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Die syntaktische Konstruktion des Satzes ist recht komplex und nicht unumstritten. Zunächst ist nicht ganz sicher, ob der Satz überhaupt hier beginnt. In den Übersetzungen wird meist ein längerer, vorangestellter temporaler Nebensatz angenommen. Mit jw eingeleitete Nebensätze folgen aber gewöhnlich dem Hauptsatz und stehen nicht voran. Daher ordnete P. Cassonnet, Les temps seconds i-sḏm.f et i-iri.f sḏm entre syntaxe et sémantique; Paris 2000 (EME 1), S. 84-85 die Nebensätze dem Vorherigen unter: "Et pendant qu'il sacrifiait à ses dieux, le dieu saisit un extatique (parmi) ses extatiques. Il le fit entrer en extase et lui dit: (...), alors que c'est ce soir-là, après que j'eus trouvé un bateau (...), alors que c'est en pensant: (...), que je guettai le crépuscule. Le capitaine du port vint à moi en disant (...)." Ihr Vorschlag hat jedoch zwei Nachteile: (1) Sie setzte die beiden Nebensätze mit 2. Tempus parallel (vgl. auch ihre Transkription S. 84). Hier ergibt sich aber das inhaltliche Problem, dass die Handlung des ersten in der Nacht stattfindet, die Handlung des letzten am Tag. (2) m pꜣj grḥ ist besonders betont, einerseits durch seine Verwendung als Prädikat eines 2. Tempus' und andererseits durch die Determinierung mit einem Artikel (zu letzterem J. Cerny, S.I. Groll, A Late Egyptian Grammar; Rome, 3. Auflage, 1984, S. 70, Bsp. 208). Zu diesen beiden syntaktischen Elementen kommt dasjenige der Dramaturgie: Auch inhaltlich liegt die Betonung des gesamten Geschehens in diesem Textabschnitt klar auf "in dieser Nacht". Stünde nun, wie von Cassonnet angenommen, diese Zeitangabe so weit am Ende eines für Wenamun doch recht langen Satzes, würde ihre Betonung m.E. verlorengehen oder doch zumindest abgeschwächt werden. Aus diesem Grund wird hier mit A. Erman, Neuaegyptische Grammatik; Leipzig, 2. Auflage, 1933, S. 408, § 806 angenommen, dass die Temporalangabe an dieser Stelle voransteht und nicht nachfolgt, auch wenn sie nicht durch entsprechende Partikeln eingeleitet wurde. Zu uneingeleiteten vorangestellten Temporalsätzen vgl. auch H. Satzinger, Neuägyptische Studien. Die Partikel jr. Das Tempussystem; Wien 1976 (WZKM Beiheft 6), S. 104-106 und in diesem Text vgl. Zeile 1,47 und 2,70-71. Damit folgen nun nachstehende Paradigmen aufeinander: jw j:jri̯ NN sḏm+A(dverbial)-P(hrase); jw sḏm=f; jw+NN+AP (Umstandssatz zum vorigen Paradigma); jw sḏm=f; jw j:jri̯=f sḏm+AP und jw NN ḥr sḏm. Aufgrund der zahlreichen (und teilweise freieren) Übersetzungsvorschläge werden hier nur die berücksichtigt, die im Rahmen grammatischer Analysen entstanden sind: Erman, Grammatik, S. 408, § 806 verstand das Paradigma jw NN ḥr sḏm als Hauptsatz und, wie schon erwähnt, alle davor stehenden Paradigmen (abgesehen von jw ḥr=st r Km.t, das klar ein untergeordneter Relativsatz sein muss) als Nebensätze der Gleichzeitigkeit: "als... und... und... und... da..." (so auch schon in ZÄS 38, S. 7). Vergleichbar strukturierte auch A. de Buck, in: JEA 23, 1937, S. 159, unterschied aber zwischen jw j:jri̯=f sḏm, das einen Umstandssatz der Gleichzeitigkeit ausdrücke, und jw sḏm=f, das ein Umstandssatz der Vorzeitigkeit sei. Damit brachte er eine weitere Ebene in den Satz hinein: "As the prophet was raging in this night, when I had (already) found a ship..., when I had loaded it with all my possessions, and as I was awaiting the darkness... the harbourmaster came to me." Ähnlich differenzierte Ch.F. Nims, in: JEA 54, 1968, S. 162, brachte aber durch eine Parenthese nochmals weitere Ebenen in den Satz hinein: "On that very night when the possessed was in ecstasy, after I had found a ship..., and after I had loaded all my possessions into it - since it was for the descent of darkness that I was looking, that I might load the god... - the harbour master came to me." F. Hintze, Untersuchungen zu Stil und Sprache neuägyptischer Erzählungen; Berlin 1950 und 1952 (VIO 2 und 6), S. 56 und S. 262 folgte de Buck darin, dass jw