Sentence ID IBkBFZhco7tOG0Slu512dpj0dzw (Variant 2)
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Das Wort ꜥw.t/jꜣw.t (Wb 1, 29.15-16 und 170.7-171.1; und jw.t(?), s. Quack, Ani, 115, Anm. 117) hat ein breites Bedeutungsspektrum: Meist wird es als „Kleinvieh“ interpretiert und meint hier v.a. Schafe, das ꜥw.t ḥḏ.t: „weißes Kleinvieh“, und Ziegen, das ꜥw.t nḏs.t: „kleines/geringes Kleinvieh“. Davon ausgehend kommt es zu einer Bedeutungserweiterung vom „petit bétail/petits quatrupèdes“ über „bétail, quadrupèdes“ zu „animal“ allgemein, s. Vernus/Yoyotte, Bestiaire, 87. Metaphorisch kann es dann auch den Menschen als „Vieh Gottes“ bezeichnen, Wb 1, 171.1. Die erweiterte Bedeutung „Tier“ kann je nach Kontext wiederum spezifizierter, eingegrenzter, sein: Im Alten Reich bezeichnet das ꜥw.t (n.t) ḫꜣs.t jagdbare Wildtiere, d.h. Wildtiere unter Ausschluss von Raubtieren (Goldwasser, Wor(l)d Classification in Ancient Egypt, 70-71); ähnliches gilt auch für das dp-n-jꜣw.t nb n ḫꜣs.t des Prinzenmärchens (pHarris 500, Vso. 5,2) aus dem Neuen Reich. Wenn dagegen etwa im Zweibrüdermärchen (pd’Orbiney) Bata das jꜣw.t seines Bruders hütet, liegt die Bedeutung „domestiziertes Vieh“ nahe; und gemeint sind in dem Fall nicht Schafe und Ziegen, sondern Rinder, wie besonders aus dem Textabschnitt 5,5-8 deutlich wird, in dem Bata das jꜣw.t in den Stall treibt und ihn dabei die „Leitkuh“ (tꜣ jḥ(.t) ḥꜣw.tj) vor seinem Bruder warnt, der ihm auflauert.
In pTurin Cat. 1993 = pTurin CGT 54051, Rto. 2,13 (s. DZA 22.981.570 = Roccati, Magica Taurinensia, 68) wird jꜣw.t neben mnmn.t genannt, das eher als „(scil. domestiziertes) Herdenvieh“, v.a. bestehend aus Rindern, verstanden wird, aber seinerseits auch wieder allgemeinere Bedeutungen annehmen kann, Wb 2, 81.17-23. Die Komplexität des Verhältnisses beider Begriffe zueinander zeigt sich bspw. im Kairener Amunhymnus, pBoulaq 17, wo ꜥw.t in Zeile 1,6 als Geschöpfe Amun-Res den Menschen parallel gesetzt wird (jri̯ rmṯ.w qmꜣ ꜥw.t), als wäre es der Oberbegriff für „Tier“. Gleichzeitig wird eine Zeile später, in 1,7, der Begriff mnmn.t parallel zu sm.w, den Pflanzen, gesetzt (jri̯ sm.w sꜥnḫ mnmn.t; zu dieser Parallelität vgl. die Übersetzung in ÄHG, 196 (Nr. 87A), Zeile 17, anders Barucq/Daumas, Hymnes et prières, 193 und Luiselli, P. Boulaq 17, 2 und 6, die sꜥnḫ auf sm.w beziehen und damit mnmn.t im Grunde als „Pflanzenfresser“ verstehen; derselbe Vers noch einmal in Zeile 6,4, wo auch Assmann, ebd., 200, Zeile 1 das sꜥnḫ auf sm.w bezieht), so dass beide Begriffe hier für Lebewesen dienen, die nicht Mensch oder Pflanze sind. Dieselbe Bedeutung könnte mnmn.t schon in Zeile 1,1-2 haben, laut der Amun-Re allem Warmen und allen schönen mnmn.t Leben verleiht (rḏi̯ ꜥnḫ n srf nb n mnmn.t nb.t nfr.t) – sofern dort nicht die Wortwahl dadurch bedingt ist, dass Amun-Re kurz zuvor als „Stier“ (kꜣ) bezeichnet wird, mit dem man am ehesten eine mnmn.t, eine „(Kuh-)Herde“, assoziiert.
