ky(Lemma ID 163830)
Hieroglyphic spelling: 𓎡𓇋𓇋𓅱𓃷𓏪
Persistent ID:
163830
Persistent URL:
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/163830
Lemma list: Hieroglyphic/hieratic
Word class: common noun (masc.)
Translation
Attestation in the TLA text corpus
4
Attestation time frame in the TLA text corpus:
from
1939 BCE
to
1198 BCE
Spellings in the TLA text corpus:
Bibliography
-
Wb 5, 110.4
- FCD 285
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(Full citation)"ky" (Lemma ID 163830) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/163830>, edited by Altägyptisches Wörterbuch, with contributions by Lisa Seelau, Simon D. Schweitzer, Annik Wüthrich, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Corpus issue 19, Web app version 2.2.0, 11/5/2024, ed. by Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning on behalf of the Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften and Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils on behalf of the Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (accessed: xx.xx.20xx)(Short citation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/163830, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (accessed: xx.xx.20xx)
In pAnastasi I, Zeile 23,5 steht der schwer verständliche Satz jbt km jr mhr nm (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBdzdg1fMNREFnuz95R9v0KQU). Die hierin stehende Zeichenkette 𓎡𓄿𓅓𓂝𓀁𓇋𓄿𓏭𓂋𓏤𓄛𓏫 verband Chabas, Voyage d’un Égyptien en Syrie, en Phénicie, en Palestine, &c., 220 mit der semitischen Wurzel gml: „Kamel“; und er schlug als Übersetzung für den Satz vor: „Esclave, chameau (au) Mohar pour manger!“ Dadurch erhielt er einen schriftlichen Beleg für das Vorhandensein von Kamelen in Ägypten bereits in der Ramessidenzeit. In Études sur l’antiquité historique, 404-412 glaubte Chabase ferner, in den Tiernamen 𓎡𓁹𓇋𓇋𓅱𓄛 bzw. 𓎡𓄿𓁹𓇋𓇋𓅱𓄛 einen weiteren Begriff für das Kamel vorzufinden. Das erschien ihm möglich, weil das Auge aufgrund der Gruppe 𓌴𓁹 für mꜣꜣ auch die Lesung maar haben könne. In 𓎡𓁹𓇋𓇋𓊗𓏮𓀓 vermutete er a.a.O., 412 einen „danse de chameau“: „faire des courbettes“.
Diese Identifikationen wurden übernommen von Houghton, in: PSBA 12, 1890, 81-84, der Chabas’ Übersetzung des Satzes leicht modifizierte: „(Give) the flesh of the camel to the Mohar to eat.“ Auch Brugsch übernahm in seinem Wörterbuch sowohl Chabas’ Identifizierung des Tieres von pAnastasi I (Brugsch, Wb IV, 1495) als auch dessen Verbindung mit dem leicht anders geschriebenen Tier (Brugsch, Wb VII, 1277). Ebenso noch partiell Budge, Hieroglyphic Dictionary, Bd. 2, 786 (s.v. kaȧri) und 788 (s.v. kam’ȧar, kamȧl), wobei er im ersten Fall als Hauptübersetzung „goat“ angibt und lediglich am Ende des Eintrags schreibt: „a reading suggested for 𓎡𓄿𓁹𓇋𓇋𓄛 was ‚kamali‘, i.e., camel.“ Nur im zweiten Fall bleibt er bei der Identifizierung als „camel“. [NB: Die a.a.O. 808 gegebenen scheinbaren weiteren hieroglyphischen Belege für ein Wort „camel“, nämlich 𓎼𓅓𓃭𓈔 und 𓎼𓅓𓃭𓄛, sind zu streichen. Denn seine bibliographischen Referenzen „Rev. 11“ = Revillout, in: Revue égyptologique 11, 1904, 169 und 174 beziehen sich auf die Bearbeitung des demotischen, aus der frühen römischen Kaiserzeit stammenden pKrall, in der Revillout den eigentlich demotischen Text in Hieroglyphen umgesetzt hat.]
