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r šnn rd.w r šnn ḏbꜥ: Edwards (HPBM IV, Bd. 1, 71 [37–38]) ist der Ansicht, dass sich das vorliegende Versprechen ausschließlich auf Teile des Kopfes beziehen müsse. Denn es fasst eine Reihe von Teilen des Kopfes zusammen (Ohr – Nase – Zunge – Hals – Zähne – Mund), die zumindest mehr oder weniger von oben nach unten aufgeführt werden. Doch dieser Reihe sind Beine bzw. Füße (rd.w) und Finger (ḏbꜥ) vorangestellt, die sich so nicht gut in die übliche Form der Auflistung einfügen, zumal im vorangehenden Versprechen eventuell die Wangen, also ebenfalls ein Bereich am Kopf erwähnt sein könnten (s. Kommentar zu Vso. 68,
6N2RGQUZIVBF7MC3P473A65JOY ). Daher geht er davon aus, dass es sich bei diesen beiden Bezeichnungen um Spezialbegriffe zur Bezeichnung bestimmter Bereiche am Kopf handeln müsse, ähnlich wie beispielsweise ꜥ(.w) 2 jr.t(j)=st als Bezeichnung der (oberen) Augenlider (s. Kommentar zu Vso. 74–75, RSIYO4Z3XRGZXK5OAXSQRGUC64 ), die in den folgenden Versprechen zu Gesunderhaltung von verschiedenen Komponenten der Augen erwähnt sind. Für diese Ansicht spricht, dass rd als Plural (Z2) klassifiziert ist und der üblicherweise zu erwartende Klassifikator „Bein“ (D56) nicht gesetzt ist. Es stellt sich die Frage, was mit „Beine/Füße“ und „Finger“ am Kopf bezeichnet sein könnte. Grandet (Harris I, Bd. 2, 36 [142]) verweist auf eine Bedeutung „Seil“ für rd, wobei er das Wort nicht mit „Bein“, sondern mit der Bezeichnung rwḏ „Sehne, Riemen, Band“ (Wb 2, 410.2–6) in Verbindung bringt, was im hier vorliegenden Text ebenfalls angenommen werden könnte, da ja der Klassifikator nicht gesetzt ist, und die Annahme, dass es sich um „Beine“ bzw. „Füße“ handeln muss, dem Kontext geschuldet ist. Wenn man davon ausgeht, dass mit beiden Bezeichnungen auf die Form des Körperbereichs verwiesen wird, könnte man sich vorstellen, dass damit die am Hals unter der Haut zum Teil erkennbaren Sehnenstränge gemeint sein könnten. Inwiefern sich dies zu dem Begriff mt (Wb 2, 167.9–14, MedWb 400–408) verhält ist nicht zu entscheiden. Eventuell haben wir es hier mit eher alltagssprachlichen Bezeichnungen zu tun, die sich von den medizinischen (Fach)begriffen unterscheiden.
Die Angabe des Plurals kann zwar als ein Argument aber nicht als Ausschlusskriterium für eine Bezeichnung der Beine im eigentlichen Sinne herangezogen werden, wie beispielsweise ein Beleg aus dem Balsamierungsritual (pBoulaq 3, x+10,17: Töpfer, Balsamierungsritual, Taf. 20–21) zeigt. Hier dient das Wort eindeutig als Bezeichnung des Körperteils und dennoch ist ein Pluralklassifkator gesetzt. In späteren Texten kann der Pluralklassifikator zudem fast wie eine Art Worttrenner fungieren und dadurch seine Signifikanz verlieren (Erman, Neuäg. Grammatik, 14 [§27]; vgl. Allon, in: LingAeg 18, 7–8, zur Verwendung von Klassifikatoren als Worttrenner).
Auch in einigen Beispielen aus den Pyramidentexten (s. Topmann, in: TLA (Okt. 2014): PT 553 § 1368c: Pepi I. u. Pepi. II.; PT 619 §1751a: Merenre u. Pepi. I.) findet sich die Bezeichnung der Beine im Plural, was allerdings durch die zeitliche Distanz für unsere Stelle nur schwer als Referenz herangezogen werden kann.
Im hier vorliegenden Text könnte das Fehlen des Klassifikators (D56) auch mit dem Ende der Zeile zu erklären sein. Insofern ist die Schreibung von rd (ohne generischen Klassifikator D56 aber mit Pluralklassifikator) nicht als eindeutiges Argument für Edwards Ansicht zu werten, kann aber ebenfalls nicht als Gegenargument verwendet werden. Die Stelle bleibt also uneindeutig.