Werden mnmn.t und ꜥw.t nebeneinander genannt, liegt etwas häufiger diese Folge vor: mnmn.t ꜥw.t, was meist als „Groß- und Kleinvieh“ verstanden wird. Umgekehrt (ꜥw.t mnmn.t) ist die Reihenfolge bspw. in pTurin CGT 54051, in den Amun-Re-Hymnen auf pChester Beatty IV, Recto 10,7-8 (s. im TLA), im Amun-Hymnus aus Tura, Zeile 16 und evtl. 22 (Bakir, in: ASAE 42, 1943, 87-88, Taf, 4 = ÄHG, Nr. 88; Zeile 22 ist nach ꜥ.wt zerstört), und in einem Schöpfungshymnus aus Hibis, Kol. 15 (Klotz, Adoration, 149-150 und 297, Taf. 9). Während diese Stellen gewöhnlich auch in der Übersetzung entsprechend als „Klein- und Großvieh“ verstanden werden, übersetzt Assmann die Stelle aus Hibis mit „Vieh und Wild“. Das wäre auch für pTurin CGT 54051 eine Alternative, wenn man auch eher erwägen sollte, die Reihenfolge der Übersetzungsbegriffe umzukehren: „Wild (ꜥw.t) und Vieh (mnmn.t)“.
Zum komplexen Verhältnis der Begriffe ꜥw.t und mnmn.t zueinander s. auch Goldwasser, Wor(l)d Classification in Ancient Egypt, 69-78.
ḏdf.t als Oberbegriff für „Gewürm“ findet sich auch im Großen Sonnenhymnus von Amarna. Im Hymnus des pBoulaq 17 wird diese Position mehr oder weniger vom noch immer nicht identifizierten ꜥpnn.t-Tier vertreten (vgl. Luiselli, P. Boulaq 17, 24); im Schöpfungshymnus von Hibis vom ḥrr.t-Gewürm (Klotz, Adoration, 149-150 und 297, Taf. 9). Der Brooklyner Schlangenpapyrus fasst die aufgelisteten Schlangen (+ das darunter mit eingeschlossene Chamäleon) in Zeile 2,16 unter dem Begriff ḥfꜣ.w zusammen. Im Tebtynis-Onomastikon ist die Überschrift der entsprechenden Tierkategorie leider zerstört.
NB: Gardiner, AEO II, 69*, Anm. 1 überlegt angesichts des häufigen Vorkommens des Konsonanten f in Schlangennamen, ob dies ein onomatopoetisches Element ist und ob ḏdf.t eine substantivierte Partizipialphrase gewesen sein könnte: „which says fff“, gibt aber zu, dass das sehr spekulativ sei. Osing, Nominalbildung, 138 leitet die Bezeichnung dagegen von dem Verb ḏdf: „sich sträuben, schaudern“ (Wb 5, 634.4-6) her. Als möglichen Benennungsgrund erwägt Stegbauer, Magie als Waffe gegen Schlangen, 93-94: (1) die Art der Fortbewegung (d.h. ähnlich wie bei ḥfꜣ.w, dem „Kriechtier“(?)), (2) die Möglichkeit, dass das Gift dieser Tiere u.a. ein Zittern hervorrufen kann, (3) die möglicherweise durch den Anblick des Tieres allein hervorgerufene, wohl angeborene, Angst, oder (4) eine Kombination aus den drei vorherigen Gründen.