j:jri̯=f sḏm die Gleichzeitigkeit ausdrückt, sah aber contra de Buck in den Formen jw sḏm=f Hauptsätze. Entsprechend verteilen sich die Satzebenen anders: "Während der Rasende in dieser Nacht raste, hatte ich ein Schiff gefunden... (und) ich hatte alle meine Habe eingeladen, indem ich auf die Dunkelheit wartete... - da kam der Hafenvorsteher." Damit hatte er die Sentenz in drei Hauptsätze (und drei Nebensätze) geteilt. Auch Satzinger, ebd., S. 131 teilte den Satz in drei Teile. Seine Interpretation steht aber der von Hintze diametral gegenüber, denn er deutete die jw-sḏm=f-Sätze als Umstandssätze und die jw-j:jri̯=f-sḏm-Sätze als Hauptsätze: "Nun war just der Ekstatiker in dieser Nacht in Ekstase, nachdem ich ein Schiff gefunden hatte, dessen Kurs Ägypten war, und nachdem ich all das Meine darauf verladen hatte." Damit ließ er sein Beispiel enden, man kann folgern, dass er das folgende jw j:jri̯=j nw r pꜣ kkwj r-ḏd parallel zum ersten Paradigma als neuen Hauptsatz verstand; ferner kann angenommen werden (da keine gegenteilige Meinung geäußert), dass er den Narrativ jw pꜣ (j)m(j)-r(ʾ)... nicht anzweifelte. M.E. ist hier am ehesten Nims zu folgen: Bereits Erman verstand wie erwähnt jw im vorliegenden Satz konsequent (abgesehen vom Narrativ) als Umstandskonverter. Weder das präteritale sḏm=f noch das 2. Tempus können also Hauptsätze sein (zur Unterordnung des ersteren F. Junge, Einführung in die Grammatik des Neuägyptischen; Wiesbaden 1996, S. 162, zur Unterordnung des letzteren ebd., S. 138). Damit wird eine Dreiteilung der Sätze - egal ob in der Version Hintzes oder der Satzingers - unmöglich. Auch in der Differenzierung zwischen Sätzen der Gleichzeitigkeit und solchen der Vorzeitigkeit wird de Buck und Nims gefolgt. In einem Punkt ist Nims gegenüber von de Buck der Vorzug zu geben: jw j:jri̯=j nw r pꜣ kkwj... kann (vgl. oben die Argumente zu Cassonnet) aus inhaltlichen Gründen nicht parallel zu jw j:jri̯ pꜣ ḫꜣwt(j) ḫꜣwt m pꜣj grḥ verstanden werden, weil beide Handlungen zu verschiedenen Tageszeiten stattfinden. Daher muss man wie Nims eine Parenthese annehmen, oder, wie hier vorgeschlagen, den Teilsatz dem jw ꜣtp=j pꜣy=j jnk nb{.t} r=st unterordnen. Damit hätte man die Passage als Narrativ mit vorangestellten, durch jw eingeleiteten Nebensätzen erklärt. Es ergeben sich folgende Satzebenen: (1.1) jw j:jri̯ pꜣ ḫꜣwt(j) ḫꜣwt m pꜣj grḥ; (1.1.1) jw gmj=j wꜥ br; (1.1.1.1) jw ḥr=st r Km.t; (1.1.2) jw ꜣtp=j pꜣy=j jnk nb{.t} r=st; (1.1.2.1) jw j:jri̯=j nw r pꜣ kkwj r-ḏd hꜣy=f ꜣtp=j pꜣ nṯr r tmj ḏi̯.t ptrj sw k.tj jr.t; (1) jw pꜣ (j)m(j)-r(ʾ)-mr(.t) (ḥr) jy n=j r-ḏd.
ḫꜣwt(j) ist mit der Buchrolle determiniert, obwohl aufgrund des Kontextes klar eine Personenbezeichnung vorliegt.
ḥr=st wird gern, ausgehend von der Grundbedeutung "Gesicht", als Bug des Schiffes verstanden (vgl. die Termini bei N. Dürring, Materialien zum Schiffbau im Alten Ägypten; Berlin 1995 (ADAIK 11), S. 58). Der einzige Beleg der Wörterbuchstelle für diese Übersetzung (Wb III 127, 7) stammt aus den Darstellungen des Opet-Festes von Sethos I. in Karnak: ḥr.w m nbw: "die Gesichter sind aus Gold" (KRI I 207, 4 = DZA 27.011.300). Laut K.A. Kitchen, Ramesside Inscriptions. Translated and Annotated: Notes and Comments; Bd I; Oxford 1993, S. 135 ist dabei aber gar nicht vom Bug des Schiffes (es geht um die Barke des Amun), sondern von dessen Bug- und Heckzier, nämlich den Widderköpfen, die Rede. ḥr dürfte in Wenaum also nicht technisch, als "Bug", sondern übertragen, als "Kurs", zu verstehen sein.
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Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Lutz Popko, unter Mitarbeit von Altägyptisches Wörterbuch, Jessica Jancziak, Billy Böhm, Simon D. Schweitzer, Peter Dils, Anja Weber, Daniel A. Werning, Token ID IBUBd8rIUnk4VUC6uW9KvQsoBhw <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/IBUBd8rIUnk4VUC6uW9KvQsoBhw>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
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