(A) Zu 𓎡𓄿𓅓𓂝𓀁𓇋𓄿𓏭𓂋𓏤𓄛𓏫
Chabas’ (und Houghtons) Interpretation der fraglichen Stelle des pAnastasi ist jedoch abzulehnen (erstmals, wenn auch ohne Begründung, Erman, in: ZÄS 15, 1877, 34). An sprachlichen Gründen lassen sich folgende anführen:
(1) In der „Wortmitte“ befindet sich der sitzende Mann mit Hand am Mund, der üblicherweise ein Klassifikator ist und daher ein Wortende markiert. Es liegen demzufolge zwei Wörter vor statt nur eines: 𓎡𓄿𓅓𓂝𓀁 und 𓇋𓄿𓏭𓂋𓏤𓄛𓏫, s. konkret zu dieser Stelle Burchardt, Altkanaanäische Fremdworte, Bd. 2, 2-3, Nr. 23 und vgl. Gardiner, Egyptian Hieratic Texts I.1, 25* mit Anm. 10. Die Funktion dieses Zeichens als Worttrenner bei fremdsprachigen Wörtern ist auch bei anderen Texten gelegentlich schon im Neuen Reich zu beobachten, und für dieses Phänomen im Demotischen s. die kurze Bemerkung in Quack, Demotische Grammatik, Kap. 1.4 „Determinative“.
(2) Die Zeichengruppe 𓇋𓄿 dient zur Wiedergabe eines semitischen Alephs, s. Hoch, Sem. Words, 28, Nr. 17; 413 und 506. Ein solches Aleph kommt jedoch in der semitischen Wurzel für Kamel nicht vor, diese ist dreiradikalig: gml.
(3) Auch der weitere Satzkontext lässt sich kaum so erklären, wie es Chabas und Houghton tun: (3.a) Chabas nahm die Gruppe 𓇋𓀁𓃀𓅯𓄿𓏏𓏐𓏒𓏥𓀁 als Wiedergabe der semitischen Wurzel für „Diener“, ʿbd. Diese kann jedoch nicht auf diese Weise wiedergegeben werden, v.a. aufgrund der Inkongruenz von semitisch Ayin ~ ägyptisch 𓇋𓄿. Zur Wiedergabe von semitisch ʿbd im Hieroglyphischen s. Hoch, a.a.O., 60-61, Nr. 69 und 63-65, Nr. 71; vgl. ferner a.a.O., 506. Houghton wiederum scheint 𓅯𓄿𓏏𓏐𓏒𓏥𓀁 als pꜣ tʾ aufgefasst zu haben. Doch erstens heißt tʾ „Brot“ und nicht „Fleisch“, und zum zweiten unterschlägt er das noch davorstehende 𓇋𓀁𓃀.
(3.b) Der Satz wäre zudem elliptisch oder sogar fehlerhaft, weil ihm nicht nur der Imperativ „give“ fehlt, sondern auch die Präposition n: „für“ vor mhr. Ersteres wäre in einem Ausruf weniger problematisch. Aber Letzteres wäre erklärungsbedürftig, weil der Schreiber von pAnastasi I die Präposition selbst vor Wörtern mit initialem n und m ausschreibt und somit kein Ausfall wegen lautlicher Assimilation vorliegen kann.
(3.c) Und schließlich erklären beide den Satzabschluss 𓈖𓂝𓅓𓏲𓀁 als n ꜥm: „zum Essen“, was jedoch nicht idiomatisch ist (man erwartet eher r wnm=f sw o.ä.) und im Fall des Verbs ebenfalls graphisch auffällig ist, da dieses in der Regel – wenn auch zugegebenermaßen nicht immer – zusätzlich mit 𓄈 klassifiziert ist.