Die generelle Hierarchisierung der Tierwelt und damit die Reihenfolge in derartigen Aufzählungen scheint nicht kanonisiert gewesen zu sein, abgesehen von der Reihenfolge in der Opferformel, in der stets die Reihenfolge #Rinder und Vögel# vorherrscht. Der Große Sonnenhymnus aus Amarna im Grab des Eje nennt in Zeile 4-6 zuerst „jedes Raub-/Wildtier“ (? vielleicht eher so als „jeder Löwe“; jedenfalls hat mꜣj auch im Tebtynis-Onomastikon die generische Bedeutung „Raubtier“, vgl. Osing, Tebtunis, 121), dann die ḏdf.t-Kriechtiere, die Menschen, das jꜣw.t-Vieh, Pflanzen, Vögel, ꜥw.t-Vieh, „Flugtiere“ (pꜣy.t-ḫnn.t: „was auffliegt und landet“) und Fische. Im pBoulaq 17, 6,3-7 ist Amun-Re derjenige, der die Pflanzen schafft und Tiere belebt (oder die Pflanzen, die die Tiere leben lassen?); das, wovon die Fische leben; die Vögel; Nachwuchs der (wurmartigen?) ꜥpnn.t-Tiere; das, wovon Mücken, Würmer und Flöhe leben; den Bedarf der Mäuse; die Vögel (vgl. Luiselli, P. Boulaq 17, 23-24). Im Schöpfungshymnus aus Hibis, Kol. 15-16 werden ꜥw.t und mnmn.t, Vögel, Fische und ḥrr(.t)-Gewürm/Schlangen genannt (Klotz, Adoration, 149-150 und 297, Taf. 9).
Auch lexikographische Listen sind in diesem Punkt wenig einheitlich: Das nur in Fragmenten erhaltene Ramesseumsonomastikon aus dem Mittleren Reich listet in dem Abschnitt zu Tieren zunächst Vögel, dann Fische, dann erneut Vögel auf, und dann erst – einige wenige – „Säugetiere“ im weitesten Sinne, vgl. Gardiner, AEO III, Taf. 1-2. Das übergeordnete Ordnungsprinzip ist, nicht zuletzt aufgrund des fehlenden Anfangs, unklar; bezüglich des Abschnitts von Pflanzen und Mineralien vermutet Pommerening, in: Imhausen/Pommerening, Translating Writings of Early Scholars, 157-158, dass sie eine Liste von Heilmitteln aus Unterägypten darstellen könnte. Auch die „Fragments of another similar papyrus?“ (Gardiner, ebd., Taf. 21) könnten u.U. erst Vögel und dann „Säugetiere“ genannt haben, sofern die Anordnung der Fragmente in der Publikation nicht nur von derjenigen des Ramesseumsonomastikons inspiriert ist; hier bliebe es am – aktuell nicht lokalisierbaren – Original zu prüfen, ob es für diese Anordnung der Fragmente auch interne Kriterien, allem voran in Form der Faserstruktur des Papyrus, gibt.
