herkunft aus Theben aus, die er an den im Text genannten Göttern festmacht. Die Götter, die das Orakel geben, sind Month-Re-Harachte, der Herr von Theben sowie Iunit. Für beide wird als Kultort das „Südliche Heliopolis“, in diesem Fall, also Karnak genannt. Der Name der Besitzerin des Amuletts, Buiruharchons „Sie haben Chons nicht geplündert“, ist vor allem im thebanischen Raum belegt, s. Thirion, in: RdE 33, 1981, 84.


Current location

  • British Museum
    Inventory no(s).: BM EA 10083
    Is at this location: Yes
    Comment on this place:
    Der Papyrus befand sich zunächst im Besitz von Luigi Vassalli und wurde im Jahr 1856 mit weiteren Objekten unterschiedlicher Herkunft und Datierung für das British Museum angekauft (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 1; https://www.britishmuseum.org/research/collection_online/ search.aspx?people=98174&peoA=98174-3-17). Der italienische Ägyptologe Vassalli (1812–1887) reiste ca. 1841 nach Ägypten und war zunächst Antikenhändler, bevor er im Jahr 1859 Assistent von Auguste Mariette und später Kurator des Museums in Bulaq wurde (Bierbrier, Who was who, 4. Aufl., 553).

Comment on dating:

  • Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiii–xiv) geht von einer Datierung des gesamten Korpus der Amulettpapyri mit Orakeldekreten in die 22./23. Dynastie aus. Ein einziger Text (L7: pBM EA 10730) liefert einen Hinweis auf die Datierung, denn er ist für einen Prinzen und zukünftigen General in der Armee eines Königs Osorkon geschrieben, bei dem es sich nach Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiv) und Ritner (The Libyan Anarchy, 74) vermutlich um Osorkon I. handeln dürfte, während Jacquet-Gordon (in: GS Sauneron I, 175, n. 5; Ead., in: BiOr 20, 1963, 32) und ihr folgend Verhoeven (Buchschrift, 13) von Osorkon II. ausgehen. Diese Datierung basiert auf Textparallelen im Text auf einer Statue aus Tanis (Kairo CG 1040 + CG 881 + Philadelphia E 16159: s. Jacquet-Gordon, in: JEA 46, 1960, 23), die ursprünglich für Sethos I. angefertigt und für Osorkon II. wiederverwendet und neu beschriftet wurde (s. Sourouzian, in: FS Gaballa, 97–105). Der Text L7 wäre also in die 22. Dynastie, oder für den Fall, dass es sich ungeachtet der Parallelen doch um einen späteren Osorkon handeln würde, spätestens in die 23. Dynastie zu datieren. Nach Koenig (in: CRIPEL 9, 1987, 31) ist aufgrund der Paläographie sowie spezifischer Schreibungen mindestens für einen Teil der Texte, den hier bearbeiteten mit eingeschlossen, eine Datierung in die 21. Dynastie anzunehmen. Auch der Name der Besitzerin, Buiruharchons „Sie haben Chons nicht geplündert“ (Thirion, in: RdE 33, 1981, 83–84) liefert einen Hinweis zur zeitlichen Einordnung. Namen von diesem Typ sind inhaltlich und sprachlich ab der 21. Dynastie belegt (JWIS I, 277; Guentch-Ogloueff, in: BIFAO 40, 1940, 124 und 133; Jansen-Winkeln, Äg. Biogr. der 22. und 23. Dyn., 192; Thirion, in: RdE 33, 1981, 83–84), was als Terminus post quem zur paläographischen Datierung passt.


Owner: Privatperson


Bibliography

  • – I. E. S. Edwards. Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series: Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom I. Text. London 1960, 1–13. [*Ü, *K]
  • – I. E. S. Edwards. Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series: Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom II. Plates. London 1960, pl. I–III. [*T, *P]
  • – H.-W. Fischer-Elfert. Altägyptische Zaubersprüche. Stuttgart 2018, 108–112 [Ü].
  • – G. Pinch. Magic in Ancient Egypt. London 2006, 37 Fig. 16b [P].
  • – T. G. Wilfong. The Oracular Amuletic Decrees: A Question of Length. In: JEA 99 (2013), 295–300. [K]
  • – A. Grams. Der Gefahrenkatalog in den Oracular Amuletic Decrees. In: SAK 46, 2017, 55–100. [K]
  • – A. Roß. Der Schutz von Kindern im alten Ägypten. Die religiösen und soziokulturellen Aspekte der Oracular Amuletic Decrees. Göttingen 2019. [K]


External references

British Museum Y_EA10083
Trismegistos 381257

File protocol

  • Ersteingabe: Anke Blöbaum, 10. Oktober 2019


Author(s): Anke Blöbaum; with contributions by: Altägyptisches Wörterbuch, Lutz Popko
Data file created: 10/10/2019, latest revision: 10/12/2023
Editorial state: Verified

Please cite as:

(Full citation)
Anke Blöbaum, with contributions by Altägyptisches Wörterbuch, Lutz Popko, "pBM EA 10083" (Object ID 4XDKHK52T5GSVAESKTXJCC672I) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/4XDKHK52T5GSVAESKTXJCC672I>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Corpus issue 18, Web app version 2.1.3, 5/16/2023, ed. by Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning on behalf of the Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften and Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils on behalf of the Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (accessed: xx.xx.20xx)
(Short citation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/4XDKHK52T5GSVAESKTXJCC672I, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (accessed: xx.xx.20xx)