Insgesamt betrachtet, können damit Chabas’ und Houghtons Lesungen der fraglichen Stelle in pAnastasi I, 23,5 als obsolet gelten. Für jüngere Interpretationen dieser Passage s. den Kommentar von P. Dils im TLA, https://aaew.bbaw.de/tla/servlet/S02?u=guest&f=0&l=0&db=0&wc=45233.
(B) Zu 𓎡𓁹𓇋𓇋𓅱𓄛 und 𓎡𓄿𓁹𓇋𓇋𓅱𓄛
Durch die Widerlegung der Annahme, dass in pAnastasi I ein Kamel erwähnt sei, ist auch der Interpretation von 𓎡𓁹𓇋𓇋𓄛 als zusätzliche, zweite Schreibung für das Wort „Kamel“ die Basis entzogen. Diese war ohnehin fraglich, weil contra Chabas (s. oben) das Auge nicht in beliebigen Zusammenhängen eine mit m beginnende Silbe wiedergeben kann, sondern einzig in der Abkürzung für das Verb mꜣꜣ: „sehen“, und hier konkret sogar nur bei Doppeltschreibung 𓁹𓁹, s. GEG, S. 540, s.v. Sign-list D4 sowie DZA 23.636.570. Nicht einmal im Ptolemäischen scheint das einfach gesetzte Auge den Lautwert m zu haben. Das trifft einzig für das doppelt geschriebene Auge zu, s. Kurth, Einführung, Bd. 1, 167. Obwohl bereits Houghton die Problematik der Lesung aufgriff und das Wort ohne m nur kȧri bzw. kaȧri transkribierte, erkannte er die Tragweite dieser Problematik – nämlich, dass dies eine Verbindung des diskutierten Wortes mit dem semitischen Wort für Kamel infrage stellt – nicht (an). (Vor diesem Hintergrund ist es überraschend, dass sich diese Verbindung sogar noch bei Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 457 findet; kritisiert von Meeks, AL, 77.4527.)
Erman, in: ZÄS 43, 1906, hat vielmehr diese Bezeichnung 𓎡𓁹𓇋𓇋𓄛 als Variante zum 𓎡𓇋𓇋𓅱𓃸 genannten Affen aus Kol. 165 der Erzählung des Schiffbrüchigen angesehen. Quasi wie eine nachgereichte Begründung für diese etwas apodiktische Behauptung liest sich auf DZA 30.583.160 der Verweis auf „ähnliche Verwechslungen von 𓈖𓂋𓄫𓅱 = 𓈖𓇋𓄿𓅱, 𓈖𓂋𓇋𓅬 = 𓈖𓇋𓅱𓅯 etc[.]“.
Das kyw-Tier aus dem Schiffbrüchigen ist durch seinen Klassifikator zweifelsfrei als eine Affenart identifizierbar. Erman erwähnt a.a.O. auch noch ein weibliches Pendant 𓎡𓄿𓇋𓇋𓏏𓃸 im Totenbuch, seine Referenz ist Naville, Todtenbuch, Bd. 2, Handschrift Ie = pBologna KS 3168, s. Foto Tb-Projekt, http://totenbuch.awk.nrw.de/objekt/tm133546#, rechtes Foto, 4. Kolumne von rechts = DZA 30.583.100: Der Klassifikator entspricht eher einem aufrecht stehenden Primaten als einen auf allen Vieren gehenden – jedenfalls nichts, was einem Kamel auch nur ähnlich sieht.
(Nebenbei bemerkt ist diese Tb-Stelle unverständlich und ergibt nur Sinn in den Varianten, in denen statt dieser Äffin der kꜣr-Schrein genannt wird.)
Ermans zusätzlicher Verweis auf den Frauennamen Ky.t, heute RPN I, 343.13, hilft bei der Identifizierung des Tieres dagegen nicht weiter.