Und dies umso mehr, da die folgenden Augenkomponenten von unten nach oben aufgezählt sind, während Versprechen zur Gesunderhaltung des Körpers in den Oracular Amuletic Decrees in der Regel, ebenso wie andere Listen von Körperteilen (vgl. Walker, Anatom. Term., 283–241) in einer Reihenfolge von oben nach unten, also von Kopf bis Fuß angelegt sind. Die Versprechen Leid von Bereichen des Körpers abzuwenden sind ebenfalls in diesen Kontext einzuordnen. Sie sind seltener als die Versprechen zur Gesunderhaltung belegt und kommen zumeist zusätzlich und deutlich weniger umfangreich in den OAD vor. Nur fünf Texte (pLondon BM EA 10251 (L2), Vso. 35–42; pTurin Cat. 1984 (T2), Rto. 68–74 und Vso. 68–73; pParis Louvre E 8083 (P2), Vso. 9–12; pParis BN 182 (P4), 31–32 (?); pLondon BM EA 10899 (C2), Rto. 31–38) zeigen diese Versprechen, bei denen „Leid“ in der Regel durch šnn (Wb 4, 515.3–9) ausgedrückt ist. Auch in Bezug auf diese Versprechen, ebenso wie bei den Versprechen zur Gesunderhaltung, ist der hier vorliegende Text in seinem Bestreben nach Ausführlichkeit als besonders zu werten. Die Versprechen in den anderen Texten ähneln sich in ihrer Formulierung, wobei der Text P4 aufgrund des Erhaltungszustands nicht mit einbezogen werden kann. So zeigen die drei anderen Texte eine Zusammenstellung von verschiedenen Körperteilen und Organen, die in allen drei Texten jeweils mit dem Kopf (ḏꜣḏꜣ) beginnt. Die Texte L2 und C2 listen im Anschluss zunächst eine Gruppe von inneren Organen auf, dann folgen Sinnesorgane am Kopf, denen dann noch der Rücken (C2) bzw. die Haut (L2) folgen kann. Der Text P2 zeigt eine sehr kurze Liste, die lediglich Kopf, Zunge und Auge enthält, gefolgt von Versprechen zur Gesunderhaltung einer Gruppe von inneren Organen. In diesen Versprechen ist die Reihenfolge der verschiedenen Teile also nicht durch ein schlichtes von oben nach unten festgelegt, sondern scheint sich auf andere Ordnungskriterien zu stützen. Der hier vorliegende Text ist – wie bereits erwähnt – aufgrund seiner Ausführlichkeit als Ausnahme zu werten. Hier, im vorliegenden Text, sind anders als in den anderen Texten an zwei verschiedenen Stellen Versprechen Leid vom Körper abzuwenden belegt, die sich zudem in ihrer Zusammenstellung von den anderen Texten deutlich unterscheiden. Weiter oben im Text (T2, Rto. 68–74) sind eine Gruppe von Organen sowie weitere Körperteile vom Bauch abwärts zusammengestellt, die zum Schluss – je nach dem welcher Lesung man folgen möchte – entweder die Augen erwähnen oder aber mit dem Passus „Leid, das man 〈nicht〉 behandeln kann“ abschließen, s.PWNZBG6V3ND3RFP42Z3NMYI6OY UUS4LZ2F2BEL5FZRB5SXADFEPA ). Auffallend ist, dass der Kopf zwar in der vorausgehenden Stelle – wenn auch dort eventuell fehlerhaft – aufgelistet ist, hier an dieser Stelle aber, die ja verschiedene Bereiche am Kopf zusammenfasst, keine Erwähnung findet. Vergleicht man mit den drei Paralleltexten (L2, P2 und P4), so kann man den Eindruck bekommen, dass die übliche Zusammenstellung im vorliegenden Text in zwei Bereiche aufgeteilt wurde, denn dort ist zumeist der Kopf, mit dem diese Aufzählungen beginnen, von den Sinnesorganen, die nach den inneren Organen erwähnt werden, getrennt. Jeder der beiden Teile wurde dann noch in diesem Papyrus durch weitere Körperteile ergänzt. So könnten sich auch die Unregelmäßigkeiten in der Reihenfolge gut erklären, zumal sich auch in den Versprechen zur Gesunderhaltung des Körpers Wiederholungen und Unregelmäßigkeiten finden. Dies lässt sich gut mit dem Bedürfnis des Schreibers nach größtmöglicher Genauigkeit in der Aufzählung der Körperteile begründen, das – wie bereits mehrfach erwähnt – diesen Text von allen anderen OAD unterscheidet.
Die Auffassung von rd.w und ḏbꜥ.w als „Beine“ bzw. „Füße“ und „Finger“ in diesem Versprechen könnte also durchaus eben diese Körperteile bezeichnen, auch wenn man wohl eher Beine und Arme oder Füße und Hände erwarten würde. Oder aber mit Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 71 [37–38]) könnten die hier erwähnten „Beine/Füße“ und „Finger“ bestimmte Bereiche am Kopf bezeichnen, auch wenn es keine direkte Zuschreibung durch einen Genitiv gibt und es sich nicht auf Anhieb erschließt, um welche Bereiche es sich handeln könnte, wobei sichtbare Sehnenstränge am Hals möglicherweise in Frage kommen könnten (s.o.).
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Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Anke Blöbaum, unter Mitarbeit von Lutz Popko, Peter Dils, Svenja Damm, Daniel A. Werning, Token ID ICEBFgWtx5cMYkXhlvIMtKeifSo <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/ICEBFgWtx5cMYkXhlvIMtKeifSo>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
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