Das Onomastikon des Amenemope enthält keine Auflistung von Tieren. Aber es endet abrupt und könnte daher Tiere im hinteren, heute nicht überlieferten Teil genannt haben: Die Ordnungs- und Auswahlkriterien bedürfen noch weiterer Studien. Gardiner konnte ein „arrangement from highest to lowest“ sowie „from general to particular“ ausmachen; die Städte Ägyptens sind von Süden nach Norden geordnet (s. Gardiner, AEO I, 38); die Körperteile sind ferner, wenn auch nicht ausschließlich, a capite ad calcem sortiert. Speziell bezüglich der „Berufsbezeichnungen“ kann Grandet, in: Kubisch/Rummel, The Ramesside Period in Egypt, 129 auch eine „progression by level“ sowie eine „functional multiplicity“ ausmachen, d.h. dass innerhalb der Hierarchie auch gelegentlich Personen „of equivalent level of seniority“ nebeneinander genannt werden, statt in jedem Teilbereich der Verwaltung zunächst die Hierarchie von oben nach unten zu verfolgen, sowie dass ein Amt mehrfach genannt werden kann, wenn es mehrfache Funktionen hat. Als Auswahlprinzip stellt Grandet ferner ein Prinzip der „elliptic(al) enumeration“ fest, demzufolge pars pro toto ein Einzeltitel für eine ganze Gruppe von Trägern dieses Titels stehen kann (wie der „Königssohn“ für alle königlichen Nachkommen) (Grandet, ebd., 128). Über diese von Gardiner und Grandet gemachten Beobachtungen hinaus lässt sich auch die Struktur nach Assoziationsketten feststellen: Das Onomastikon des Amenemope beginnt mit Bezeichnungen für Himmel, Erde, Gewässer u.ä., geht über zu Berufen, hierarchischen Ordnungen und Personengruppen. Dann kommen die Städte Ägyptens, gefolgt von Bezeichnungen für verschiedene Typen von Land, und diese wiederum gefolgt von landwirtschaftlichen Produkten, Getränken und Fleischstücken, bevor sie endet. Das Onomastikon beginnt also mit Elementen des Kosmos und der Natur, geht über zum Menschen, der ja Teil dieses Kosmos ist und gleichzeitig eine Scharnierfunktion zur „Kultur“ ist, fährt fort mit kulturell, gesellschaftlich und politisch definierten Entitäten, nämlich verschiedenen Personengruppen (darin eingebettet ist die Liste mit Völkern, die auffälligerweise etwa nach Truppenbefehlshabern, Infanterie und der Streitwagentruppe (Nr. 234-237) mit verschiedenen libyschen Gruppen (Nr. 238-241) beginnt, was sich wohl über die Anwesenheit von Libyern im ägyptischen Heer dieser Zeit begründet und damit ebenfalls über eine Assoziationskette eingebunden war); als Manifestation von Kultur und Gesellschaft schließen sich die Städte Ägyptens an, auf die dann Typen von Land folgen sowie deren Erzeugnisse. Es wäre daher denkbar, dass über eine weitere Assoziationskette an die Fleischstücke ursprünglich eine Auflistung von Tierarten angeschlossen war, die aber nicht mehr aufgeschrieben wurde.
Im Tebtynis-Onomastikon gibt es die Gruppen Vierfüßler der Kategorie [HIDE AND TAIL], Krokodile, Schlangen + Würmer, Ungeziefer (wörtl.: „Was vom Himmel in die Pflanzen fällt“), Vögel, Fische, Schildkröten, Osing, Tebtunis, 121-140. In den mittelalterlichen koptischen Scalae gibt es u.a. die Reihenfolgen: Säugetiere (wild und domestiziert), Vögel, Fische + andere im Wasser lebende Tiere, Reptilien + Insekten; oder: Vögel, Säugetiere (wild + domestiziert), Reptilien + Insekten sowie (getrennt durch Flora und Mineralien) Fische; oder, verteilt über verschiedene lexikologische Gruppen: Vögel, Fische, Reptilien + Insekten; oder: im Wasser lebende Tiere, Säugetiere (wild + domestiziert), Vögel, Reptilien, Insekten + Amphibien; vgl. Sidarus, in: Fs Aßfalg, 313-352, Khouzam, Manuscrit Copte 44 de Paris, Vol. IIa, 30-42.
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(Full citation)Katharina Stegbauer, with contributions by Altägyptisches Wörterbuch, Lutz Popko, Florence Langermann, Anja Weber, Peter Dils, Daniel A. Werning, Sentence ID IBkBFZhco7tOG0Slu512dpj0dzw <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBkBFZhco7tOG0Slu512dpj0dzw>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Corpus issue 19, Web app version 2.2.0, 11/5/2024, ed. by Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning on behalf of the Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften and Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils on behalf of the Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (accessed: xx.xx.20xx)(Short citation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBkBFZhco7tOG0Slu512dpj0dzw, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (accessed: xx.xx.20xx)
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