(C) Zu 𓎡𓁹𓇋𓇋𓊗𓏮𓀓
Neben dem Simplex kjry gibt es noch eine bereits von Chabas genannte, reduplizierte Form 𓎡𓁹𓇋𓇋𓊗𓏮𓀓. Die Late Egyptian Miscellanies sprechen zunächst dafür, dass in der reduplizierten und nicht-reduplizierten Form nur Varianten derselben Tierbezeichnung vorliegen. Denn während pAnastasi V, 8,7 das kjry-Tier nennt, steht in der Parallele auf pAnastasi III, rto 4,1 das kjrykjry-Tier.
Auch dieses reduplizierte Wort bezeichnet eindeutig einen Affen. Denn zum einen sind im Haremhab-Dekret am 10. Pylon in Karnak, Zeile 46 Wärter dieses Tieres genannt (geschrieben kꜣy-zp-2: 𓎡𓄿𓇋𓇋𓊗𓏮𓃸). Die Stelle ist heute zwar zerstört (vgl. http://sith.huma-num.fr/karnak/5085), aber Sethe hat den Klassifikator bei seiner Kollationierung der Stelle im Jahr 1905 noch gesehen, s. DZA 30.583.070. Zum anderen wird derselbe Titel (dort ist das Tier 𓎡𓄿𓎡𓄿𓄛𓏤(𓏫) geschrieben) auf oDeM 2035 = oCairo JdÉ 63796 genannt und ist einer Person namens Huy beigeschrieben. Titel und Name dienen auf diesem Ostrakon als Beischrift zu einer bildlichen Darstellung einer Person, die einen Affen an der Leine führt und einen Stock zum Schlag ausgeholt hat (ein Wortspiel mit seinem Kurznamen?), s. Vandier-d’Abbadie, oDeM, Fasc. 1, Taf. 4 und https://www.ifao.egnet.net/bases/archives/ostraca/ostracafigures (letzter Zugriff: 08.11.2022).
In einem römerzeitlichen Hymnus an die Ferne Göttin, aufgeschrieben auf einer Tempelwand in Medamud, werden schließlich die kyw-Tiere (𓎡𓇋𓅱𓄛𓏥) und die kjrykjry-Tiere (𓎡𓁹𓇋𓇋𓊗𓏦𓄛𓏥) in parallelen Sätzen genannt, s. Darnell, in: SAK 22, 1995, 80-84 mit Kommentar und älterer Literatur. Das spricht dafür, dass es sich entgegen Ermans Vermutung (s. oben) doch um zwei verschiedene Tierbezeichnungen handelt. Diskutabel wäre hierbei, ob die terminologische Grenze zwischen den ky-/kjry-Tieren einerseits und den kjrykjry-Tieren andererseits verläuft (wofür der Aspekt der Wortbildung – Simplex vs. Reduplikation – spricht) oder zwischen den ky-Tieren einerseits und den kjry-/kjrykjry-Tieren (worauf die Varianz in den Miscellanies hindeuten könnte).
Die Identifizierung des kjrykjry-Tieres als Primat wird durch den Medamud-Beleg allerdings nicht infrage gestellt.
Zu den Handlungen, die mit diesen Tieren in den Quellen verknüpft werden und die sich vorrangig um das Tanzen sowie das hymnische Preisen drehen, s. die Literaturangaben bei CLEM, 85 und Darnell, a.a.O. Zu der Situla-tragenden kjry.t-Äffin aus der Lehre des Ani vgl. im Prinzip ferner noch das Bildostrakon Brüssel E.6764, Braun, Bilder erzählen, 244, Abb. 129 (für das in der Lehre erwähnte Gefäß, das von Houghton noch anders übersetzt wurde, s. Evrard-Derriks, Quaegebeur, in: CdÉ 54 (107), 1979, 46-49).
(D) Koptisch ⲕⲉⲗ
Osing, in: JEA 64, 1978, 187 und Cannuyer, in: RdÉ 35, 1984, 189-191c (Letzterem folgt Darnell, a.a.O., 84, Kommentar c) verbinden das kyw/kjry-Tier mit koptisch ⲕⲉⲗ und vermuten darin dessen späteres Derivat (Osing noch mit Fragezeichen, Cannuyer ohne). Dieses Wort kommt einmal, genauer gesagt in Chiffre-Schrift und nicht in koptisch geschrieben, im demotischen magischen Papyrus London-Leiden, vso 30,4 vor (Griffith/Thompson, Demotic Magical Papyrus London Leiden, Vol. 1, 200-201, https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBdxZ0jIQJB0sXlueDMhoEqvk).
Die Identifikation und Herkunft von ⲕⲉⲗ ist jedoch keineswegs sicher. Die drei von Darnell, a.a.O., Anm. 192 genannten koptischen Wörterbücher (Crum, CD, 102a; Černý, CED, 54 sowie Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 60) identifizieren ⲕⲉⲗ nicht. Während Crum, a.a.O. das Tier lediglich als nicht identifiziert bezeichnet, schlagen Černý und Westendorf eine Verknüpfung mit dem demotischen ql vor (Erichsen, Glossar, 545, https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/d6415), s. auch Erichsen selbst. Westendorf vergleicht außerdem mit dem femininen Wort ⲕⲗⲏ: „Katze, Wiesel“ (a.a.O.), wo er wiederum als ältere Entsprechung neben dem demotischen qr noch gꜥlꜣ.t (Erichsen, a.a.O., 573) angibt. Letzteres erscheint ebenfalls im demotischen Papyrus London-Leiden, wo es demotisch sowie in Chiffreschrift als ϭⲁⲗⲉ in rto. 24,25 geschrieben ist, s. Griffith/Thomson, a.a.O., 150 und https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBdyrp9e75XUPbip4FIIQrKGg. Laut Griffith/Thompson, a.a.O., Bd. 3, 102 und Erichsen, a.a.O., 573 handelt es sich bei diesem letzteren Wort jedoch um das griechische Substantiv γαλέη, γαλῆ (http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus%3Atext%3A1999.04.0057%3Aentry%3Dgale%2Fh). Sollte das auch der Ursprung des in Chiffre-Schrift geschriebenen ⲕⲉⲗ sein, wäre dessen Verbindung mit dem älteren kjry-Tier natürlich ausgeschlossen.
Vielleicht ist es auch kein Zufall, dass Vycichl, Dict. étym., keinen Eintrag zu ⲕⲉⲗ hat: Sollte er es als nicht-ägyptisch verstanden haben?
(E) Demotisch ql:
Die Beleglage für die demotische Tierbezeichnung ql ist mit nur drei Belegen (ohne das in Chiffre geschriebene) dürftig und liefert nur wenige Informationen für oder gegen eine bestimmte Identifizierung.
– In der Lehre des Anchscheschonqi, pBM EA 10508, 15,11-12 heißt es in einer parallel konstruierten Phrase, dass sich eine Frau vor einem Mann, der nach Myrrhe duftet, wie ein ql-Tier verhalte, vor einem Mann, der betrübt sei, dagegen wie eine Löwin. Und in Zeile 23,15 heißt es: „Ein ql, der Früchte liebt, hasst den, der sie isst.“ (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBdQ8clWKb8EQxgUi2tBllAAU).
– Der dritte Beleg stammt aus dem Traumbuch des pCarlsberg 14, Zeile d7, wo ein hohes Alter prophezeit wird, wenn man im Traum vom ql essen würde (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd8pXhtrgpkvFla5WL3peckk).
Glanville, Instructions of ꜤOnchsheshonqy, Part I, 37 und 53 übersetzt in Anchscheschonqi „cat“. Auf S. 77, Anm. 275 verweist er dafür explizit unter Bezug auf eine Mitteilung von [H.S.] Smith auf koptisch ⲕⲗⲏ. Die Übersetzung der ersten Passage kommentiert er S. 74, Anm. 187 damit, dass darin ein Kontrast zwischen Katze und Löwin bzw. zwischen Bastet und Sachmet angedeutet sei. Die zweite Passage kommentiert er nicht, obwohl diese eigentlich eine Übersetzung als „Katze“ ausschließt. Denn „Früchte“ (demotisch tgj) gehören nicht zu deren Nahrung. (Ebenso wenig zu der des Wiesels, eine zweite für ⲕⲗⲏ gegebene Bedeutung.) Lichtheim, in: GM 41, 1980, 73, Kommentar zu p. 171, verweist dagegen, ebenfalls unter Referenz auf Smith, auf das ältere ky, kjry und schlägt die Übersetzung „monkey“ vor. So dann auch Quack in Hoffmann/Quack, Anthologie, 2. Auflage, 324 und 331 für die beiden Stellen in Anchscheschonqi; ebenso Vittmann im TLA, s. die bereits gegebenen Links: „Affe“. Für die Stelle aus dem Traumbuch übernehmen Quack, in: TUAT N.F. 4, 362 und Vittmann, TLA ebenfalls die Übersetzung „Affe“. Dass er in dieser Stelle als Nahrung dient, besagt jedenfalls nichts für eine Identifizierung, da es sich dabei eben um einen Traum handelt.
Eine Identifizierung, um welche Art Primat es sich bei dem kyw/kjry/kjrykjry-Tier handelt, ist leider nicht möglich. Die kyw-Affen aus dem Schiffbrüchigen erscheinen in einer Liste von Produkten aus dem Süden im weiteren Sinne und werden dem namengebenden Schiffbrüchigen von der Schlange übergeben, die in der Geschichte als „Herr von Punt“ auftritt. Der Klassifikator weist das Tier ebenso als Affe aus wie die zuvor genannten gjf-Affen (wohl Meerkatzen); aber er ist nicht präzise genug für eine weitere Eingrenzung. Im Haremhab-Dekret, § 7, werden die Affenwärter angesprochen, die sich selbst, offenbar unrechterweise, diverse landwirtschaftliche Produkte von Stadtbewohnern aneignen. Kruchten, Décret d’Horemheb, 136-138 diskutiert zunächst eine religiöse Ursache, nämlich dass die Affen aufgrund ihrer Eigenschaft, frühmorgens die Sonne zu begrüßen, Bestandteil der Atonreligion waren und ihre Zahl bzw. die Zahl ihrer Wärter im Zusammenhang mit der Abkehr davon reduziert werden solle. Da er hierfür jedoch keinen positiven Beleg findet und die tanzenden Affen in den Miscellanies vielmehr auf reine Vergnügungen hinweisen, lehnt er am Ende einen religiösen Hintergrund ab und vermutet in ihnen eher Haustiere, die eben der Belustigung v.a. auch des Königshofes dienten. Die Reduktion der Affenwärter habe daher reine ökonomische Hintergründe. Zur Identität der Affen selbst nimmt Kruchten keine Stellung. Doch scheint sein erster Vorschlag, derjenige einer religiösen Deutung, eher Paviane zu implizieren, wohingegen seine weltliche Deutung wohl eher für die leichter zu händelnden Meerkatzen u.a. Affen sprechen würde. Zur eher ökonomischen Lesung der Stelle tendieren ferner:
– Helck, in: ZÄS 80, 1955, 134, der anmerkt, dass „sonst im ganzen Dekret nicht von Angelegenheiten der Tempelverwaltung gesprochen“ würde und der Fokus auf Betrug beim Abmessen der Lebensmittel läge;
–Gnirs, in: SAK 16, 1989, 84-85, die „Ausschreitungen in der Wirtschaftsverwaltung“ anspricht und in Anm. 20 unter den Gruppen, die „Fehlverhalten“ zeigten, auch die Affenwärter auflistet.
Zur religiösen Lesung tendiert dagegen Derchain (mdl. Mitteilung gegenüber Kruchten, vgl. Kruchten, a.a.O., 137, Anm. 473). Posener (bei Caminos, a.a.O.) verweist auf Aelian, De Nat. Anim. VI 10, laut dem Hundskopfaffen das Lesen, Tanzen und Musizieren beigebracht würde, was an die tanzenden Affen der Miscellanies erinnere. Auf Posener bezieht sich dann Cannuyer, a.a.O., 190, der im kyw- und kjrykjry-Affen eben einen „singe savant“, „probablement un cynocéphale“ sieht. Der Affe auf dem oben erwähnten Ostrakon DeM 2035 scheint, ebenso wie der auf parallelen Darstellungen, aufgrund seiner Größe augenscheinlich eher ein Pavian zu sein (so bspw. Vandier-d’Abbadie, oDeM, Fasc. 1, 7 oder Strouhal, in: Annals of the Náprstek Museum Praha 15, 1988, 55-58). Dagegen vermutet Sweeney, in: Fs Loprieno, 802 in Szenen dieses Typs eher kleinere Affen. Konkret nennt sie auf S. 801 im Zusammenhang mit den Darstellungen aus Deir el-Medineh neben zwei Pavianarten nur die „vervet monkeys (Cercopithecus aethiops))“, also eine Art der Grünen Meerkatzen. Vernus/Yoyotte, Bestiaire, erwähnen zwar den kyw und den kjkj-Affen, äußern sich aber nicht zu deren Identifizierung.
Bezüglich des demotischen ql-Affen verweist Cannuyer schließlich noch auf den den Ägyptern gut bekannten „[l]’appétit sexuel du cynocéphale“, der s.E. erklären würde, wieso in dem Aphrodisiakum des magischen Papyrus London-Leiden der Kot des ⲕⲉⲗ-Affen verwendet würde. Darnell, a.a.O., bezieht sich schließlich sowohl auf Derchain wie auch auf Cannuyer (und damit Posener). In seiner Übersetzung auf S. 80 differenziert er zwar sprachlich etwas zwischen „kyky-simians“ und kri.w-apes“, bleibt aber doch auf einem ziemlich allgemeinen terminologischen Level. Schott, Liebeslieder, 80 unterscheidet in seiner Übersetzung des Medamud-Textes zwischen „Meerkatzen“ und „Affen“. Aber es ist unklar, ob das auf mehr als rein stilistischer Varianz der deutschen Übersetzung begründet ist.
Literatur:
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– H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Bd. IV (Leipzig 1868).
– H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der Heiligen-und der Volks-Sprache und-Schrift der alten Ägypter. Nebst Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VII (Leipzig 1882).
– E.A.W. Budge, An Egyptian Hieroglyphic Dictionary. With an Index of English Words, King List and Geographical List with Indexes, List of Hieroglyphic Characters, Coptic and Semitic Alphabets, etc. (London 1920).
– M. Burchardt, Die altkanaanäischen Fremdworte und Eigennamen im Ägyptischen. Bd. 2. Listen der syllabisch geschriebenen Worte sowie der altkanaanäischen Fremdworte und Eigennamen (Leipzig 1910).
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– C. Cannuyer, Singe savant ou caméléon, in: Revue d’égyptologie 35, 1984, 189-191.
– J. Černý, Coptic Etymological Dictionary (Cambridge 1976).
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– F.J. Chabas, Études sur l’antiquité historique d’après les sources égyptiennes et les monuments réputés préhistoriques (Châlon-s-S 1872).
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– W. Helck, Das Dekret des Königs Haremheb, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 80, 1955, 109-136.
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L. Popko, 21. September 2021.
Commentary author: Strukturen und Transformationen